Johann Gotthard Hayberger 1695-1764

Klementinum in Prag und der Stiftsbibliotheken von Melk, Göttweig und Seitenstetten vor 1555 • Der raumverschwenderische Dekorationsplan Messentas wurde also zugunsten einer möglichst ökonomischen Nutzung der Wandflächen für die Aufstellung der Bücher und einer erhöhten Griffbereitschaft aufgegeben. Einen Gewinn bedeutete beim Bau des Bibliothekspavillons ctie Verlegung der Bildergalerie in den Raum über dem Treppenhaus, und die Verbindung dieses Raums durch eine Türe in der Mittelachse zur umlaufenden Galerie des Bibliothekssaals 1558 • Propst Johann Georg Wiesmayr führte als einen der Gründe, warum er den Raum über dem Treppenhaus als Gemäldegalerie bestimmte, an, daß solcher Bildersaal unter die 7 freien Künste gehörig, mithin nächst an die Bibliothek solchen zu plazieren für diensam befunden sei 1557 • Tatsächlich ist die Idee, Bücher-und Bildersaal in einem gemeinsamen »Haus« zu vereinen, ausgesprochen geistreich und kennt keinen Vergleich. Daß Hayberger oder Wiesmayr den Gedanken schöpften, Kunst und Wissenschaft unter einem Dach anzusiedeln, ist nicht anzunehmen. Denn am 22. Mai 1749 schrieb der Propst von Herzogenburg Frigdian Knecht an Wiesmayr 1558 : Den Floh, welchen wegen Transferierung der Bildergalerie in das Ohr sollte gesetzt haben, wünschte den Stachel noch mehr schärfen zu können, denn hiermit würde die kostbare Malerei in die Sicherheit gesetzt 1559, und das Vakuum trefflich adaptiert werden. Aus diesen Worten ist zu schließen, daß Knecht der Urheber des Plans ist. Möglicherweise steht aber hinter dem Gedanken auch Daniel Gran, der sich über Vermittlung Kned1ts mit der Verwendung und Ausstattung des Raums schon 1747, als er in St. Florian weilte, beschäftigt hatte 1580 • Als der Rohbau des Bibliothekspavillons 1746 unter Dach und Fach war, müssen Entwürfe Gotthard Haybergers für die Gestaltung der Ost- und Westfassade vorgelegen haben, da 1746/ 47 bereits an den Fenstereinfassungen gearbeitet wurde 1561 • Zwei Pläne mit Aufrissen der beiden Fassaden sind tatsächlich Abb. 86, erhalten, tragen aber das Datum 1748 1562 • Da der Aufriß der Westfassade bezüg87 lieh des Dachaufsatzes mit der mittleren Lukarne ein wenig von der ausgeführten Fassade abweicht, ist zu vermuten, daß die Pläne nid1t nachträgliche Bauaufnahmen darstellen, sondern die Risse Haybergers überliefern. Die westliche Hoffront des Bibliothekspavillons ist analog zur gegenüberliegenden Fassade des Treppenhauses von Kolossalpilastern gegliedert, die von Viertelpilastern hinterlegt sind und auf hohen Piedestals stehen. Die Mittelachse wird vom Portal eingenommen, über dem in beiden Obergeschossen gekuppelte Fenster angeordnet sind. Die übrigen sed1s Achsen zeigen einfad1e Fenster, von denen die des mittleren Stocks um einen Schuh höher sind als die im Erdgeschoß und im zweiten Obergeschoß. In sämtlichen Achsen sind die Fenster durch ihre Parapetts und Aufsätze zu festen Bahnen zusammengeschlossen, die aher weder mit dem Sockel, nod1 mit dem Gebälk des Gebäudes in Verbindung stehen. Die Bahnen können sich darum gegenüber dem Wandgrund nicht als selbständige Glieder behaupten; sie erscheinen vielmehr als Einschlüsse der Wand. Die nüchternen Rahmenformen tun ein übriges, die Fensterachsen nicht allzusehr zu betonen. Im ganzen erscheint die Wand - zumal im Vergleich zu den Fassaden von Treppenhaus und Marmorsaal - von akademischer Hölzernheit und Blässe. Die Wirkung des Dachs geht allein von den hohen Feuermauern und dem mittleren Dachaufsatz aus. Das schlichte, einmal abgestufte Satteldach, dessen First sich beträchdich über den der angrenzenden Dächer erhebt, formt den Baukörper nicht mit.

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