OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 1

Heimatpflege Die Heimatbewegung im oberen Mühlviertel Dem unermüdlichen Heimatforscher Pfarrer Johann Sigl zum Gedenken Eine Hauptstütze der heimatkundlichen Arbeit im Mühlviertel waren die „Beiträge zur Landes- und Volkskunde des Mühlviertels“, die als Sonderabdruck der „Mühlviertler Nachrichten“ herausgegeben wurden (von 1912—1938 sind 20 Bändchen erschienen). In diesen Beiträgen hat das Mühlviertel eine reiche Sammlung heimat- und volkskundlichen Stoffes, um die uns die anderen Landesviertel beneiden. Der Kreis der Mitarbeiter setzte sich aus allen Schichten des Volkes zusammen; es schrieben Pfarrer, Lehrer, Handwerker und Bauern. So schufen sich die Nühlviertler nach den Anleitungen und Weisungen der führenden Männer ihre Landes- und Volkskunde, deren Fortsetzung unsere vornehmlichste Aufgabe sein wird. Pfarrer Johann Sigl widmete sich seit dem ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts mit wachsendem Eifer der Heimatforschung, die er auf breiter Grundlage und mit wissenschaftlicher Gründlichkeit betrieb. Um die Heimatkunde in weite Kreise zu bringen, gründete er 1912 mit Dr. Laurenz Pröll, dem Geschichtsschreiber Schlägls und mit Gottfried Vielhaber, dem Bibliothekar des Stiftes Schlägl, eine heimatkundliche Arbeitsgemeinschaft, die zahlreiche Mit¬ arbeiter gewann und dem Heimatgedanken durch Vorträge und Berichte in den Zeitungen immer größere Beachtung errang. Nach Prölls und Vielhabers Tod im Jahre 1913 war Sigl die Seele dieser Arbeitsgemeinschaft. Für seine unermüdliche und erfolgreiche Arbeit legen die vielen Ver¬ öffentlichungen (weit über 100) in den Beiträgen zur Landes- und Volkskunde Zeugnis ab. Er begeisterte durch sein Beispiel, durch Aufrufe und durch persönliche Fühlungnahme viele Heimat¬ freunde zu tatkräftigster Mitarbeit, gab ihnen Richtlinien für die weitere Arbeit und Weisungen für die planmäßige Erforschung und Bearbeitung einzelner Gebiete der Heimatkunde. Da ihm neben Büchern und Archivalien besonders das Volk und die heimatliche Landschaft als Quellen für seine Forschertätigkeit dienten, war sein Wissen so umfassend, daß sich bei ihm viele Gelehrte und Heimatfreunde einfanden, um von ihm zu hören und zu lernen; Sigl war ja in der Lage, zu vielen Fragen der Heimatkunde Stellung zu nehmen. Als Seelsorger kam er in die meisten Häuser seiner Pfarre und nahm stets gerne die Gelegenheit wahr, besonders mit alten Leuten über heimatkundliche Stoffe zu sprechen. Pfarrer Sigl, der persönlich vollkommen anspruchslos war, der von seinen wenigen irdischen Gütern oft mehr gab, als seine Wirtschaft ertragen konnte, und in seiner übergroßen Bescheidenheit nicht einmal zu seinem goldenen Priesterjubiläum eine gebührende Feier haben wollte, war ein temperamentvoller Prediger und Redner. Ich höre ihn noch heute, wie er in Haslach und Nohrbach bei Heimatabenden über die Familiennamen des Mühlviertels sprach. Da war Leben in dem kleinen Mann, mit wahrem Feuereifer behandelte er das Thema, der Schweiß perlte von seinem Gesicht; die Zuhörer aber saßen wie gebannt, wie aufmerksame Schüler vor ihm, um ja kein Wort aus seinem Munde zu überhören. Von besonderer Bedeutung sind seine Veröffentlichungen über Familien- und Ortsgeschichte (Kleinzell, Lembach, Niederkappel), über die vielen Schlösser und Ruinen des Mühlviertels, über Namenkunde (Tauf-, Familien-, Orts- und Flurnamen), über die Anlage der Dörfer, über die Zehente, Einteilung der Bauernhöfe, Einführung des Christentums und die ersten Pfarren des Landes, über schwere Kriegszeiten (Hussiten- und Bauernkriege, Franzoseneinfälle), über große Männer des Mühlviertels, über Volkskunst und Volksbräuche usw. Sehr interessant sind seine Ausführungen über das Handwerk der Steinmetze, über die Mundart des Mühlviertels, über alte Maße und Gewichte und über volkstümliche Redewendungen. Hervorzuheben sind noch seine „Bemerkungen“ in den Beiträgen, so nennt er bescheiden seine Veröffentlichungen, in denen er 84

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