Oberösterreichische Heimatblätter erinnerungen seines Vaters waren, die ihm den Weg zur Historie wiesen. Die spielten gewiß eine Rolle, doch scheint mir die Umwelt, in die er hineingeboren wurde, noch ausschlaggebender: St. Florian! Das Chorherrenstift St. Florian hat der österreichischen Geschichtsschreibung so viele hervorragende Gelehrte ge¬ schenkt, daß von ihm ein Fluidum ausgehen konnte, das den jungen Wirtssohn auch außerhalb des Stiftes erfaßte und in seinen Bann zog. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Historiker, die Achtung und Ehrfurcht vor dem in der Zeit Gewordenen und Geschaffenen, nahm von ihm zu einer Zeit Besitz, da ei sich darüber vermutlich noch gar nicht Rechenschaft zu geben vermochte. So war für Zibermayr die Berufswahl kein Problem. Es stand für ihn in den Sternen geschrieben, daß er Historiker würde, wirklicher Historiker. Es gehen ja viele auf die Hochschule, um dereinst in einer Mittelschule das Fach der Geschichte zu vertreten. Sie haben notgedrungen für die Lehramtsprüfung eine längere Hausarbeit geliefert, damit jedoch von den Geschichtsquellen Abschied genommen. Eine Erweiterung unseres historischen Wissens war nie ihr Ziel. Sie mögen tüchtige, ja vielleicht begeisternde Mittelschullehrer werden, wirkliche Histo¬ riker, wie ich sie verstehe, sind sie nicht. Schon aus der Art, wie Zibermayr nach Beendigung seines Einjährigen¬ jahres das Studium anpackte, verriet er die Richtung, auf die er lossteuerte. Er begnügte sich nicht mit dem Besuch einer österreichischen Hochschule. Um seinen Gesichtskreis zu erweitern, ging er nach München, wo er Eindrücke sammelte, die ihm fürs ganze Leben von Bedeutung wurden. Neben einem Meister historischer Vortragskunst, wie es Hermann Grauert war, lenkte er zielsicher die Schritte dahin, wo man in die Geheimnisse der Forschung eingeweiht wurde. Das war bei H. Simonsfeld der Fall, der die Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Friedrich Barbarossa bearbeitete und Zibermayr Gelegenheit gab, an seinem Seminar mitzuarbeiten. Daß ihm nun schon in seinen ersten Semestern klar war was er wollte und was seiner Begabung gemäß sei, bewies er damit, daß er sich in München besonders an Ludwig Traube anschloß. Ludwig Traube war nach langer Zeit der erste, der die Schriftenkunde historisch auffaßte, nicht als bloßes Mittel zum Zwecke, um den Zugang zu schrift¬ lich überlieferten Quellen zu finden, sondern darüber hinaus die Schrift und ihre Zeichen selbst als Quelle für den Geschichtsschreiber betrachtete. Indem so Traube versuchte, eine Art Genealogie der Schriften aufzustellen, ging er weit über die bloße „Hilfswissenschaft“ hinaus und stellte damit die Paläographie in einen würdigeren Rahmen, als ihr bis dahin zuteil wurde. Dies in seiner wissenschaft¬ lichen Jugend mit Scharfblick erkannt zu haben, zeugt von nicht geringem Spür¬ sinn, der Zibermayr für alles Historische eigen war und ist. Für einen Österreicher war es selbstverständlich, daß er, der solcher Proble¬ matik verfallen war, die Aufnahme ins Österreichische Institut für Geschichts¬ forschung anstrebte. Bei derartiger Vorbildung fielt es ihm nicht schwer, den 130
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