Bausteine zur Heimatkunde Alle Figuren waren beweglich. „Sogar der Esel konnte sich rühren“, er¬ zählen die Zeitgenossen Hables mit Begeisterung. Auf einem hohen Stellen stand ein Schaff mit Wasser, ein Nohr führte herunter und speiste den Wasserfall. Mit einem Federantrieb löste Hable die Bewegung der Figuren aus. Er war sehr be¬ scheiden und erfreute sich selbst an den zierlichen Bewegungen der Figuren. Oft war aber die ganze Stube voll von Kindern, denen er immer wieder die einzelnen Vorgänge erklärte; jedesmal ließ er den Wasserfall plätschern. Die Figuren dürften 7 bis 8 Zentimeter groß gewesen sein und waren zum Teil mit Stoff be¬ kleidet oder bemalt. Alle waren aus Holz. Hable zog in seinem Alter in seine Heimat nach Nordböhmen und hat dorthin wahrscheinlich auch das Kripperl mit Hermann Mathie (Nohrbach) genommen. Der Liederschatz einer Sennerin Ende August 1947 führte mich mein guter Stern in das blitzsaubere Häuschen Obertraun Nr. 99. Dort wohnt Frau Anna Posch, die mir allgemein als vortreffliche Sängerin und begeisterte Freundin des heimischen Volksliedes ge¬ schildert worden war. Im Verlaufe einer Woche bin ich dann so manche Stunde in der wohnlichen Küche bei Frau Posch gesessen, habe mit ihr geplauscht, ihre handgeschriebenen Liederbücher eingesehen und Lied um Lied, Weise um Weise nach ihrer Angabe festgehalten. Sie war eine ideale Vorsängerin: geduldig, ver¬ ständig, unerschöpflich, unbeirrbar. Über dreiviertelhundert Gesänge konnte ich si in Wort und Weise festhalten. Dabei boten Aufzeichnungen, die der Volksmusiker, Herr Leopold Kaiser, Obertraun Nr. 4, bereits früher gemacht hatte, dankens werte Vergleichsmöglichkeiten. Was bei dieser Gelegenheit allmählich über das Leben und die Lieder der Frau Posch ans Licht kam, rundete sich schließlich zu einem so ansehnlichen, um¬ fassenden und aufschlußreichen Bild dieser echten und rechten bodenständigen „Singerin“ und ihres reichen Liederschatzes, daß es wenigstens in seinen Haupt¬ zügen an dieser Stelle festgehalten werden soll. Frau Anna Posch, geborene Hillbrand, erblickte im Jahre 1880 in der Ort¬ schaft Lupitsch im Ausseerland als Kind eines Salinenarbeiters und Holzknechtes das Licht ihrer herrlichen Bergheimat. Mittelgroß, dunkelhaarig, feingliedrig, schlank, lebendig, intelligent, hochmusikalisch, weist sie alle Züge der Bevölkerung auf, die seit uralten Zeiten unsere Alpen besiedelt. Der Vater verunglückte und Annerl kam schon mit elf Jahren außer Haus zum Seewirt nach Obertraun, wo ihr eine zweite Heimat wurde. Herangewachsen fuhr sie sieben Jahre lang jeden Sommer als Sennerin auf die Schreier Alm, die vier Stunden von Hallstatt hinterm Plassen liegt. Dort lernte sie ihren Gatten, Friedrich Posch, einen Gosauer Holzarbeiter, kennen, der sie 1904 ehelichte. Er siel 1916 im blühenden Mannes¬ alter an der Südwestfront. In Sorgen und Kummer blieb die Witwe mit den kleinen Kindern zurück. Vertrauen auf Gott und die eigene Kraft, fleißige Arbeit 341
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