OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 1

Khil: Adalbert Depiny reiche Arbeit, die vor allem der Habilitationsschrift galt, reiche Arbeitspläne mit den Freunden, die Wege in Wien so weit geebnet, daß die Verwirklichung seiner Habilitation nur eine Frage kurzer Zeit schien. Der Dienst an der deutschen Realschule in Görz war freilich nicht leicht. Die Mehrzahl der Schüler waren Nichtdeutsche, der Nationalitätenstreit zwischen Slo¬ wenen, Italienern, Friaulern und Deutschen in höchster Blüte — ruhige Schul¬ jahre waren es nicht, sie forderten den ganzen Takt des Lehrers. Aber die feste Gemeinschaft der deutschen Lehrer, die manch wertvolle Freundschaft einbrachte, die Schönheit der südlichen Landschaft, ein schönes Heim und vor allem die voller Tatkraft begonnene Forschungsarbeit machten diese Zeit wertvoll und ließen den jungen Lehrer reiche Erfahrungen sammeln. Er erkannte, was ihm schon in Schwaben in Bezug auf den Dichter klar geworden war, daß die Menschen nur aus ihrer Landschaft und volkstümlichen Umgebung heraus voll zu verstehen sind. Seine volkskundlichen Studien halfen gerade bei der schwierigen Behandlung der fremdsprachigen Schüler, denen er eben aus der Kenntnis ihres Volkstums heraus nahezukommen suchte. Dies und seine unbestechliche Gerechtigkeit erwarben ihm die Achtung der Schüler, sodaß er, im Gegensatz zu anderen, keine disziplinärer Schwierigkeiten fand. Umso tragischer war das Ende. Zunächst konnte er trotz glänzender Qualifikation die Versetzung von Görz nicht erreichen. Der Direktor, dem er als Direktionsadjunkt alle Arbeit machen mußte, wodurch er auch mitten ins Getriebe der nationalen Streitigkeiten kam, wollte seine Arbeitskraft nicht verlieren und fügte der Qualifikation, die er ihm vorgelegt hatte, heimlich den Zusatz „lungenkrank, braucht den Süden“" bei. Als Depiny davon Nachricht erhielt, konnte er durch ein amtsärztliches Zeugnis den Gegenbeweis erbringen, der Direktor wurde pensioniert. Aber die Versetzung nach Wien war hintertrieben. Inzwischen brach der Weltkrieg aus. Depiny hatte sich gleich zu Beginn freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet, war aber nicht angenommen worden. Bei der schwankenden Haltung Italiens lag Görz an gefährdetster Stelle. Die Amtsstellen versicherten noch wenige Tage vor der italienischen Kriegser¬ klärung, es komme nicht zum Krieg mit Italien, die Beamten sollten nichts von ihren Sachen wegbringen. Mit dem letzten Zug, der nach Norden fuhr, verließ Depiny die Stadt unter Zurücklassung seiner ganzen Habe, von der er nach dem Krieg nur mehr wenig wiederfand. Seine wertvolle Bücherei war verloren. Aber das Schicksal traf ihn noch härter. Er hatte in acht Jahren mühevoller Sammel¬ arbeit in einem Zettelkatalog die Vorbedingungen geschaffen für seine Habilita¬ tionsschrift über die Entwicklung des deutschen religiösen Schauspiels aus den lateinischen Spielen des Mittelalters. Diesen Zettelkatalog schickte er nach Linz die Kiste zerbrach und nur wertlose Reste der mühseligen Arbeit kamen in seine Hände. Damit waren auch seine Habilitationspläne gescheitert. Er scheint später, 1920, noch einmal daran gedacht zu haben, diese Arbeit wieder aufzunehmen, als er von einigen Schülerinnen die Reime alter Volksschauspiele verzetteln ließ. Durch seine Berufung zum Volksbildungsreferenten und andere Hindernisse wurde

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