Oberösterreichische Heimatblätter in den späteren Streitigkeiten um seine staatsrechtliche Stellung wiederum be¬ gegnen wird. Das altbaierische Stammesherzogtum gliederte sich in als Gaue benannte untere Verwaltungseinheiten, an deren Spitze Grafen ihres Amtes walteten. Unter den auf dem Boden des heutigen Oberösterreich eingerichteten baierischen Gauen war der von der Enns bis zum Hausruck reichende Traungau weitaus der größte und bedeutendste; er umfaßte das ganze Traunviertel und den Großteil des Hausruckviertels ohne das Gebiet des Bezirkes Vöcklabruck, mit dem sich ungefähr der ziemlich kleine Attergau deckte. Die Machtpolitik des altbaie¬ rischen Herzogtums richtete sich hauptsächlich gegen die in die südöstlichen Alpen¬ gebiete eingedrungenen Slaven, die sich vor den nachdrängenden Awaren unter die baierische Schutzherrschaft flüchten mußten; so kam das Gebiet von Steiermark und Kärnten frühzeitig unter die Oberhoheit der Baiern, die auf dem Wege waren, das alte Norikum gänzlich unter ihre Herrschaft zu bringen. Dem werdenden baierischen Großreiche bereitete jedoch Karl, der Herrscher des Frankenreiches, dem sich Baiern schon früher mehrmals unterordnen mußte, mit der Absetzung Tassilos, des Gründers von Kremsmünster (777), ein Ende. Die von ihm nach den großen Siegen über die Awaren (791 —796) geschaffene „Ostmark umfaßte nicht nur das gesamte norische Gebiet, sondern auch die im Osten an¬ grenzende ehemalige pannonische Provinz bis zur Donau-Save und erreichte im Süden mit Istrien die Adria. Innerhalb dieser großen Ostmark, welche die spätere Verbindung von Österreich und Ungarn vorausnahm, vereinigte Karl — ebenfalls in Anlehnung an das römische Ufernorikum — den baierischen Traungau mit zwei den Boden des westlichen Niederösterreich umfassenden Grafschaften zum „baie¬ rischen Grenzabschnitt im Osten“. Wir sehen daraus die stets wiederkehrende Erscheinung, daß nur ein vereintes Ober- und Niederösterreich imstande ist, eine von Österreich ausgehende politische Gestaltung im Osten erfolgreich zu halten. Das Land ob der Enns bildet den für Niederösterreich bzw. den Raum von Wien unerläßlichen Rückhalt für jede Staatsbildung, die irgendwie dem früheren oder späteren österreichischen Staate gleicht. Karls Reichskonstruktion war wohl für die Kraft des damaligen Kerngebietes zu groß und erlag sowohl im Westen als im Osten den auseinanderstrebenden Kräften. Für unseren engeren Bereich erwies sich jedoch eine seiner Schöpfungen, nämlich das von ihm im Jahre 798 gegründete Erzbistum Salzburg von dauern¬ der Wirkung, und zwar weniger für den kirchlichen Bereich, den das ältere Passau bis ins späte 18. Jahrhundert herauf beherrschte, als vielmehr dadurch, daß beide Bistümer späterhin (13. Jahrhundert) eigene Fürstentümer wurden, deren Gebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zum Lande ob der Enns lag. Salzburg im beson¬ deren schnitt die natürliche, der Salzach-Innlinie folgende Verbindung Donau¬ österreichs mit den westlichen Ländern ab, ein empfindliches Hemmnis, das erst mit der Angliederung Salzburgs an Österreich im Jahre 1816 — und auch da infolge des Anfalles des Berchtesgadener Landes an Bayern nicht zur Gänze — beseitigt wurde. 18
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