Stadt Steyr Verzeichnis der Häuser und Besitzer 1866

63 — Rudigier zu Linz die feierliche Grundsteinlegung zum Bau des Waisenhauses bei St. Anna statt.*) Nachdem Se. k. k. apost. Majestät die am 19. Jänner 1861 erfolgte Wahl des Herrn Anton Haller zum Bürgermeister der Stadt Steyer allergnädigst gu be­ stätigen geruhten, so wurde am 10. Februar 1861 die Beeidigung desselben durch Se. Excellenz den Herrn Statthalter Eduard Freiherrn v. Bach vorgenommen. Näheres über die Feierlichkeit ist im Alpenboten Nr. 7, 1861, enthalten. Am 24. September nahm der hochw. Herr Bischof von Linz Franz Joseph Rudigier unter zahlreicher Assistenz die feierliche Einweihung des von der Familie Werndl nächst dem Krankenhause zu St. Anna gegründeten Waisenhauses vor, ließ sich im schön geschmückten Saale vom katholischen Frauenverein die in Pflege und Erziehung genommenen 20 Waisenkinder vorstellen, hielt eine ergreifende Ansprache über die christkatholische Bestimmung dieses Institutes und ertheilte am Ende. der zahlreichen Versammlung den feierlichen Pontificalsegen. Eine Abtheilung des Bürger­ corps war zu dieser kirchlichen Feier als Ehrenwache ausgerückt. Am 12. October wurde in der St. Annakapelle um 7 Uhr früh Amt und Predigt gehalten, worauf die Eröffnung des Waisenhauses stattfand und die aufgenommenen Waisenmädchen mit ihren Lehrerinen in ihre neue Heimäth eingeführt wurden. Am 11. November um 1 Uhr früh verschied hier der geistl. Rath und hochw. Jnstitutsdirector des St. Anna-Spitals, der barmherzigen Schwestern Herr Carl Aigner im 51. Lebensjahre, nachdem derselbe in Steyer ununterbrochen durch mehr als 24 Jahre mit unermüdlichem Eifer im Seelsorgsbernfe gewirkt hatte. Derselbe hat sich durch die Gründung der katholischen Vereine in Steyer, Einführung der barmherzigen Schwestern, Errichtung des katholischen Waisenhauses u. dergl. sehr große Verdienste' für die Gemeinde errungen. Seine letzte Rede bei Einführung der Waisenkinder in das erbaute Waisenhaus bezeichnete er dadurch, daß er sich glücklich fühle, von Gott die Gnade erlangt zu haben, drei besondere Freuden zu erleben, nämlich das Spital zu St. Anna gebaut und den Orden der barmherzigen Schwestern eingeführt zu haben, seine Reise nach Jerusalem und das Waisenhaus. Am 1. December wurde in der hiesigen Stadtpfarrkirche vom hochw. Herrn Bischof unter zahlreicher geistlicher Assistenz und im Beisein einer bedeutenden an­ dächtigen Volksmenge die neue Kanzel eingeweiht. Dieselbe wurde vom Bildhauer Westerreicher in Linz um 1700 fl. ö. W. angefertigt. Jtt Folge anhaltender Regengüsse und dem dazu eingetretenen Südwind, welcher im Gebirge die Schneemaffen in wenigen Tagen zusammenschmolz, erreichten die Flüsse Enns und Steyer am 2. Februar 1862 eine seit Jahren nicht mehr ge­ kannte Wafferhöhe. Von der Neubrücke, welche erst im Herbste 1861 am Oberbau fast neu hergestellt worden ist, wurden durch den Andrang dahergetriebener Bäume und Bruchstücke zerstörter Brücken die drei mittleren Joche nebst dem ganzen Ober­ bau der Brücke weggerissen und an den Seiten stark beschädigt; die untere Enns­ brücke blieb durch das zufällig glückliche Durchrinnen der Holzmaffen zwischen den Jochen verschont. Bis Ende des Monats Mai war die Neubrücke jedoch nur mehr mit 4 Jochen neu hergestellt und für den Verkehr eröffnet. Am 3. Februar 1862 ist Se. Durchlaucht Herr Gustav Fürst von Lamberg, Besitzer der Herrschaft Schloß Steyer rc. in Wien verschieden. Am 7. September feierte die Stadt Steyer ein erhabenes, ttt den Annalen der Stadt denkwürdiges und heiliges Fest, nämlich das Fest der Fahnenweihe, welche durch den hochw. Herrn Bischof vorgenommen und durch die Anwesenheit der poli­ tischen, Militär- und richterlichen Autoritäten, der Gemeinderepräsentanz, dann vieler von Nah und Ferne herzugereisten Bürgercorps oder deren Deputationen, so wie durch ein unzählbares Publikum verherrlicht wurde. Ueber dieses Fest wurde *) Siehe Alpenbote 1860, Nr. 24.

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