Darstellung des zweiten Obergeschosses den Originalplan Prandtauers von 1717, indes er bei den unteren Geschossen auf die Risse Steinhubers zurückgriff, die ihrerseits Prandtauers Pläne von 1717, wenngleich mit den Abänderungen von 1718, wiedergeben. Der Heißsche Grundriß des zweiten Obergeschosses zeichnet sich bezüglich des Saals durch eine bemerkenswerte Besonderheit gegenüber dem jetzigen Baubestand aus: Die Westwand des Saals ist zwischen den beiden mittleren Säulen Abb. 67 zum angrenzenden Raum des zweiten Obergeschosses geöffnet. Eine weitere, aber kleinere Offnung befindet sich an derselben Wand südlich daneben. Auf den ersten Blick erscheinen die beiden Wandöffnungen als Fehler des Zeichners. Bei dem kleinen seitlichen Wandloch liegt offenbar tatsächlich ein Mißverständnis vor, denn hier war sicher nur eine Mauernische für den Raum im zweiten Obergeschoß geplant, wie sie auch am heutigen Bau zu finden ist. Die mittlere große Öffnung scheint ebenfalls kaum glaubhaft, weil die hinter den Freisäulen der Saalwand angebrachten P.ilaster auf dem Plan eines Wandgrundes entbehren und - eine architektonische Unmöglichkeit - freistehen. Eine endgültige Entscheidung darüber, ob dem Ingenieur Heiß in Bezug auf die Mittelöffnung ein Fehler unterlaufen ist, oder ob er Prandtauers Plan von 1717 r,ichtig wiedergibt, hängt aber von der Frage ab, ob denn eine derartige Durchbrechung der Wand eines Saals überhaupt einen Sinn haben kann. In der Tat wäre der Mauerdurchbruch sinnvoll, wenn der obere Nebenraum des Saals als Musikempore gedacht war. Musikemporen sind in barocken Festsälen nichts Außergewöhnliches; zum Teil fordert sie die Architekturtheorie sogar. Von besonderer Bedeutung für St. Florian sind die Worte Sturms von 1699; er schreibt: Sofern man einen oder zwei besondere Plätze für die Musik begehrt, wie billig bei allen Hauptsälen geschehen sollte, ist es am besten, dieselben außerhalb des Saals an den schmäleren Seiten etwas in der Höhe zu suchen, und also anzubringen, daß der Schall durch große Öffnungen hinunterfallen könne. Es ist aber zugleich darauf zu sehen, daß entweder solche angehängte Plätze den Saal mit zieren helfen, oder daß man sie mit Gemälden zusetzen und verbergen könne, bis man ihrer zu Musik nötig habe 1314 • Angesichts dieser Sätze scheint es kaum zweifelhaft, daß Prandtauer Sturms Vorschriften kannte und tatsächlich einen Platz für die Musik außerhalb des Saals an einer schmäleren Seite etwas in der Höhe anlegen und so einrichten wollte, daß der Schall durch eine große Öffnung hinunterfallen konnte 1315 • Bei den Festsälen der Stifte Melk und Garsten richtete Prandtauer die Musikemporen in gleicher Weise ein, ließ die Räume aber nur durch Fenster mit dem Saal kommunizieren. Wie die Raumgrenze des Saals zu der Musikempore in St. Florian geplant war, geht aus dem Heißsehen Grundriß nicht eindeutig hervoL Es spricht aber alles dafür, daß Prandtauer daran dachte, die Offnung durch ein Bild zuzusetzen, wie es Sturm empfiehlt. Die freistehenden Pilaster sollten also wahrscheinlich nur aus Holz bestehen und unmittelbar auf dem .Versatzstück aufliegen. Als Darstellung des Vorsatzbilds dürfte am ehesten eine perspektivische Scheinarchitektur in Betracht kommen, die auf der gegenüberliegenden Seite in Fresko auszuführen gewesen wäre. Vielleicht läßt sich sogar eine Ausgabe im Jahre 1723 an den Architekturmaler lppolito Sconzani wegen eines auf die Mauer in Fresko neu gemalenen Prospekts auf die tatsächliche Ausführung einer derartigen Malerei, die dann wieder entfernt worden sein muß, schließen im_ Sconzani arbeitete zu dieser Zeit auch an der Architekturmalerei der Saaldecke1317 • Grundsätzlich hätte natürlich auch die Möglichkeit bestanden, die Offnung mit einem Balkon zu versehen, der
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