Schmidt: Wien unter Fremdherrschaft Kriege ausgerüstet. Obwohl diese Schiffe unzählige Treffer von Bombarden er¬ litten hatten, wurden doch nur zwei Mann getötet. Unter großem Jubel und Beifall der ganzen Wienerstadt kamen diese Schiffe nach Mittag um die 8. Stunde in Wien an und brachten große Mengen an Getreide und anderen lebensnotwen¬ digen Dingen. Am Tage darauf kam noch ein zwölftes Schiff an, das in Hollen¬ burg zurückgelassen werden mußte, da es auf Grund geraten und stecken geblieben war. Zu unserer größten Verwunderung kam es aber wider alles Erwarten doch noch in Wien an, obwohl es stark beschossen und von 5 feindlichen Schiffen bis zum Kahlenberg verfolgt worden war. Am Montag den 10. Mai machten die Feinde um die siebte Stunde einen Sturm gegen Klosterneuburg. Sie wurden aber gezwungen, von der Stadtmauer, die sie schon erstiegen hatten, wieder abzuziehen und hatten zahlreiche Verwundete. In der Nacht zum 16. März ging der kaiserliche Hauptmann Wulffendorfer mit ungefähr 800 Mann nach der Befreiung des Schlosses in Wiener Neustadt von der Belagerung weg nach Baden, der Stadt der Heilquellen. Er brach dort mit Gewalt ein, plünderte die Badener, machte Gefangene und bekam eine große Geldsumme, damit er nicht die Häuser in Brand stecke, sodann zog er wieder ab. Am Montag den 31. Mai kam er mit 300 Reitern und 300 Fußsoldaten wieder zurück und ging am Mittwoch nach Tulln. Von dort will er gegen Klosterneuburg ziehen mit einem Heer, das aus meiner obderennsischen Heimat gesammelt wird, um die Heerhaufen des Ungarkönigs von dem belagerten Klosterneuburg zu ver¬ treiben. Wir wollen hoffen, daß die Durchführung gelinge! Am 4. September wurde ich zum Probst nach Klosterneuburg gerufen, von wo ich am 9. September heil und unverletzt zurückkehrte, obwohl die Stadt noch immer belagert war. Während meines Aufenthaltes dort sah ich einmal in der Abendstunde, wie die Bürger der Stadt in drei Haufen mit Bannern auszogen und das Heer des Königs überfielen. Die Kämpfenden liefen rings um die Stadt herum und schlugen sich gegenseitig erbärmlich. Wie ich hörte, kommt dies jetzt des öfteren vor. Nachdem die Belagerung von Klosterneuburg nun schon 22 Wocher dauert, ging am 28. September der bessere Teil der Stadt und auch die Burg durch Feuer zugrunde. Am 1. Oktober wurden alle Weinstöcke durch Reif in der Traube vernichtet und es sah aus, als wären die Trauben alle gesotten worden. Am 11. Oktober fiel schon der erste Schnee und es herrschte wieder große Kälte. Am Tage zuvor reiste der Kaiser von Graz in die Provinz ob der Enns, meinem Heimatlande. Er will dort über die Befreiung der Stadt Korneuburg von der Belagerung Anordnungen treffen. Diese Stadt, schon entkräftet durch die 27wöchige Belagerung, ohne Salz, Leder und Holz, droht zu schwanken und abzufallen. Um unsere Weinlese in Wien kümmert sich niemand. Wie Näuber und Diebe bringen wir, was es immer auch sei, aus den Weingärten in Stadt nähe herein. Dabei werden allerdings sehr häufig Männer und Frauen entführt, mit deren Hilfe dann die Feinde unsere und ihre eigenen Weingärten abernten. 225
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