Oberösterreichische Heimatblätter gesagt habe, er wolle uns keines von den Stipendien mehr einlösen, weil die Universität dem König bei seinem Einzug in die Stadt entgegengegangen sei. 27. Juni: Der König von Ungarn zieht im eroberten Tulln ein. Vor drei Tagen (13. September) kamen türkische Abgesandte zum König von Ungarn, der im Feldlager zur Belagerung von Wiener Neustadt war. Heute haben die Türken aus Neugierde die Kirche des hl. Stephan betreten. Am 27. September um die achte Morgenstunde stürzten sich die Kriegsleute des Kaisers auf die Belagerer des Schlosses Grub bei Melk, töteten viele Soldaten des Königs und machten zahlreiche Gefangene. Die Soldaten des Ungarkönigs aber schlossen noch am selben Tage einen Ring um das Schloß Grub und belagerten die aufständischer Kaiserlichen, die sich am 17. Oktober dann dem König von Ungarn ergeben mußten. Aus diesem Anlaß wurden in Wien alle Glocken geläutet und ein Freudenfeuer angezündet. Am 23. Oktober wurden dann die 1300 Mann, die sich in Grub ergeben hatten, in festlichem Zuge nach Wien eingebracht und dazu neun Wagen mit ihren Waffen. O Elend, in die einstige Burg des Kaisers und Herzogs von Österreich die dem Herzog von Österreich Untergebenen durch den König von Ungarn als Gefangene zu führen! Wie lange bist Du noch nachlässig, Herzog von Österreich? Schäme Dich, schäme Dich und erbarme Dich Deiner Armen! Am Tage darauf kam unser König und Herr Mathias aus Neugierde zu den Reliquien des hl. Stephan in Wien. Zur gleichen Zeit aber fiel Hagel und der erste Schnee dieses Jahres. Der Schneefall war aber so stark, daß er mir die Weiden beschädigte und fast alle Bäume in meinem Garten zur Erde niederbog. Heute (15. November) ist der Tag des heiligen Leopold, Markgrafen von Österreich, dessen Heiligsprechung am 6. Januar dieses Jahres (1485) erfolgt war. In diesem Jahre wurde Österreich oder vielmehr der Sitz der Fürsten Österreichs durch einen irdischen Fürsten bezwungen und wankt in Verwirrung. Konnte Österreichs Sitz nicht bestehen unter der Herrschaft eines Kaisers? In diesem Jahre fiel es zum erstenmal vom Reich ab, sonst vorher niemals. So geht nun das neunte Jahr meines Doktorats zu Ende, ein Jahr großer Trübsal. Die Ankunft Maximilians wollen wir geduldig erwarten. Da er als der ersehnte Freund nicht kam, ist zu fürchten, daß er als Feind kommen wird. 1486 Das Jahr 1486 begann mit großer Kälte und ich war durch viele Wochen krank, weshalb ich im Mai mit meinem ältesten Sohn nach Baden ging, wo meine Frau schon vorher gewesen war. Vor kurzem wurden zum erstenmal die Reliquien des hl. Stephan auf der neuen steinernen Altane ausgestellt, die noch nicht ganz fertig ist. Im September dieses Jahres gab mir der Ungarkönig Mathias 16 un¬ garische Gulden für meine Vorlesungen in der Medizin. Auch erhielt ich 6 Ellen Tuch aus London. Im Oktober kauften meine Frau und ich zwei Weinberge. 230
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