Hoffmann: Osterreich und das Land ob der Enns in der kleinen Republik von 1918, die in ihrem Umfange der Gruppe der alten „Erblande“ annähernd gleicht, einen ziemlich angesehenen Platz eingenommen, der ihm in der jetzigen Krisenzeit nach dem zweiten Weltkrieg jedenfalls erhalten blieb, ja eher noch eine Steigerung erfuhr. Die begreifliche Genugtuung, welche seine einst als „Landler“ etwas geringschätzig betrachteten Bewohner darüber empfinden mögen, darf uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß dieser scheinbare Vorteil zu teuer erkauft ist. Mit der Lösung unseres Heimatlandes aus der alten Großmacht ist es wieder nach zwei Seiten hin zum Grenzlande geworden. Die derzeitigen Zonengrenzen an der Enns und Donau gemahnen an all die Drangsale seiner mehr als tausendjährigen Geschichte. Diese zeigt uns aber auch, daß unser Land nur immer dann glückliche Zeiten erlebt hat, wenn es umgeben und vereint mit jenen Landen, die unser heute so schwer heimgesuchtes Vaterland Österreich bilden, sein Dasein selbst gestalten konnte. Wir lernen aber auch aus der Geschichte, daß es falsch wäre, in einer anscheinend noch so verzweifelten Lage den Mut sinken zu lassen und sich selbst aufzugeben; waren es früher die Fürsten, wie Rudolf IV., Friedrich III. und Maria Theresia, die mit der Stärke eines unbeirrbaren Glau¬ bens an Österreich diesen Staat gegen alle Anfechtungen verteidigt und ihm damit die wichtigste Grundlage zu seiner künftigen Größe gelegt haben, so bildet jetzt das durch eine ruhmvolle Überlieferung gestärkte Selbstbewußtsein unseres ganzen Volkes die wichtigste Voraussetzung für eine bessere Zukunft. Nachträgliche Bemerkungen Die in dem vorliegenden Aufsatz gebrachten, von K. Kuich gezeichneten Kartenskizzen sind nur als Hilfe für die räumliche Vorstellung gedacht und dürfen in ihren Einzelheiten nicht als verläßlich und maßgebend angesehen werden. Mit Ausnahme der Skizze des Ottokarischen Besitzes auf S. 21, die auf der von R. Pirchegger entworfenen Karte in A. Mell, Grundriß der Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte des Landes Steiermark (1929) S. 22 beruht, sind alle anderen auf Grund von G. Droysens Allgemeinem Historischen Handatlas (1886) entworfen, da ein moderneres Werk nicht zur Verfügung stand. Es zeigt sich die dringende Notwendigkeit eines eigenen Historischen Schulatlas für Österreich, zumal die vorhandenen veralteten Werke Österreich wenig berücksichtigen und vom preußisch-deutschen Standpunkte aus angelegt sind. Das Mittelalter kennt allerdings noch keine Grenzen im heutigen Sinne, denn der geschlossene Flächenstaat bildete sich erst im 18. Jahrhundert aus. Daher stößt jeder Versuch einer karto¬ graphischen Darstellung früherer Zeiten auf große Schwierigkeiten. Von den einschlägigen Schriftwerken wären u. a. zu erwähnen: N. Egger, „Die öster¬ reichischen Länder im Altertum“ und O. Brunner, „Österreich, das Reich und der Osten im späteren Mittelalter“ in: Österreich (1937); H. Kretschmayr, Geschichte von Österreich (1936); H. Hantsch, Geschichte Österreichs Bd. 1 (1937); H. J. Bidermann, Geschichte der österreichischen Gesamtstaatsidee (1867/89); N. Sieger, Die geographischen Grundlagen der österr.-ungarischen Monarchie (1916); F. X. Pritz, Geschichte des Landes ob der Enns (1847); J. Lohninger, Oberösterreichs Werdegang (1916); J. Zibermayr, Noricum, Baiern und Österreich (1944); A. Hoffmann, „Oberösterreichs Schicksal im Wandel der Jahrhunderte“ in: Handel-Mazzetti¬ Festschrift (1946).
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