Schmidt: Wien unter Fremdherrschaft Wien auf sieben Wochen Waffenruhe machte für 3000 ungarische Gulden, begann am 28. Oktober die Weinlese. 1484 Die Teuerung nimmt immer noch zu. So habe ich am 3. Februar für eine lebende Henne 40 Denare bezahlt. Die Henne legte auf dem Wege im Wiener wald ein Ei. Das Weib, das die Henne brachte, wurde von den anderen Be¬ gleitern heftig gescholten wegen des Geschreis, das die Henne machte, nachdem sie das Ei gelegt hatte, denn man fürchtete, durch das Gackern verraten zu werden Nachdem am 19. Januar die Stadt Bruck an der Leitha belagert worden war schickten die Wiener am 25. Januar Boten an den Kaiser nach Graz, die ihn ver anlassen sollten, auf einen Brief zu antworten, den die Wiener Bürgerschaft vor 13 Wochen an ihn abgesandt hatte und auf den er bis heute nicht geantwortet hat. Endlich am 4. März antwortete der Kaiser, doch brachten die Boten wenig Hoffnung. Der Kaiser reiste mit seiner Tochter Kunigunde von Graz nach Linz Am gleichen Tage fingen die Feinde mehr als 200 Leute ab, die auf dem Rücken Lebensmittel über die Donau bringen wollten. Auch 14 Reiter und 36 Fuß soldaten, die den Trägern zu Hilfe eilen wollten, wurden gefangen genommen. Am Mathiastag, den 25. Februar, nahm Bruck an der Leitha den König Mathias als Herrn auf. Das Schloß der Stadt leistete aber noch weiter Wider stand und wurde erst am 11. März mit Gewalt genommen. Am 7. März kamen ungefähr 100 Personen mit Lebensmitteln nun doch glücklich über die Donau Doktor der Theologie Magister Bartholomäus Tichtel, Canonikus der Wiener Kathedralkirche, begann am 8. März seine Vorlesungen in der Theologie, nachden er vom Kaiser das Lektorat erhalten hatte. Bisher hatten wir angenommen, daß sich der Kaiser mit seiner Tochter in Linz aufhalte, aber heute am 21. März kam ein Bote aus Graz mit der bestimmten Behauptung, daß der Kaiser in Graz sei. Die Teuerung nimmt erschrecklich zu. Fünf Rüben, welche früher einen Obolus kosteten, werden jetzt um sieben Denar¬ gekauft. Ich erhielt auch ein Faß voll Brot für sieben Denare. Das Brot war aber durchnäßt und getränkt vom Wasser der Donau, weil die Feinde das Schiff, das mit Broten voll beladen nach Wien fahren wollte, mit Bombarden beschossen und zerstörten. Am Palmsonntag den 11. April wurden bei Mautern gegenüber von Stein auf einer Donauinsel 800 Menschen von 300 königlichen Soldaten angefallen und geschlagen. Viele von den Unsrigen ertranken, viele wurden getötet und etwa 150 gefangen genommen, allein von den Soldtruppen unserer Stadt Wien 49 Mann. Obwohl ich nach diesem traurigen Ereignis keine Hoffnung mehr hatte, daß die Lastschiffe mit Lebensmitteln aus Krems genug Begleitmannschaft be¬ kommen würden, um nach Wien kommen zu können, gelang es doch, Getreide hereinzubringen. Ich kaufte mir 10 Fässer gesiebtes Getreide um 7½ Pfund Denare, 4 Faß gesiebtes Mehl um 3½ Pfund. So werde ich nun hinreichend Getreide haben bis zu der Zeit, wo uns der Kaiser helfen wird. Die Boten, die 223
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