OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter übergehen. Nach Stiebars Plan hätte also Linz schon dreißig Jahre früher ein Landestheater erhalten. Die Stände verweigerten jedoch einen entsprechenden Bauzuschuß. Stiebar betrieb daher 1775, allerdings vergeblich, den Verkauf des den Ständen gehörigen Bergschlössels zugunsten des Theaterneubaues. Aus dem Jahre 1780, als Stiebars Theaterunternehmung schon Schiffbruch gelitten hatte, liegt noch einmal ein Vorschlag zum Neubau des Theaters mit privatem Kapital unter ständischer Zinsengarantie vor. Der von Stiebar verfochtene Gedanke eines Landestheaters verschwand nun nicht mehr aus der öffentlichen Erörterung. Mit der wirtschaftlichen Stabilisierung änderte sich auch das künstlerische Bild des Bühnenbetriebes. Rasch begann sich nun ein Ensemble tüchtiger und beliebter Schauspieler in Linz zu verwurzeln. Eine feste Tradition konnte sich entwickeln. Manche Schauspieler der Stiebarschen Entreprise finden wir durch Jahrzehnte an der Linzer Bühne tätig wie die Perchtold und Prothke. Stiebar verpflichtete tüchtige Direktoren, die meist längere Zeit in Linz wirkten und das künstlerische Antlitz des Theaters bestimmen konnten. Sein erster Direktor war der noch jugendliche 24jährige Josef Weidmann, der 1765 in Prag seine Lauf bahn als gefeierter Komiker begonnen hatte und 1766 —1772 in Linz wirkte. Auf ihn folgten Gottfried Denns (1772, 1777 — 1779), Johann Tilly 15) und dessen Schwiegersohn Max Scholz 16) (1 2 — 1774), der gleichfalls aus Prag kam. Der Spielplan Stiebars stand im Zeichen der Auseinandersetzung zwischen Stegreifposse und regelmäßigem Schauspiel. Die Aufführungen regel¬ mäßiger Schauspiele in Linz hatten schon unter Sebastiani-Müller eingesetzt. Sebastiani, der von der zeitgenössischen Theatergeschichtsschreibung als schlechter Schauspieler und Impresario von Harlekinstücken geschildert wird, führte noch 1762 in Preßburg Hanswurststücke und Ballette auf, weswegen er in den Mittel¬ punkt einer längeren Auseinandersetzung in der von Klemm und Herrl heraus¬ gegebenen Zeitschrift „Die Welt“ geriet, die in Wien 1761 den Kampf gegen den Hanswurst begonnen hatte 17). Doch hatte Sebastiani 1761 und 1762 in Brünn 15) Johann Tilly d. A. (1716 — 1781) wurde 1737 Mitglied der Truppe des berühmten Komikers Josef Felix Freiherrn v. Kurz (Bernardon). Ab 1759 spielte er mit einer eigenen Truppe in Böhmen, in den rheinischen Städten, 1770 in München. Nach seinem Abgang aus Linz zog er sich von der Bühne zurück. Von seinen Familienmitgliedern war der Sohn Johann Tilly d. J. (1754— 1795) auch als Bühnenschriftsteller tätig, die Tochter Edmunda Tilly (1753 bis 1797), die schon 1767 in Mannheim durch Schönheit und ihr Spiel Aufsehen erregt hatte, war eine gefeierte Schauspielerin ihrer Zeit; zu ihren berühmtesten Rollen gehörten die „Julia und „Lady Macbeth“. In Linz lernte sie Maximilian Scholz kennen, den sie 1774 in Prag heiratete. 16) Maximilian Scholz (1744 —1834), ein gebürtiger Prager, war 1760 —1772 bei der Kurzschen Theatergesellschaft in Prag, ab 1774 wieder in Prag, ab 1782 in Berlin tätig, wo er bei der Berliner Erstaufführung der „Näuber“ mit großem Beifall den Karl Moor spielte. Von Berlin ging er nach Petersburg, später nach Breslau, wo er 30 Jahre wirkte. 17) K.- Görner, Der Hanswurst-Streit in Wien und Joseph von Sonnenfels (Wien 1884) S. 10 f., 15 f. 34

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