Bausteine zur Heimatkunde Aufbruch. An allen Ecken und Enden des Wirtshauses schreit man nun: „Zahlen!" Keuchend von den Anstrengungen des Einkassierens wischt sich der Sterer Wirt den Schweiß von der Stirn und Karfunkelnase. Allmählich leeren sich die ge¬ räumigen Stuben, die Gäste eilen, um den Abmarsch nicht zu versäumen. In der gleichen Reihenfolge wie beim Hermarsch wird nun auch der Heimweg an¬ getreten. Nicht lange und die Beterschar der Bachmanninger kreuzt den Weg. Sie sind in Aichkirchen gewesen. Ein paar spießige Bemerkungen fallen beim Vorüber¬ ziehen zwischen den Schulbuben, denen rasch ein paar heimliche Püffe folgen. Doch das mahnende Wort des Lehrers dämpft die kriegerische Stimmung sofort. In ruhigem Gemurmel sind die Rosenkränze abgebetet, die Beter wallen auf ebener Straße zwischen Willing und Stroham. Da unterbricht der altes Volksgut liebende Pfarrer, der unvergeßliche Lambacher Stiftsherr P. Gebhard Koppler, das Beten. Ein uraltes, in seiner anschaulichen, schönen Sprache ergreifendes Flurlied wird nun angestimmt. Um den Vorsänger, den stimmgewaltigen alten Hohl vom Weinberg sammeln sich die Männer: Der alte Simandl z'Stroham, der Eismaier mit seinem hellen Tenor, der treffsichere Däubler Hans z'Aming, die kräftigen Bässe des Gemeindesekretärs Furtner und des Aberl Hansen treten an. Die übrigen sind bereit, vielstimmig in den Chor einzufallen. Und der alte Hohl beginnt: „Laßt uns den besten Menschenvater preisen .. .“2) Und als nun einmal im Kehrreim der ganze Gesang so recht schön zusammenklingt, da meint der alte Hohl hochbefriedigt zum Güatlbauern: „Hörst as, was' heint für an schön Hall vom Aminger Holz einagibt! I moan, mir kriagn a guats Jahr!" Mittlerweile ist die Kreuzschar bis zum Weberstadel gekommen. Die Stro¬ hamer und Schwoager verabschieden sich da, die andern ziehen auf schmalen Sträßchen der heimischen Pfarrkirche zu. Beim Moarkreuz begrüßt helles Glocken¬ geläut die Heimkehrenden und unter lautem „Heilig, heilig, heilig ist der Herr Gott Sabaoth!“ ziehn die Beter in die angestammte Pfarrkirche wieder ein. „Du hast o Gott, uns einen Leib gegeben, der Speise und Trank zur Nahrung bedarf .. .“ betet der Herr Pfarrer noch, darauf folgt ein kurzer Segen mit dem Ziborium und der kirchliche Teil des Bittages ist vorüber. Frauen und Mädchen eilen besorgt nach Hause, denn Küche und Stall dürfen nicht warten. Die Schulbuben haben es aber keineswegs so eilig. Sie umringen die daheimgebliebenen Ministranten und Läuterbuam und wollen wissen, ob es mit den Lambachern und Stadlingern nichts gegeben hat. Und ob es was gegeben hat! Der Wufinger Spatz, der Nigl, hat aus sicherem Versteck, von des Wirtes Taubenkobel aus, eine tüchtige Portion Taubendreck auf das ewig grinsende Gesicht des Luegmaier Gottl von Stadl geschmissen. Diese Schmach mußte gerächt werden. Der erste Neukirchner, der den Stadlingern beim Hoftor des Wirtshauses unterkam, war der Rehbock Hias. Er bekam eine vollgemessene Tracht Prügel, eine rote Furche über der Nasenwurzel und drei tüchtige Kratzer auf den Backen beweisen es augenfällig. Hätten ihn nicht der tapfere Hanning 2) Worte und Weise veröffentlicht in Heimatgaue Ig 18 (1937) S. 166 ff. 187
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