OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter bedeutete die Angliederung Böhmens eine Entlastung der bisher bedrohten Nord¬ grenze und eine Ausweitung des Handels, vor allem mit Salz. Die Regulierung des Moldauflusses durch den Oberösterreicher Seeauer (1550), sowie die Eröffnung des Ischler Salzbergbaues (1563), der Bau der Solenleitung und der Ebenseer Sudanlage (1607), gehen alle auf die systematische Steigerung der oberöster¬ reichischen Salzausfuhr nach Böhmen in wirksamer Konkurrenz zu Bayern, Salz¬ burg und Passau zurück. Desgleichen erlebte die Ausfuhr steirischer Eisenprodukte in die nordöstlichen Länder durch die Angliederung Böhmens einen starken Anreiz. Dagegen brachte die Erwerbung der ungarischen Krone für Österreich zu¬ nächst keinen Gewinn, sondern bloß die schwere Last der Türkenkriege. Schon 1529 wäre Wien beinahe dem Ansturm aus dem Osten erlegen, 1532 streiften türkische Scharen in der Gegend von Enns und Steyr bis ins Land ob der Enns herein, das wiederum dem Landesfürsten als Durchzugsgebiet wertvolle Dienste leistete und jetzt auch die Brücke zwischen Böhmen und Innerösterreich bildete. Durch die Länderteilung und die gleichzeitig damit eingerichteten Oberbehörden (die für Ober- und Niederösterreich nun bis zum Anfange des 18. Jahrhunderts maßgebende „Niederösterreichische Regierung“ in Wien) rückten das Land ob und unter der Enns wieder näher zusammen. Infolge der Abtrennung der Steiermark erwies es sich als notwendig, in der 1583 in Steyr errichteten Eisenobmannschaft auch für die Leitung des wirtschaftlich so wichtigen Eisenwesens einen gemein¬ samen Mittelpunkt zu schaffen. Trotz dieser Entwicklung können wir seitens des Landes ob der Enns selbst eine steigende Tendenz zur Verselbständigung bemerken, die sich vor allem in dem bereits erwähnten Rangstreit zeigt. Mit der Errichtung einer eigenen Finanz behörde, des Vicedomamtes, durch Maximilian I. erfuhr die bisher auf die Landeshauptmannschaft beschränkte Provinzialverwaltung ihre notwendige Er¬ gänzung, während auf der anderen Seite auch die Landstände mit den von nun an ständigen Kollegien der Verordneten sich ihre Selbstverwaltung einrichteten. Geistesgeschichtlich gesehen steht diese Entwicklung zum „Provinzialismus" im Zu¬ sammenhang mit der allgemeinen Neigung des Humanismus und der Renaissance zur Ausbildung der Individualität nicht bloß des Einzelmenschen, sondern auch der Gemeinschaften. Obwohl die Stände ob der Enns schon frühzeitig als radikale Anhänger des Luthertums hervortraten, bestanden sie sogar in religiöser Hinsicht auf eigenen Formen, obwohl dies für die Rechtsstellung ihres Protestantismus von Nachteil war. Wenn wir uns fragen, warum gerade das Land ob der Enns zur Zeit der Bauern- und Religionskriege einen vor allen anderen Ländern her¬ vortretenden Radikalismus zeigte, so können wir das Fehlen einer eigenen fürst¬ lichen oder bischöflichen Residenz und den damit verbundenen überwiegenden Einfluß eines unabhängigen Landadels als eine Quelle dieser Haltung betrachten. Auf der anderen Seite mag die allmähliche Herabdrückung der im Lande ob der Enns ursprünglich ähnlich dem baierischen Recht weiter gespannten bäuerlichen Rechtsfreiheiten auf die in Niederösterreich üblichen schlechteren Formen, sowie

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