OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter Dr. Ignaz Zibermayr Zum 70. Geburtstag Persönlichkeit und Lebenswerk Ich lernte den Linzer Landesarchivdirektor Dr. Ignaz Zibermayr näher kennen, als ich bei meiner Bearbeitung geographischer und volkskundlicher Frager zur oberösterreichischen Landeskunde des öfteren nach einem geschichtlichen Unter¬ bau fahndete und diesen in bester Art und Weise im Landesarchiv fand. Je mehr ich mit der Persönlichkeit Zibermayrs vertraut wurde, um so stärker fand ich in ihr den Typus eines echten Oberösterreichers „landlerischer“ Prägung Ich möchte bei dieser Feststellung einen besonderen Nachdruck auf das Wort „land¬ lerisch“ legen. Oberösterreich ist ein ausgesprochen individualisiertes Land; das gilt nicht allein für die Landschaft und das Bauernhaus, sondern ebenso für seine Volksschläge und die aus diesen herausgewachsenen geistig führenden Persönlich¬ keiten. Zibermayr zeigt in vielen eine echt bäuerliche Art, festgelegt auf seine Heimat, den geschichtsgeladenen Raum von St. Florian, Lorch, Enns, Raffelstetten St. Valentin. Als wesentliche bajuwarische Eigenschaften Zibermayrs möchte ich eine ge¬ wisse Dickschädeligkeit, eine tiefe Abneigung gegen Verbeamtung, eine Art Rauf¬ lust auf geistigem Gebiete nennen. Diese Charaktereigenschaften zeigten sich mir vor allem in der freundlichen Stube, die der Direktor im Landesarchiv als Be hausung hatte. Da gab es weder einen geschäftigen Kanzleibetrieb, noch ein Tele¬ phon. Dieser Raum wurde mir im Verlaufe von zwei Jahrzehnten zu einer Art Heimat, wie ich eine solche sonst nirgends in Linz fand. „Bauernstand“ und „Baiernstamm“ waren für mich die ersten Wege zum Charakter Zibermayrs. Ich sprach von der Gelehrtenstube Zibermayrs, die durchaus keine Kanzlei war. Unser Archivdirektor gehört zu jenen Beamten, die man als Erzieher be¬ zeichnen könnte. Freilich war kein Hörsaal die Stätte seines volkserzieherischen Wirkens, sondern das Landesarchiv mit seiner ausgezeichneten Handbücherei, eine Pflegestätte für Landeskunde und Heimatgeschichte. Man fand in ihr alles — vor allem aber als Wichtigstes die gut freundschaftlichen Ratschläge seines Direktors, der mich mit seinem Käppchen so recht an einen biederen, wohl beratenden Gastwirt erinnerte. Wenn Zibermayr in seiner Selbstbiographie von seiner Jugend in St. Florian erzählt, dem Orte, in dem seine Eltern eine halb bäuerliche und halb klösterliche Gastwirtschaft besaßen, wenn er mir einmal in einem Briefe versicherte, daß die heimatliche Wirtsstube die stärkste Grundlage für seine Volks- und Hei¬ matverbundenheit wurde, so kann ich ihm das völlig glauben. Anfangs hielt ich meinen liebenswürdigen Geschichtsberater für eine Art Hypochonder. Als ich aber dann gelesen hatte, daß ihm kurze Zeit vorher ein un 124

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