Oberösterreichische Heimatblätter von Wien nach Graz geschickt wurden, brachten nämlich die Nachricht, daß der Kaiser uns sagen lasse, wir sollten dem König bis Pfingsten Widerstand leisten, dann wolle er zu Hilfe kommen. Ferner gab er den Wienern das Privileg, daß sie von den Weinlieferungen, die sie von jetzt bis Pfingsten nach Bayern durch¬ führen wollten, keine Gebühren zu bezahlen brauchten. Der Kaiser machte nur zur Bedingung, daß aus diesen Weinlieferungen für die Feinde kein großer Gewinn abfallen dürfe. Der Feind wolle nämlich von jedem Faß Wein 6½ Pfund und 24 Denare. Dem Kaiser wurde sogleich Bericht erstattet, ob er damit einver standen sei, doch hatten wir am 6. Juni noch keine Antwort erhalten, obwohl die Halbzeit des Privilegiums schon abgelaufen war. O welche Torheit und Blindheit! Einem Stummen Erlaubnis geben zu sprechen und die Zeit der Erlaubnis, sogar wenn er sprechen könnte, verabsäumen und hindern! Am Sonntag den 4. April hatte das Heer des Königs Stammersdorf ein genommen, es aber bald wieder verlassen und sein Lager bei Klosterneuburg bis nach Stockerau hin aufgeschlagen. Am 15. April wurde die Burg auf dem Kahlen¬ berg belagert und in der zweiten Stunde nach Mittag genommen, zwei Stunden später auch zwei Schanzen an der Donau am Fuße des Kahlenberges. Am Tage darauf ging das Gerücht in der Stadt, daß Schiffe aus Stein und Krems an¬ kommen sollten. Um die 6. Stunde sah man diese Schiffe wirklich, sie waren völlig kriegsmäßig ausgerüstet mit Bannern und vielen Bewaffneten und vollgeladen mit Lebensmitteln. Unsere Freude und Bewunderung über dieses Ereignis schlug jedoch bald in Trauer um, denn als die Schiffe oberhalb Klosterneuburg am Hee des Königs vorbeifuhren, wurden sie sogleich mit unzähligen Maschinen beschossen Durch diese Beschießung kamen 10 Menschen ums Leben, von denen ich selbst sieben Leichen liegen sah, elendiglich zerrissen, dieser in der Mitte, jener an den Füßen, ein anderer an den Händen. Die Stadt Wien veranstaltete den Toten am Östermontag den 19. April ein großes Leichenbegängnis, wie es vorher bei St. Stephan noch niemals gesehen wurde. Die Schiffe hätten wohl das Ufer nicht verlassen, wenn die Besatzung vorher gewußt hätte, was sich am Kahlenberg er¬ eignet hatte. Sie wollten sogar am Kahlenberg landen und wenn nicht Gott Schützer gewesen wäre, hätten wir sie noch in solcher Nähe verloren. Es war schrecklich anzusehen, das Menschenblut so weit herum auf Wänden und Verdecken der Schiffe und Stücke von Menschenfleisch in solcher Menge überall zerstreut Zum Glück erlitt dieses Ungemach nur das erste Schiff, das folgende hingegen wurde fast nicht getroffen. Am 17. April lagerte das königliche Heer schon von der Donau bis Klosterneuburg und am 19. April begann es diese Stadt mit Geschützen zu demolieren, und zwar Tag und Nacht. Wir hörten hier in Wien fast ununterbrochen sehr deutlich das Donnern der Maschinen. Am 7. Mai erhielt ich zwei rheinische Gulden von Schrat, einem Gefangenen des Ungarkönigs, der Hauptmann im Schlosse in Bruck an der Leitha war. An diesem Tage kamen elf große Schiffe oder noch mehr und die meisten so groß, wie sie auf der Donau noch nie gesehen wurden, alle ausgezeichnet bewehrt und zum 224
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