OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter Daß gerade Enns der Ansatzpunkt ist, erscheint symbolhaft. Diese Stadt rückt immer wieder aus ihrem engeren Nahmen heraus, nicht allein 1212 mit dem wertvollen Stadtrecht, sondern schon 1190 mit ihrem äußerst interessanten Handelsrecht und früher noch in einem Kapitulare Karls des Großen, in dem Lorch unter den Haupthandelsplätzen an der östlichen Reichsgrenze erscheint. Dr. O. Wutzel (Linz) Die Ottensheimer Fließstein Zur Geschichte der Schifferfamilie Trauner in Ottensheim Vor der Erbauung der Straße von Ottensheim nach Linz endeten die Straßen aus dem oberen Mühlviertel in Ottensheim. Dort konnte man entweder mit der Fähre nach Wilhering weiterreisen oder man konnte die Reise von Ottens¬ heim aus zu Wasser fortsetzen 1). Einen typischen Erwerbszweig der Ottensheimer bildete daher die Schiffahrt. Straßenbezeichnungen, Familiennamen und alte Sagen künden noch davon 2). Zum Nachteil der Ottensheimer wurde dieser Erwerbszweig durch die Straße von Ottensheim abwärts, mit deren Erbauung 1711 begonnen wurde, sehr ein¬ geschränkt und durch die Eröffnung der Dampfschiffahrt nach 1830 fast ganz ver¬ nichtet. Da aber zu Beginn der Dampfschiffahrt Wilhering noch keine ordentliche Schiffstation war, errichtete Vinzenz Trauner einen täglichen Strom¬ Pendel-Verkehr zwischen Ottensheim und Linz mit seiner Fließstein. Diese Fließstein 3) war eine Plätte, auf der eine Hütte stand. Die Hütte konnte ungefähr dreißig Reisende fassen, die dort auf roh gezimmerten Holzbänken Platz fanden. Vorne auf der Plätte (außerhalb der Hütte) stand das „Schöfpferd“, das stromaufwärts das Schiff ziehen mußte. Dieses Pferd mußte zu seiner Arbeit eigens abgerichtet werden und kostete deswegen um 100 Gulden mehr als ein anderes. Außer dem Personenverkehr oblag der Fließstein auch der Frachten¬ verkehr. Die Enkelin des damaligenFließsteinführers, Frau Priesner in Ottensheim berichtet, daß eine Zeitlang auch die Statuen des Ottensheimer Bild¬ hauers Kepplinger mit der Fließstein nach Linz zum Vergolden gebracht wurden 4). Täglich mittags fuhr nun diese Fließstein in Ottensheim ab und erreichte in ungefähr 45 Minuten Linz. Bei der heutigen Anschlußmauer mußte der Flie߬ *) Vgl. L. Schiller, Donauverkehr und Überfuhren bei Ottensheim. Festschrift zur 700-Jahr¬ Feier des Marktes Ottensheim S. 79. 2) O. Kampmüller, Ottensheim. Echo der Heimat, 24. Dezember 1945. 3) Zur Geschichte des Fließstein-Verkehres auf der Donau vgl. E. Newekloswky, Die Fliestein. Unterhaltungsbeilage der Linzer Tagespost 1912 Nr. 8; derselbe, Linz und die Donau¬ schiffahrt. Jahrbuch der Stadt Linz 1936 S. 188. Fließsteinverkehr bestand auch zwischen Linz und Wilhering (durch mehr als 100 Jahre bis 1907), Schlögen — Engelhartszell, ObernzellPassau, Passau — Vilshofen. Eine Schilderung dieses Wasserbotenfahrzeuges gibt J. A. Schultes in seinen „Donaufahrten“ (1819), eine Zeichnung der Fließstein stammt von Alois Greil, ein Modell besitzt das o.-ö. Landesmuseum. Die Herkunft des Namens ist unklar *) Kepplinger war seit 1876 in Ottensheim und hatte ständig 40 bis 50 Gesellen beschäftigt. 264

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