OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 3

Schmidt: Wien unter Fremdherrschaft sodann begann Maximilian persönlich mit einem großen Heere gegen die treu¬ losen Ungarn zu ziehen und nach der Einnahme von Güns und Ödenburg kehrte er am 28. September wieder in die Burg zu Wien zurück. Der Herzog Georg von Bayern, der einige Tage vorher zu Wasser nach Wien gekommen war, zog ihm mit 800 Reitern und 120 Wagen entgegen. Am Sonntag wurde Wladislaus, der treulose Vasall des Reiches, zum König von Böhmen gekrönt. Und er heiratete — o Schande! — die Witwe des Ungarkönigs Mathias, während sein Bruder Albert ein großes Heer gegen die Ungarn, die Anhänger des Wladislaus waren, führte, vor allem gegen die Bischöfe, die Wladislaus gewählt haben, wobei die verschlagene Witwe des Königs Mathias, namens Beatrix, die Vermittlerrolle spielte. So pflegen fast alle großen Unruhen in der Welt durch eine Frau auszubrechen. Auf Maximilians Seite stehen der Bischof von Fünfkirchen, der Woiwode von Moldau, der Herzog Laurentius, der Beherrscher des Königreiches Bosnien, ferner der von Elderbach und viele andere adelige weltliche Herren. Ja sogar die freien Städte, die zum Widerstand aufgerufen, aber bei der Vorbringung ihrer Wünsche nicht gehört worden waren, weisen Maximilian nicht zurück, sondern sehnen ihn herbei. Heute am 29. September bekommt Tobias mit seinem Heere bei Herzogen¬ burg die belagerte Burg Einöd in seine Hand. Das Heer bei einer Burg oberhalb des Flusses Enns, genannt Ernsthofen, wird von obderennsischen Baronen tapfer belagert. Aus der Burg Säusenstein nahmen die Ungarn Reißaus, auch die Burg Hollenburg ist unser, ebenso Stadt und Schloß Stein, ein Schloß bei Krems und auch Mautern. Dieser Ort wurde durch Soldaten, die man Lanzknechte nennt, genommen. Schloß und Burg Bruck an der Leitha und Schloß Götzendorf wurden durch Lanzknechte und etliche Böhmische in einem Sturmangriff erobert. Am 18. September nahm Tobias die Stadt St. Pölten in die Hände Maximilians zurück. Doch wozu so viel der Worte? So elendiglich wie die Frösche sind die Ungarn in kurzer Zeit aus Österreich verjagt worden. Eisenstadt wird bereits von einem Heere Maximilians belagert. Am 17. November eroberte Maximilian die Stadt Stuhlweißenburg, wobei viel Blut floß. In den ersten Tagen des Dezember ging das Gerede, daß sich die Ungarn gegen Maximilian sammeln, weshalb gestern eine feierliche Prozession abgehalten wurde. Am Donnerstag vor Weihnachten, den 23. Dezember, kam Maximilian wieder in seinen Geburtsort Neustadt zurück. Am Weihnachtstage erhielt er dort von Unterhändlern des englischen Königs das Kleid und den mit dem Siegel versehenen Brief der Gesellschaft des immerwähren¬ den Friedens. Am Mittwoch den 29. Dezember kam vom Sachsenherzog Albert ein Brief an den König Maximilian des Inhalts, daß die Stadt Brügge, die Albert belagert hatte, Maximilian Gehorsam geschworen habe und daß über sie eine Strafe von 150.000 Gulden verhängt worden sei. In diesen Tagen wird auch über den Friedensschluß zwischen dem Böhmenkönig Wladislav und Maxi¬ milian verhandelt wie auch über die Besitzergreifung, Leitung und Regierung des Königreichs Ungarn. 233

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