OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 4

Oberösterreichische Heimatblätter von Lesern gefunden hat, ganz andere Ziele. Obwohl es in der Hauptsache nur eine Zusammen¬ stellung der schon bisher erforschten Tatsachen für Studienzwecke bieten soll und damit einem fühlbaren Mangel an solchen Werken auf knappem, den heutigen Verhältnissen angepaßtem Raum abhelfen will, ist das außerordentlich flüssig und spannend zu lesende Werk in Wirklichkeit mehr. Es ist keineswegs ein gekürzter Auszug aus bisher erschienenen Standardwerken, vielmehr hat es Fichtenau auch hier verstanden, auf Grund der in seiner Forscherarbeit gewonnenen Anschauung die Zusammenhänge durchaus selbständig und in vielfach neuer Blickrichtung zu sehen. Unter völligem Verzicht auf eine Hervorhebung seines persönlichen Anteils schildert der Verfasser die Ereignisse schlicht und wie selbstverständlich, sodaß nur der Eingeweihte zu erkennen vermag, welch eine Unsumme von geistiger Arbeit hier verborgen liegt. Für die österreichische Geschichte von besonderer Bedeutung ist der an Fichtenau ergangene Auftrag, das Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger zu bearbeiten. Dieses vom Bundes¬ ministerium für Unterricht geförderte Unternehmen war schon von Metternich geplant worden, die Sammelarbeiten setzten seit 1900 ein und haben manches Stück überliefert, dessen Original inzwischen vernichtet wurde. Für Oberösterreich ist das Babenberger-Urkundenbuch insoferne von besonderer Bedeutung, als hier die interessantesten und gelungensten Fälschungen entstanden sind. Leider haben die dem Drucke wissenschaftlicher Werke so ungünstigen Zeitverhältnisse es bisher nicht gestattet, das zusammen mit E. Zöllner bearbeitete umfangreiche Manuskript des 1., die Siegelurkunden bis zum Jahre 1215 umfassenden Bandes zu veröffentlichen. Vor der Druck¬ legung steht eine Studie über die im Zusammenhange mit der Bearbeitung des Urkundenbuches ermittelten Kenntnisse über die Kanzlei der letzten Babenberger. Ein von G. Grüll bei der Ordnung des Lambacher Stiftsarchives entdecktes, bisher un¬ bekanntes Fragment von Lambacher Annalen hat Fichtenau zur Bearbeitung übernommen. Auch dieses Manuskript sowie eine Studie über einen französischen Frühscholastiker in Wien, einen der literarischen Gegner Gerhohs von Reichersberg, sowie eine umfangreichere Abhandlung über Askese und Laster in der Anschauung des Mittelalters, in der Fichtenau die praktische Ethik und Moral des Mittelalters auf breiter Basis untersucht, harren der Veröffentlichung. In letzterer zeigt er uns den Wandel von dem der spätrömischen Verfallszeit eigentümlichen Hauptlaster der Habsucht zum Hochmut und Machtdünkel des germanischen Kriegervolkes, den die Kirche seit Gregor dem Großen durch eine Erziehung zur Demut auszugleichen versucht. In seiner Lehrtätigkeit an der Wiener Universität hat Fichtenau bisher Vorlesungen über lateinische Paläographie des Mittelalters, Wappen-, Siegel- und Münzkunde, sowie eine Ein¬ führung in das Studium der Geschichte (Proseminar I und II) gehalten. Als wissenschaftlicher Kritiker hatte Fichtenau zahlreiche Referate in den Mitteilungen des Institutes für österreichische Geschichtsforschung, sowie in den Jahresberichten der deutschen Geschichte das Sammelreferat über Recht und Staat im hohen Mittelalter übernommen. 190 S Es wäre zu wünschen, daß sich das Land Oberösterreich seines akademischen Nachwuchses, der aus verschiedenen Gründen gegenüber den Angehörigen anderer Bundesländer benachteiligt erscheint, stärker und vor allem in andauernder Weise annehmen würde. Dr. Alfred Hoffmann (Linz) Verzeichnis bisher erschienener wissenschaftlicher Veröffentlichungen 1. Wolfger von Prüfening. In Mitteilungen des Institutes für österreichische Geschichts¬ forschung in Wien Bd 51 (1937), S. 313 —357. 2. Studien zu Gerhoh von Reichersberg. Ebenda Bd 52 (1938), S. 1—56. 3. Grundlagen der Landeshoheit im mittleren Arelat. Ebenda 14. Ergänzungsband (1939), S. 139 — 174. 4. Bamberg, Würzburg und die Stauferkanzlei. Ebenda Bd 53 (1939), S. 241— 285. 5. Zwei Weltenburger Traditionsbücher. Ebenda Bd 54 (1941), S. 216 —226. 6. Mensch und Schrift im Mittelalter. 247 S. u. 16 Tafeln, Wien 1946 (Universum-Verlag). 7. Grundzüge der Geschichte des Mittelalters. 340 S. Wien 1947 (Universum-Verlag). 356

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