Burgstaller: Die Leiter als Sinnbild migen Doppelspiralen bestanden. Hielt man das Gebäck senkrecht, statt wie üblich waagrecht, ließen sich die beiden aus den aneinander gebackenen Spiralköpfen bestehenden Randleisten wohl als Leiterpfosten, die Verbindungsstücke zwischen ihnen als Sprossen auffassen. Neben diesen geometrisch-abstrakten Formen gab es in Klaus im Steyrtal gleichzeitig auch noch ein zweites, naturalistisch ausgeführtes Gebäck, das, ebenfalls „Himmelsleiter“ benannt, ein verkleinertes Abbild einer wirklichen Leiter wieder¬ gab. Die Größe dieses Gebäckes schwankte zwischen 20 und 30 cm, die Anzahl der Sprossen betrug 7 oder 11. Originale dieser heute schon sehr selten gewordenen Gebäcke befinden sich in der vollständigen Sammlung oberösterreichischer Gebild¬ brote, die der Verfasser als Leihgabe im Innviertler Volkskundehaus in Ried i. J. aufgestellt hat. Spiral- und Schneckengebäckes) in der Allerheiligenzeit sind meines Wissens bisher noch in keinem anderen Gebiet nachgewiesen, wohl aber kennt man deren eine reiche Fülle aus der Zeit von Nikolaus, Thomas, Weihnachten, Neujahr und Östern?). Sie stellen demnach Zeitgebäcke dar, deren Auftreten durch den Beginn der Mittwinterzeit und Ostern begrenzt ist. Beide Termine sind in gewisser Hin¬ sicht stets als Jahresanfang empfunden und begangen worden. Daß sich in Ober¬ österreich die Spiralgebäcke (neben ihren Spielformen zu Neujahr) zu Allerseelen finden, ist ebenfalls auf dieses Schwanken des kalendergeschichtlichen wie volkstüm¬ lichen Jahresanfanges zurückzuführen. Endet doch um diese Zeit der „Auswärts“ die Bestellung der Äcker und Wiesen, und beginnt mit der Aberntung der Felder und der Heimkehr des Weideviehs der „Einwärts“ mit der Arbeit in Stall und Haus. Daß das Gebäck neben der Bezeichnung „Neujahr“ 10) auch „Kommherom¬ chen“ (Eifel)11) genannt wird, läßt sich kaum anders erklären denn als eine Gleich¬ setzung seiner Form mit dem Abbild der Bahn der Sonne, die sich zur Zeit der Wintersonnenwende scheinbar schraubenförmig über den Horizont emporkämpft. Es deckt sich dann die Deutung dieser Spirale (Schnecke) mit jener der vielen „Troja¬ burgen“ 12), „Wendelsteine“ und „Wendelbahnen“, die in Kultbrauch, Volkskunst und Kinderspiel13) seit langem bekannt sind. 8) M. Höfler, Schneckengebäcke, Zeitschrift für Volkskunde 1903 S. 391 ff. *) M. Höfler, a. a. O. Über oberösterreichische Schnecken- und Spiralgebäude zu Neujahr siehe E. Burgstaller, a. a. O. 10) Für Oberösterreich bezeugt aus dem oberen Mühlviertel (Klaffer, Julbach, Ulrichsberg). 11) K. Th. Weigel, Germanisches Glaubensgut in Runen und Sinnbildern (1939) S. 16, ders. und S. Lehmann, Sinnbilder in Bayern (1938), S. 12. 12) E. Krause, Die Trojaburgen Nordeuropas (1893); Fr. Mößinger, Baumtanz und Trojaburg, Germanien 1940 S. 282 ff. 13) E. Krause a. a. O.; über ein Ballspiel auf derartiger Wendelbahn vgl. R. Stumpfl, Kultspiele der Germanen als Ursprung des mittelalterlichen Dramas (1936), S. 137. Über ober¬ österreichische Kinderspiele auf Wendelbahnen E. Burgstaller, Brauchtum in Oberösterreich (in Vorbereitung). Wahrscheinlich gehören hieher auch die ursprünglich kultischen Formen, die die oberösterreichischen Glöckler bei ihren Läufen beschreiben, und der Ebenseer Langtanz „Loatabam"
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