Bausteine zur Heimatkunde freudigen Bürgern die Gasthändler zu und bekam von jedem vermittelten Geschäft in Getreide, Salz und Silber von den Bürgern für ein Stück erhandelte oder verhandelte Ware 1 Pfennig. Die Stadt besaß also Handelsvermittler, die wir heute Makler nennen, die damals jedoch in Enns keine privaten Geschäftsleute und Spekulanten, sondern städtische Amtspersonen waren, in ihrer Tätigkeit durch Eidschwur dem Rat verpflichtet, mit Strafe von einem Jahr Stadtverweisung an die beschworene Satzung gebunden und völlig von egoistischen Umtrieben fern¬ gehalten. Ihr Verkehr mit dem fremden Kaufmann mußte sich auf die Vermittler¬ rolle beschränken: die Flußschiffe, die einst den Gast mit seiner Ware der Stadt zuführten, durften sie nur in Begleitung von kaufbereiten Bürgern betreten. Notwendig ist es noch, die Fortsetzung der stadträtlichen Verordnung kennen zu lernen. Es hieß weiter, daß die Bürger nicht allein mit den Gästen Handel treiben durften bei Strafe von 1 Pfund Pfennige oder Gefängnis bei Zahlungs¬ unfähigkeit. Auch die Weineinlagerung für fremde Händler in einem Ennser Bürgerhaus war bei 5 Pfund Pfennige Strafe verboten. Wir gewinnen daraus einen zweiten Baustein für unser Bild. Unterkäufel und mittelalterliches Gäste recht stehen in engster Verbindung. Damit ist ein Feld betreten, unendlich reich, unendlich typisch für das vergangene Leben zwischen breiten Mauern und Giebeln, unserer sicheren Vorstellung aber noch weit entrückt. Gästerecht ist auf dem Gebiet der Wirtschaftsgeschichte eine der Eigentümlichkeiten des Mittelalters, steilen für die unsere moderne Begriffswelt kein gutes Verständnis finden kann, der wir deshalb in richtiger tiefer Einfühlung nur selten gerecht werden. Um eine Formu lierung zu versuchen: es war die Umschreibung und Beschränkung der Handels¬ rechte der fremden Kaufleute zum Schutz der einheimischen. Für Enns versagen damit vorläufig die Quellenstellen zum Gegenstand. Viel¬ leicht kann weiteres Material im Stadtarchiv gefördert werden, die Ennser Akten im oberösterreichischen Landesarchiv zu Linz geben jedenfalls keine näheren Auf¬ schlüsse. Dazu verhilft die Wirtschaftsgeschichte Wiens. Die Stadthistorie von Enns wandelt oft diesen Vergleichsweg zur großen Donaustadt. Am 8. September 13123) gab Herzog Friedrich den Kaufleuten und Krämern von Wien eine „hantfest", nennen wir sie sinngemäß Rechtenordnung. Sie ist wieder erfüllt von Artikeln zum Gästerecht, das ein Lebensproblem des mittelalterlichen Stadthandels gewesen sein muß. Unterschieden wurde zwischen landfremden und in österreichi¬ schen Städten behausten Händlern. Erstere durften kaum mit anderen Gästen Geschäfte tätigen, die anderen konnten wenigstens untereinander Handel treiben, wobei allerdings die Ware über ein Viertel Zentner wiegen mußte, ausgenommen Dinge, die nach Waage, Maß oder Stückzahl gingen. Weiters wurden die Bürger vor „boser list“ gewarnt und die Benützung der Stadtwaage mit Be¬ stellung eines verläßlichen Wägemeisters ernstlich geboten. Fassen wir zusammen: Die gegenseitigen Rechte der Wiener Kaufleute und der Gastkaufleute wurden für 3) Ebenda, Nr. 26 und 39, S. 88 und 119 f. 261
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