Johann Gotthard Hayberger 1695-1764

des zweiten Obergeschosses wieder auftaucht. Die drei Grundrisse scheinen also auf den ersten Blick nicht zusammenzupassen. Indessen ist dies nur bezüglich des zweiten Obergeschosses richtig. Die auf dem Grundriß des ersten Obergeschosses dargestellte Wendeltreppe sollte, das kann ohne weiteres vorausgesetzt werden, in das zweite Obergeschoß führen. Ihr Fehlen im Erdgeschoß ist also nicht verwunderlich. Zudem gibt der Grundriß des ersten Obergeschosses in der Westwand des Bibliothekssaals die Kaminschächte der im Erdgeschoß stehenden Heizöfen wieder; auf dem Grundriß des zweiten Obergeschosses fehlen sie jedoch. Damit steht unzweideutig fest, daß die Grundrisse des Erdgeschosses und des ersten Obergeschosses zusammengehören, der Grundriß des zweiten Obergeschosses jedoch einen selbständigen Plan bildet. Bei der Behandlung der Planungsgeschichte des Saaltrakts wurde bereits darauf hingewiesen, daß der Geometer Heiß als Planvorlagen für die Darstellung des Erdgeschosses und des ersten Obergeschosses aller Wahrscheinlichkeit nach jene Risse benützte, die der Polier Jakob Steinhuber 1740 nach den Gesamtanlageplänen Jakob Prandtauers von 1717 unter Berücksichtigung späterer Änderungen des 1726 gestorbenen Baumeisters angefertigt hatte1524 • Mit anderen Worten: Die Heißsehen Risse des Erdgeschosses und ersten Obergeschosses überliefern die Bibliothekspläne Prandtauers von 171 8. Als Vorlage für den Grundriß des zweiten Obergeschosses verwandte Heiß, wie Beobachtungen am Saal des Südtrakts zeigten, einen Originalplan Prandtauers von 17171525 • Hinsichtlich der Bibliothek konnte die Vorlage jedoch nicht so einfach übernommen werden wie bei der Zeichnung des Saals, weil sie noch das durch alle drei Geschosse reichende Treppenhaus aufwies. Da nämlich der Haybergersche Ba:u, der ja auf den Plänen von 1751 dargestellt werden sollte, statt des Treppenhauses im zweiten Obergeschoß die Gemäldegalerie birgt, mußte Heiß der erheblich veränderten Situation Rechnung tragen, obgleich er sich bei weniger auffallenden Abweichungen des bestehenden Baus gegenüber der Planung Prandtauers nicht zu Anderungen bequemte, wie die Risse der beiden unteren Geschosse der Bibliothek zeigen 1526 • Heiß richtete sich also bei seiner Wiedergabe des obersten Bibliotheksgeschosses weitgehend nach dem tatsächlichen Baubestand. Infolgedessen erscheinen auf dem Plan jetzt auch die Galerie im Bibliothekssaal und die zu ihr hinaufführende Wendeltreppe in der Mitte der nördlichen Schmalseite. Bezeichnenderweise ist aber der Raum der Gemäldegalerie mit der Prandtauerschen Treppenhaus-Spiegeldecke statt mit dem Haybergerschen Gewölbe wiedergegeben. Auch im Bibliothekssaal ist nicht Haybergers, sondern Prandtauers Gewölbekonstruktion eingezeichnet. Die Planung Prandtauers von 1718 stellt gegenüber derjenigen von 1716 und 1717 einen entscheidenden Fortschritt in Richtung auf eine repräsentative Innenwirkung des Bibliothekspavillons dar. Nun führt das Treppenhaus nicht mehr am Eingang zum Bibliothekssaal vorbei in das zweite Obergeschoß, sondern öffnet sich vor ihm zu einem großen einheitlichen Vorraum. Prandtauer beachtet hier zum ersten und einzigen Mal das in der gleichzeitigen Schloßbaukunst allgemein anerkannte Prinzip, dem Saal in der Tiefenachse ein Treppenhaus vorzulagern, das die Aufgabe hat, nur bis zum Saal und den im gleichen Stockwerk gelegenen Räumen zu führen. Abgesehen von Fischers v. Erlach 1700-1705 erbauten Schloß Klesheim bei Salzburg, ist dieser Gedanke in Osterreich um 1718 jedoch noch nicht verwirklicht worden. Erst in Hildebrandts Oberen Belvedere in Wien, das ab 1721 errichtet wurde, taucht die Idee in ausgereifter Form wieder auf. Hildebrandts Schöpfung geht in dieser Hinsicht auf das Schloß Pommersfelden bei

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