Fischer-Colbrie: Die Landschaft Oberösterreichs in Julius Zerzers Dichtungen Die Landschaft Oberösterreichs in Julius Zerzers Dichtungen Von Arthur Fischer-Colbrie (Linz) Die Landschaft Oberösterreichs, deren von den schöpferischen Kräften der Natur gebildeter Formenreichtum im Zusammenhang mit den aus dem Boden des Landes organisch gewachsenen Werken menschlicher Kultur ein reizvolles Bild vielfältiger Schönheit ergibt, hat in zahlreichen Werken des Schrifttums, in Vers und in Prosa, künstlerische Gestaltung oder literarische Beschreibung gefunden. So taucht gleichsam am Horizont der mittelhochdeutschen Versnovelle „Meier Helmbrecht“, mit der Wernher der Gartenaere die erste deutsche Dorfgeschichte geschaffen hat, der Traunstein als Wahrzeichen oberösterreichischer Landschaft auf und in der zweiten, uns überlieferten Handschrift dieser Dichtung werden Örtlich¬ keiten des Innviertels deutlich erkennbar. Die Donau rauscht durch das Nibe¬ lungenlied an das Eferdinger Uferland und die Tore der Stadt Enns öffnen sich Kriemhilden und ihrem Gefolge. Der Humanist Enea Silvio Piccolomini fühlt sich anläßlich eines Besuches des Schlosses Ebelsberg, das damals Sommer residenz der Passauer Bischöfe war, zu einer Schilderung oberösterreichischer Land¬ schaft angeregt. Der Barockdichter Johann Beer aus St. Georgen im Attergau, ein Zeitgenosse Grimmelshausens, füllt den Vordergrund manches seiner zahl¬ reichen Romane mit einer Buntheit heimatlicher Namen, wie Braunau, Schärding, Linz, Wels, Kremsmünster, Vöcklabruck, Frankenburg und anderen aus, damit gleichsam das oberösterreichische Land aufrufend, und er weiß mit den zwar noch karg skizzierten Bildern heimatlicher Landschaft seinen Romangestalten schon Boden und ihren Handlungen schon Raum zu geben. In manchem Liede des in ossianischem Geiste dichtenden Schärdingers Michael Denis scheinen heimatlich betonte Naturstimmungen nachzuschwingen. Im 19. Jahrhundert wächst die Reihe literarischer Werke, die Schilderungen oberösterreichischer Landschaften und Städte enthalten, zu so stattlicher Zahl an, daß auch nur eine bloße Aufzählung dieser Werke über den Rahmen der vorliegenden Arbeit weit hinaus ginge. Es sei hier außer den großen Mundartdichtern Franz Stelzhamer, dem dichterischen Künder des Innviertels, und Norbert Hanrieder, dem Sänger des Mühlviertler Landes, nur Adalbert Stifter genannt, in dem die Landschaft Oberösterreichs ihren klassischen Schilderer gefunden hat. Das altersfriedliche, harmonisch ausgewogene Bild der Mühlviertler Hochhügelwelt, die gartengleiche Anmut des Alpenvor¬ landes und die großartige Wildheit der Alpen sind in Stifters Dichtungen in unvergänglichen Wortgestalten ausgeprägt. 241
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