OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter Die Leiter als Sinnbild Belege aus Oberösterreich Von Dr. Ernst Burgstaller (Linz) Das Sinnbild der Leiter findet sich bereits auf prähistorischen Gefäßen, wie dem Becher von Nanchwitz*) und Coswig2) und der bastarnischen Gesichtsurne (6. Jh. v. Chr.) von Wittenburg-Neuburg, „auf der eine solche Leiter mit einem Abfolge“ angebracht ist3). Jüngere tannenbaumartigen Zeichen in wechselnder Belege (3. Ih. n. Chr.) bilden die fünf¬oder sechssprossigen Leitern auf den Urnen von Niesdrowitz und Gr. Strehlitz*). Wir kennen sie auch aus Felsbildern in der Val Camonica5): 2 fünfsprossige Leitern am „Großen Bildfelsen“ von Naquane und 2 fünf- und 1 viersprossige an den Scale di Cimbergo, wobei auf dem letzten Felsbildkomplex „unterhalb der Leiter auch ein einfacher Kreis durch einen Querstab mit einem vierspeichigen Nad verbunden ist. Ein kleinerer und ein größerer Kreis schließen sich an“. Auch dem antiken Amulettwesen6) sind Leitersymbole ebenso bekannt wie dem heutigen Volksbrauch. Trotzdem ist die Zahl der Belege für dieses Sinnbild so gering, daß jeder neue Nachweis für die Sinnbildforschung von besonderem Wert ist. Um so be¬ achtenswerter ist es daher, daß wir der Leiter in Oberösterreich sowohl als Sinn¬ bild wie als Brauchtumsgerät gleich mehrmals begegnen, und zwar: 1. als Gebildbrot. Im Bezirk Kirchdorf a. d. Krems war es (kremsaufwärts) bis 1938 all¬ gemein üblich, daß die Bäcker zu Allerheiligen sogenannte „Himmelsleitern“ her stellten, die die Eltern ihren Kindern als Geschenke mitbrachten wie sonst die Paten (Goden) den geflochtenen „Heiligenstriezel“ den Godenkindern?). Die Himmelsleitern waren Zeilengebäcke, die aus mehreren, meist 4, 6 oder 8 an¬ einander gebackenen, einander zu- oder abgewandten, 12 —20 cm großen, S-för¬ *) K. Langenheim, Nachrichtenblatt für deutsche Vorzeit 1937 S. 263 f., zit. nach F. Altheim und E. Trautmann, Vom Ursprung der Runen (1939) S. 57. 2) O. F. Gandert, Haller Jahreschronik (1936) S. 191 f. 3) F. Altheim und E. Trautmann, a. a. O., S. 56 f. *) W. Krause, Oberschlesien 17 S. 70f; F. Altheim und E. Trautmann, a. a. O. F. Altheim und E. Trautmann, a. a. O., S. 57, Abb. 31, 32. 6) G. Wilke, Mythische Vorstellungen und symbolische Zeichen aus indoeuropäischer Vor¬ zeit (1914) S. 37, zit. nach K. Th. Weigel, Nitzzeichnungen in Dreschtennen des Schwarzwaldes (1942) S. 31. *) Über oberösterreichische Gebildbrote ausführlich E. Burgstaller, Die Gebildbrote im österreichischen Brauchtum mit besonderer Berücksichtigung Oberösterreichs (in Vorbereitung) und ders., Lebendiges Jahresbrauchtum in Oberösterreich (im Druck). 46

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