OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 1

Bausteine zur Heimatkunde Das Schützenmahl der Stachelschützen In Lauffen, Steeg und Obertraun begingen im Oktober 1946 die „Stachel¬ (Armbrust)schützen“ ihr altüberliefertes „Schützenmahl“. Mit dieser schönen, volks¬ tümlichen Veranstaltung schließt alljährlich die sommerliche Schußzeit und dami das Schützenjahr ab. Zuerst aber hat jeder Schütze noch einmal Gelegenheit, seine Kunst zu be¬ weisen und die vielen kleinen Tücken seines „Stachels“ (Armbrust mit ursprünglich hölzernem, später stählernem Bogen) zu meistern. Es kommt ja nicht bloß darauf an, das Ziel richtig zu erfassen und mit ruhiger Hand im Korn zu halten, sondern man muß auch all den „Mucken“ begegnen, die jede Armbrust unter den un¬ berechenbaren Einflüssen der Witterung hat. Da heißt es also erst den „Stachel einschießen und erproben, wie hoch man den „Abseher“ schrauben, wie sehr man die Sehne straffen oder nachlassen, welche Bolzen man jeweils einlegen soll. Dazu kommt noch, daß die Schützengesellschaften von Obertraun und Steeg im Gegen¬ satze zu ihren Kameraden von Anzenau traunabwärts den sogenannten „Röhrl¬ stachel“ verwenden. Dieser umschließt das Geschoß mit einem richtigen Lauf und stellt damit an den Schützen weit höhere Anforderungen als die „Ballester“ mit ihren frei in der Rinne aufgelegten „Auflagsstacheln“. Die Schießstände und Scheibenstände („Panzer") waren zu dieser festlichen Gelegenheit heuer wieder prächtig mit Gewinden geschmückt und hoch vom „Fahnl¬ baum" überragt. Die Steeger Schützen hatten den ihrigen unter Leitung des Schützenwirtes in der Samstagnacht tief aus dem herbstlichen Bergwald geholt und aufgestellt. 14 Meter hoch ragte hinter dem Gasthaus Ferdin der schlanke geschälte Stamm mit einem geschmückten Fichtenbäumchen an der Spitze in den strahlenden blauen Herbsthimmel. Der Besuch des Endschießens durch 53 Schützen war hier so groß, daß die von ihnen gespendeten bunten Seidentücher für die Beste schier nicht mehr auf dem Baume Platz finden wollten. Die wunderschönen seidenen Halstüchel werden an dünnen „Fahnlstecken“ in die vorgebohrten Löcher des Baumes eingefügt — keine leichte Arbeit, die mit Hilfe von Steigeisen be¬ wältigt werden muß. Das weiße Fähnchen aber, der Trostpreis für den schlechtesten Schützen, den „Schneider“, flattert keck unten mit. Gegenüber dem Schützenstand, dessen Wände einige alte Gedenkscheiben schmücken, sind in Steeg zwei „Hauptpanzer“ (Scheibenstände), zwei „Inventions scheiben", eine „Gedenkscheibe“ und die bewegliche „Gamsscheibe“ aufgebaut. Eine sinnreiche Vorrichtung an den Hauptpanzern läßt bei Volltreffern die „Schützen liesl“ und den „Jager“ — buntbemalte Figuren über den eigentlichen Scheiben — hervorspringen und einige Böller krachen. Auf den Hauptscheiben werden „Teiler geschossen, das heißt die Einschläge im 5. (besten) Ring werden haargenau in ihrer Entfernung vom Scheibenmittelpunkt bestimmt. Das hiezu dienende selbstgefer¬ tigte Meßgerät stammt ebenso aus geschickten Schützenfingern wie die „Plattl¬ 78

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