OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 3

Bausteine zur Heimatkunde Der Sarg wird nun auf jeder Türschwelle, die überschritten wird, abgestellt („abgesetzt") und jedesmal ein Vaterunser gebetet. Bis vor wenigen Jahren ging der Priester dem Leichenzug bis zu einer bestimmten Stelle entgegen, wo „abgesetzt" und die erste Einsegung vorgenommen wurde. Während des Totenamtes in der Kirche war früher ein Opfergang um den Altar üblich. Den Abschluß der Totenbräuche bildet die Totenzehrung, ein gemeinsames Mittagmahl aller zum Begräbnis Geladenen. Dieses bestand in normalen Zeiten nach altem Brauch gewöhnlich aus Rindfleisch mit Semmelkren. Bei Leichen 1. Klasse war bis in unsere Zeit das Ausläuten üblich, das wohl auch auf uralte Vorstellungen von der Wanderung der Seele und ihrer Gefährdung durch böse Geister zurückgeht. Von 12 bis 1 Uhr mittags wurde mit allen Glocken geläutet. Noch im 18. Jahrhundert wurde auch am Allerheiligentag nach dem Gebetläuten mit allen Glocken geläutet; das nannte man die „Schröckh“. Dr. J. Obernhumer (Linz) Zur Stoffgeschichte des Ordensdramas in Oberösterreich Konrad Schiffmann hat bei der Darstellung des Ordensdramas in Ober¬ österreich eine wichtige Stelle aus der Chronik der Stadt Steyr von J. Zetl aus¬ gehoben. Zetl berichtet dort zum Jahr 1628, die Dominikaner hätten am 14. No¬ vember dieses Jahres ein Stück von einem König und seinen drei Söhnen „sambt einem Todten Tanz" gespielt*). Und nun gibt Schiffmann, um die recht vereinzelt dastehende Notiz zu kommentieren, eine Schilderung der Totentanzaufführungen der Zeit, wie sie von anderen Orten her bekannt ist. Dadurch ist offenbar der stoffgeschichtliche Kern der Notiz bisher übersehen worden. Denn nicht die Auf¬ führung eines Totentanzes, wie immer er aufgeführt worden sein mag, ist an der Chronikstelle vor allem wichtig, sondern die Angabe über den Stoff des Domini kanerdramas. Es handelt sich hier ja um einen berühmten Stoff der mittelalter¬ lichen Erzählungsliteratur, nämlich um die Geschichte von den drei Königssöhnen, die nach der Leiche ihres Vaters schießen sollen, von denen sich der jüngste weigert, dies zu tun, und deshalb das Königreich als Erbe erhält. Die Erzählung ist in den Gesta Romanorum enthalten und später nicht sehr häufig erzählt worden Dagegen hat das Motiv, das eine gewisse Verwandtschaft zum Lear-Cordelia¬ Stoff besitzt und auch von einer Shakespeareschen Kraft ist, gerade in Österreich schon im Spätmittelalter seine Dramatisierung gefunden2). Unter dem Titel „Rex mortis“ hat es Vigil Raber 1510 unter seine Sterzinger Fastnachtspiele aufge¬ nommen, der Handschrift-Untertitel lautet „Das spil von dem Toten künig mit *) K. Schiffmann, Drama und Theater in Österreich ob der Enns, Linz 1904, S. 18. 2) Vgl. V. Michels, Studien über die ältesten deutschen Fastnachtsspiele, Straßburg 1896, S. 74; Wilhelm Creizenach, Geschichte des neueren Dramas, Bd 3, Halle 1923, S. 147; Über¬ setzung der Erzählung in Gesta Romanorum. Das älteste Märchen- und Legendenbuch des christlichen Mittelalters. Nach der Übersetzung von J. G. Th. Graesse herausgegeben von Hermann Hesse, Leipzig o. J., S. 31 ff. 277

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