Oberösterreichische Heimatblätter geschaffen hat, den großen Atem seines Dichterwortes gibt, und er findet schlie߬ lich sein Urbild im Fels des Berges, der sich aus dem Kreis der Wälder hebt, um durch den Himmel zu schreiten. Und dieser Wille wirkt sich auch in der künst¬ lerischen Anordnung der Gedichte aus, die, wie die steigenden Geländestufen der Landschaft selbst, durch Auen, Felderbreiten, baumbestandene Wiesen, über wald¬ bewachsene Hügel hin in Stadt und Kloster des Vorgebirges führen, um schließlich das Hochgebirge zu erreichen, dessen Gipfelkette vorerst nur fern geschautes, oft nur geahntes Ziel gewesen. Doch wie den Nordrand des Alpenvorlandes die Donau begrenzt, so glänzt gleichsam am äußersten Nande des Gedichtwerkes „Vor den Bergen“ der große Strom des Landes in seinem schönsten Bilde auf: noch einmal gestaltet hier Zerzer das Thema „Donauschlinge“, nun aber aus einer noch tieferen Schau heraus; der Strom, der in der Schlinge „nach seinem dunklen Willen“ zieht, drängt „durch Wald und Hügelflucht zum heiligen Kreis", der den „Kahn der Heimgekehrten“ aufnimmt. Auch Zerzers neueste lyrische Sammlung „Die weite Sicht“ dürfen wir ungeachtet der kleinen Reihe reizvoller südsteirischer Landschaftsgedichte, die sie enthält, als ein Werk ansprechen, das Oberösterreichs Bild, wie es uns aus seinem gesamten Schaffen in Vers und Prosa entgegentritt, um kostbare Züge bereichert. Da wird uns etwa die verfallene Trasse der Pferdebahn Linz — Bud¬ weis in dem Gedicht „Alter Eisenbahndamm“ nicht als „poetisches Motiv“, sondern als tiefes dichterisches Gleichnis zu neuem Erlebnis; da umfängt uns ein „Abend im Höllengebirge“ mit dem ganzen Geheimnis seines Schattenlebens und läßt uns vor dem Bild des „weiten Sees“ erschauern, der „nur mehr Ahnung ist, von Glanz umronnen“; da beschwört ein „Herbst im Mühlviertel“ wieder die Welt der übergrünten Granithügel, die uns auch aus Gedichten wie „Stille Welt“, „Behütete Welt“, „Hügelstille“ und aus den seherischen Strophen „Blick ins Land“ bald abendfriedlich, bald morgenherrlich entgegenwogt. Da horchen wir auf das geisterhafte Sausen, das „der grüne Fluß“ um die Stadt Steyr rollt, um deren Türme sich „eisengrau“ der Himmel bettet; und da zeigt uns ein „Durchblick“ durch eine verschneite Hecke ein zart getöntes, von der Stimmung winterlicher Abenddämmerung umfangenes Bild von Linz, mit grauen Türmen, tief im Weiß versteckten Häusern und erwachenden Laternen, „Die nun den Strom entlang mit blanken Zeilen, Den Berg hinauf in losen Ketten eilen Und in das silbrig dämmernde Verblassen Den gold'nen Faden sich verspinnen lassen." Das Ziehen der Donau aber läßt uns Zerzer in dem tief geschauten und groß hinflutenden Gedicht „Der Strom“ als den machtvollen Rhythmus erleben, aus dem sich die Melodie der ganzen Landschaft beschwingt. 250
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