Burgstaller: Die Leiter als Sinnbild geredet und gebeten wurden, einen Augenblick stehen zu bleiben, bis man die Sprossen ihrer Leitern gezählt hatte, um aus „g'rad oder ung'rad“ auf Glück oder Unglück zu schließen 28). Geringere Bedeutung kommt dem Besen („Beserl“ von dem man sich aber auch gern ein paar Zweiglein als Talisman abbricht. Bis um 1940 war es häufiger Brauch der Rieder Gymnasiasten, vor einer Schularbeit ein Zweiglein eines Rauchfangkehrerbesens abzubrechen und (wie sonst ein vier blättriges Kleeblatt) in Heft oder Buch eingelegt, in die Schule mitzunehmen. Zu gleichem Zweck dienen auch Haare von dem an langen Drahtbögen befestigten Kehrbesen. Unbemerkt abgeschnitten, bringen sie Glück und bewirken, ins Geld¬ täschchen gelegt, daß es einem nie an Barmitteln fehlt. Der Besen des Rauch¬ fangkehrers entspricht dabei in seiner Bedeutung der Nikolausrute, die, z. B. im Sauwald, noch heute ein verehrungswürdiges Geschenk der dortigen Nikolaus¬ läufer (der „Midlao") darstellt, das Glück und Segen ins Haus bringt 29). Daß auf den oben genannten oberösterreichischen Weihnachtsbäumen die vergoldete Leiter vereinzelt neben einer vergoldeten Rute am Baum hängt, könnte bei den (auch bei neuen Brauchtumsschöpfungen) unbewußt an alte Überlieferungen anknüpfen¬ den Trägern unseres heimischen Volkstums unter Umständen mehr als einem ein¬ fachen Zufall entstammen. In einem eigenartigen Brauchtum erscheint ein spanischer Leiternträger (Madrid), der am Vorabend vor hl. Dreikönig, begleitet von einer laut lärmenden Knabenschar, mit einer ungeheuer langen Leiter durch die Straßen der Stadt zieht, um so die hl. Drei Könige zu empfangen, die also offensichtlich als vom Himmel herabsteigend gedacht werden 30) 4. als Amulett. Ist die Leiter, wie wir sahen, Glücks- und Fruchtbarkeitssinnbild, so wird ihre Verwendung im antiken wie im heutigen Amulettwesen verständlich. Neben älteren Belegen aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg sind es die in letzter Zeit auch in Oberösterreich häufiger zu beobachtenden (meist in Wien hergestellten) „Bettelarmbänder“ 31), die neben einer Vielzahl anderer Glückszeichen (Kleeblatt, Schwein, Hund, Schwamm usw.) regelmäßig auch kleine silberne Leitern zeigen. 5. im speziell christlichen Brauchtum. K. Th. Weigel weist in seinem Buch „Nitzzeichnungen in Dreschtennen des Schwarzwaldes“ (1942) nach, daß sich auf den 1558 —1818 datierten, von den Bewohnern besonders behüteten Nitzzeichnungen an den Innenwänden der Tennen bzw. an Türwangen bestimmter Schwarzwaldhäuser (den „Heidenhäusern") neben anderen Sinnbildern (Raute, Herz, Lebensbaum usw.) und Darstellungen von 28) Mitteilung von V. Teichgräber und E. Palm, beide Ried i. J. 20) E. Burgstaller, Lebendiges Jahresbrauchtum in Oberösterreich. 30) Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens V, Sp. 1202. 31) Der Name stammt daher, daß die zahlreichen Anhänger an den Armbändern zusammen¬ gebettelt werden müssen. Doch gilt auch die Meinung, daß jeder Betrachter der schon am Arm¬ band befestigten Glückssinnbilder verpflichtet sei, der Besitzerin ein weiteres dazuzukaufen.
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