Bausteine zur Heimatkunde In dem 1889 erschienenen Bande „Oberösterreich und Salzburg“ des be¬ kannten Kronprinzenwerkes „Die Österreichisch-Ungarische Monarchie in Wort und Bild“ beschreibt P. Lambert Guppenberger ein Baumkraxeln. Da die daselbst geschilderten Verhältnisse ganz ersichtlich den Jugenderinnerungen des Verfassers entstammen, dürften sie etwa den Stand um 1850 wiedergeben. Ein Vergleich der ehemaligen Formen des Baumkraxeln mit den eben ge¬ schilderten heutigen ergibt etwa Folgendes: 1. Der alte Brauch des Baumkraxelns hat sich als Teil des Maibaum¬ setzens ebenso erhalten wie dieses. 2. Die Hauptzüge sind noch geblieben: Ein unternehmender Wirt so 3. B. im Mai 1946 zu Neukirchen bei Lambach oder eine Gemeinschaft wie die Feuerwehr Tollet — tritt als Veranstalter auf. Die Gewinnabsicht steht von vorn¬ herein fest. Schmuck des Baumes, Fähnchen, Beste, Klettern, Musik, Tanz sind heute wie vor hundert Jahren vorhanden. 3. Aber die Einzelzüge haben sich stark geändert. Schmuck, Preise, Fahnen sind heute zeitgemäß einfach und behelfsmäßig gestaltet. Die Musik ist verjazzt. Der Tanzsucht unserer Tage entsprechend spielt sie nun auch während des Kletterns nicht erst nach ihm wie früher — zum Tanze auf. 4. Dieser Riß zwischen Alt und Neu kennzeichnet die Veranstaltung. Die ländlichen Besucher und Besucherinnen wissen mit den modernen Tänzen nichts anzufangen. In rein ländlicher Umgebung bei einem rein ländlichen Feste tappen sie hilflos auf dem Tanzboden herum. Die Städter wieder haben für den alten Brauch so gut wie nichts übrig. Sie denken nur an viel und modern Tanzen und wissen von Bodenständigkeit nichts mehr. 5. So wird selbst eine solch unscheinbare Kleinigkeit wie das Maibaumkraxeln zum Spiegelbild unserer Übergangszeit. Ihr ganzes Wesen besteht eben darin, daß die alten Formen den neuen Anforderungen nicht mehr zu genügen scheinen, neue Formen aber noch nicht geprägt wurden. Dr. Hans Commenda (Linz) Schrifttum über den Maibaum A. Baumgarten — A. Depiny, Das Jahr in Meinung und Brauch der Heimat. Heimat¬ gaue 7. 1 ff, 96 ff. — A. Depiny, Der Maibaum in Oberösterreich. Heimatgaue 10, 70 ff. — Vom Maibaum, Weihnachtsbuschen und Fronleichnamsschmuck. Heimatgaue 15, 72 ff. Totenbräuche aus Natternbach Eine Fülle von Brauchtum umgibt die drei großen Stationen des Menschen¬ lebens: Geburt, Hochzeit und Tod. In uralten Sitten und Bräuchen, die längst einen christlichen Sinn bekommen haben, glimmt noch mancher Funke des Heiden¬ tums. Das Leben in der Einschicht trug dazu bei, daß das Volk dem Urvätererbe treu blieb. Die folgenden Ausführungen über Totenbräuche stützen sich auf eigene Be¬ obachtung und auf Mitteilungen der Bevölkerung um Natternbach. 275
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