Oberösterreichische Heimatblätter Der Mensch Wir haben das Werk betrachtet und wollen uns das Bild des Menschen noch einmal vor Augen stellen: den durchgeistigten, früh ergrauten Gelehrtenkopf mit den warmen blauen Augen und dem gütigen Ausdruck. Ein Mensch, der Ver¬ trauen gab und errang. Eine feine Seele, die einem harten Geschick manchmal zu wehrlos gegenüberstand. Ein tiefer Denker, der in allen Fragen nach Klarheit rang und sie aus dem Wesen der Dinge zu erforschen suchte. Eine tief religiöse Natur, die das Licht über dem Alltag sah und ihm zustrebte. Voll unermüdlichen Forschungstriebes, voll Opfersinn und stets hilfsbereit. Ein pflichtbewußter Arbeiter, der seinen reichen Geist und sein tiefes Wissen nur allzusehr unter be¬ scheidener Zurückhaltung verbarg, aber doch vom Gefühl seines Wertes durch¬ drungen war — ein edler Mensch. Stifters Andacht zum Kleinen lebte in ihm und auch sonst läßt sich manche Ähnlichkeit in Schicksal und Wesen mit unserem großen Dichter finden. Oft wurde er mißverstanden, da seine stille, verschlossene Art ihm zum Hemmnis wurde. Zu oft hatte das Leben ihn enttäuscht, als daß er sich ihm noch so frei und voll hin¬ geben konnte. Wich aber der Druck von ihm, so konnte er auftauen zu einem köstlich feinen Humor, den man dem stillen Gelehrten kaum zugetraut hätte und der wohl auch in Ironie umschlagen konnte. „Dieses feine Gelehrtengesicht ist wie ein kostbares, einmaliges Kunstwerk aus einer Zeit, deren Schönheit nie mehr wiederkehren wird, nie mehr wiederkehren kann", mit diesen Worten hat ein feinsinniger Mensch den Eindruck seiner Be¬ gegnung mit Depiny geschildert. Wir wollen hoffen, daß wir nach Überwindung aller Schrecknisse dennoch einer Zeit entgegengehen, die wieder die Werte der Seele ergründet und in ihnen Genesung findet. Ein Wegbereiter solcher Entwicklung war Adalbert Depiny. Alle Unbill des Lebens konnte ihn nicht brechen, immer war ihm gewiß, daß über allem Menschenleben und Menschenleid das große Leuchten einer Idee steht, dem er zustrebte und das ihm auch die dunkelsten Stunden noch tröstlich erhellte. Es verdichtete sich ihm zu dem einfachen und tiefen Wort: Heimatliebe! 14 Martha Khil (Linz)
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