Mutter: Das Heimathaus der Stadt Steyr auf einem reizenden Rokokotischchen zugesellt und ein seltenes Exemplar eines Stiefelziehers von über 1 m Höhe, der uns so recht die Umständlichkeit und Behaglichkeit unserer Urgroßmutterzeit vergegenwärtigt. Die zweite für Steyr so bezeichnende Gruppe ist das Innungswesen, von dem das Haus die meisten Denkmäler beherbergt. Besonders reich ist die Sammlung von Innungsschildern, bei 30, fast alle aus der Stadt selbst. Da hängt das kostbare silberne Innungsschild der Seiler, aus dem blitzezuckenden Herzen steigt das Sinnbild, ein Seilerrechen, das Schild der Bohrerschmiede, der Schleifer mit dem Schleifstein, der Zimmerer mit Hacke und Zirkel, der Weber mit den silbernen Webschiffchen, der Hafner mit einem kleinen vergoldeten bebänderten Ofen, der Schneider mit der Schere, die von zwei Löwen gehalten wird, der Bäcker, der Butterhändler, der Kupfer¬ schmiede mit der von einer schwebenden Taube gehaltenen Kupferkanne, und vieler anderer. Auch die religiösen Vereinigungen der Gesellen haben hier ihre Bruderschaftsschilder, wie z. B. die „Bruderschaft aus Liebe des Nächsten“. Die Handwerker hatten noch andere Zeichen ihrer Einig¬ keit, die Innungspokale; es sind uns die Innungsbecher der Feilhauer, der Klingenschmiede, der Schlosser, sowie der Innungshumpen der Messerer erhalten. Die Innungen brauchten für ihre Verbriefungen ihre Siegel. Das Steyrer Heimathaus besitzt eine große Anzahl solcher Innungs siegel, das älteste darunter ist das der Schneiderzeche mit der Jahreszahl 1544. Viele Lehrbriefe sind in den Mappen; davon können nur wenige gezeigt werden, wie der köstlich gezierte eines Gärtnergesellen der Stiftsgärtnerei in Garsten. Auch Zunftordnungen, von einem Grafen von Lamberg erlassen, liegen zur Schau. Eines der ältesten Innungsdenkmäler ist die Innungs¬ tafel der Zweckschmiede vom Jahre 1593. Die Zahl der Innungstruhen, vom 16. bis zum 19. Jahr¬ hundert, ist sehr groß. Ebenso die der Zeichentafeln der Messerinnungen. Ein Pfeiler ist fast zugedeckt mit Zeichentafeln der Messerer; denn jeder Meister hatte sein Zeichen, das er in diese Bleitafeln einstanzte. Ein seltenes Stück, eine hölzerne Monstranz der Messerinnung, aus dem 17. Jahrhundert ist hervorzuheben. Mitten unter diesem Zunftleben steht als ruhender Punkt, feierlich und ernst, das Zeichen der Gerichtswürde der Stadt, das Stadtrichterschwert von Steyr mit dem Bannrichterstab. Es ist eine süddeutsche Silberschmiedearbeit des 16. Jahrhunderts. Zu beiden Seiten finden wir die sechs Ratshumpen, im Stil des 16. Jahrhunderts. Zur Seite hängt das Richtschwert. Quer¬ stange und Griffholz fehlen. Ein Spruch, an den Verurteilten gerichtet, läuft das Schwertblatt herab. An solchen knappen, inhaltsreichen Sprüchen ist die Sammlung des Steyrer Heimathauses sehr reich. Vom kleinen Taschenfeitel bis zur Schützenscheibe, vom Neujahrsbildchen bis zur Bauernschüssel sind die Dinge übersät mit solcher gereimten Volksweisheit, oft voll köstlichen, derben Humors. Und seltsam: die Kunst des Schriftzeichnens war allen diesen Volkskünstlern ohne viel Schule eigen, während sie heute trotz Schule fast verloren gegangen ist. Eine eigene Ecke ist dem Recht und Gericht gewidmet. Es liegt eine Peinliche Halsgerichtsordnung Maria Theresias auf, daneben eine umständlich bebilderte Folteranweisung mit Hinrichtungsordnung. Kopf- und Handschließen, sogenannte Schandgeigen, sind neben Schandlarven und Prangertafeln ausgestellt. Hieher gehören zwei Folterräder, eigentlich Hin richtungsräder, weil sie durch schrittweises Zerbrechen der Glieder des Delinquenten den Tod herbeiführten. Hier befindet sich auch das Thesenblatt eines Juristen, der in Kremsmünster promovierte (1764). Ein seltenes Riesenexemplar eines Thesenblattes (1.43 X 2.40 m) von einem Promovenden an der Universität in Freiburg i. B. befindet sich im Depot. Eine weitere Ecke ist den Steyrer Persönlichkeiten gewidmet. Leider mußte man sich aus Mangel an sachlichen Erinnerungsstücken meist mit einem Bild und kurzen Lebens¬ angaben begnügen. Von Alois Blumauer, dem Dichter der Aeneistravestie, sind Handschriften ausgelegt, ebenso von Ferd. Jak. Redtenbacher, dem Begründer des Maschinenbaus als Wissen¬ schaft, eine Lithographie des Schubertsängers Joh. Mich. Vogl, von Kriehuber geschaffen, reiht sich an die Lithographien von Fr. X. Pritz, dem Geschichtsschreiber der Stadt Steyr, und dem Chronisten Ignaz Schroff; es folgt das Bild Franz Wickhoffs, des Begründers der Wiener Schule der Kunstgeschichte. Josef Werndl ist durch eine Büste vertreten; ihm sollte mehr Naum
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