Hoffmann: Hsterreich und das Land ob der Enns jener unter der Enns gemeinsam zu einem Herzogtume erhoben. Daraus ergäbe sich nun eigentlich eine gleichartige und gleichwertige Stellung der beiden Lande unter und ob der Enns, eine staatsrechtliche Folgerung, die, wie wir später noch sehen werden, zwar vom Lande ob der Enns vertreten, von den übrigen öster¬ reichischen Ländern jedoch nicht anerkannt wurde. Die zweite rechtliche Aus¬ wirkung war eine klare Zurückweisung aller von Baiern auf das Land ob der Enns erhobenen Ansprüche. Herzog Rudolf suchte aber auch noch in einer anderen Weise das Land ob der Enns für Österreich zu sichern, indem er die Grafen von Schaunberg, wohl auf Grund der Vorlage des Großen Freiheitsbriefes, im Jahre 1361 veranlaßte, ein Lehensbekenntnis auszustellen, aus dem die Zuge¬ hörigkeit ihrer Herrschaften zu Österreich einwandfrei hervorging. Bald nach dem Tode des noch jungen Fürsten (1365) vereinbarten seine feindlichen Nachbarn nichts weniger als eine Aufteilung Österreichs, derzufolge die Ungarn das Land unter der Enns, die Baiern dagegen das Land ob der Enns, Tirol und Kärnten erhalten sollten. Statt dessen kam es aber im Jahre 1369 zu einem Vergleich zwischen Baiern und Österreich, durch den die Baiern bloß Schärding am Inn erhielten. Eine völlig neue Lage ergab sich für das Land ob der Enns, als die Nach¬ folger Rudolf IV. entgegen seinem Willen, die ganze österreichische Herrschaft als eine nur von einem Fürsten regierte Einheit zusammenzufassen, zu einer Teilung schritten. Im Jahre 1379 wurden die österreichischen Länder in zwei Gruppen zerlegt, deren eine, Nieder- und Oberösterreich umfassend, unter die Regierung Herzog Albrechts fiel, während die andere mit Steiermark, Kärnten, Krain und Tirol an Herzog Leopold kam. Da bei der Teilung offenbar eine ungefähre Gleich¬ heit der Einnahmen erzielt werden sollte, können wir daraus auch auf die Ver¬ teilung der Wirtschaftskraft unsere Schlüsse ziehen. Es ist übrigens auffallend, daß in dem Teilungsvertrag ausdrücklich festgestellt wurde, daß die Herrschaft Steyr und das Ischelland (Salzkammergut) zum Lande ob der Enns gehörig sei, das zeigt uns deutlich, daß immer noch gewisse Zusammenhänge mit der Steier¬ mark bestanden, die sich vornehmlich bei Steyr aus der Verbindung zwischen dem steirischen Erzberg und dieser Stadt als Eisen-, Gewerbe- und Handelszentrum auch in wirtschaftlicher Hinsicht ergaben und deren Trennung daher sicherlich Schwierigkeiten ergeben mochte. Nieder- und Oberösterreich bildeten als eigentliches Herzogtum Österreich nach wie vor eine enge Gemeinschaft, die in der künftigen Entwicklung des mittel¬ alterlichen Staatenwesens bei den jeweiligen Plänen, den Donauraum von Öster¬ reich, Böhmen oder Ungarn her zusammenzufassen, eine ausschlaggebende Rolle zu spielen hatte. Umso notwendiger erwies es sich daher für Albrecht III., den Begründer der albertinischen Linie des Hauses Habsburg, die in einem kritischen Stadium befindlichen innerstaatlichen Fragen im Lande ob der Enns möglichst bald und abschließend einer Lösung zuzuführen. Es handelte sich nämlich bei der von ihm in Angriff genommenen „Schaunbergerfrage“ gar nicht bloß um die von
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2