Stadt Steyr Verzeichnis der Häuser und Besitzer 1866

— 48 — 30 Jahre lang mit Blut tränkte, die grause Zeit des Faustrechtes zurückrief und auch unsere damals reiche Stadt dem Untergange nahe brachte. Diese schloß sich an die protestantischen ob der enns'schen Stände an, welche dem streng katholischen Kaiser Ferdinand II. die Huldigung verweigerten und gegen ihn zu Felde zogen. Unter der Leitung des Stadtrichters Wolfgang Madlseder wurden von der Stadt Truppen geworben und ausgedehnte Verschanzungen errichtet; doch nahmen am 17. August 1620 die mit dem Kaiser verbündeten baierischen Truppen ohne Wider­ stand Besitz von der Stadt. Ferdinand, welcher bisher immer siegreich gewesen, be­ gann nun 1624 mit Kraft die katholische Reformation in seinen Staaten. Am 9. October kam die kaiserliche Reformationscommission zuerst, und auch in den fol­ genden zwei Jahren sehr oft nach Steher; die protestantischen Prediger und Lehrer wurden abgeschafft, der katholische Gottesdienst wieder eingeführt, die Dominikaner zurückgerufen, der Magistrat zur Verantwortung gezogen und mit Katholiken besetzt, und allen Protestanten eine peremtorische Frist zur Glaubensänderung oder Aus­ wanderung gesetzt. Da sich die im Jahre 1583 zu Steher unter Garantie der Stadt gebildete iunerberg'sche Eisenhandlungs-Gesellschaft Schulden halber aufgelöst hatte, so sandte Kaiser Ferdinand II. anno 1625 eine Hofcommission nach Eisenerz, und es wurde nun nach langer Unterhandlung die Hauptgewerkschaft aus drei Gliedern, nämlich den Radmeistern in Eisenerz, den Hammergewerken und der Stadt Steher als Ver­ legerin mit einem Gesammtvermögens -, oder eigentlich Schulden - Stande von mehr als 900,000 fl. exrichtet, wobei die Stadt Steher mit 348,731 fl. betheiligt wurde. Im Jahre 1626 empörten sich, durch die Härte des ob der enns'schen Statthalters, Grafen von Herberstorf, und seiner baierischen Soldaten aufgereizt, die größtentheils protestantischen Bauern des Hausruck- und Mühlviertels, der furcht­ bare Bauernkrieg unter der Leitung des Stephan Fadinger begann und verheerte bald die ganze Provinz. Am 31. Mai kam Fadinger, von dem gewesenen Stadt­ richter Wolfgang Madlseder heimlich aufgefordert, mit 40,000 Bauern und 20 Ka­ nonen nach Steher, nachdem vorher die Magistratualen, Geistlichen und meisten Katholiken entflohen waren. Madlseder riß nun die.städtische Gewalt an sich, Fa­ dinger präsidirte am Rathstische und Steher diente nun den Bauern als wichtiges Depot bei ihren Kriegsoperationen in Ober- und Niederösterreich. Am 22. August endlich erschienen kaiserliche Truppen unter Obrist Löbl, vertrieben die Bauernbe­ satzung aus der Stadt, besetzten selbe, und die Soldaten plünderten und verwüsteten nun die Häuser der Protestanten, sowie dieß früher die Bauern an den Häusern der Katholiken, den Kirchen und Klöstern gethan hatten. Später spielte der Bauern­ krieg nicht mehr in der Nähe Steyer's, und erreichte überhaupt im December sein Ende. Am 26. März und 23. April 1627 wurden nun in Linz nebst vielen Bauern­ häuptlingen auch die compromittirten Steyerer: Wolfg. Madlseder, I)r. Lazarus Holz­ müller, Hans Angerholzer und der Stadtkämmerer Hans Himmelberger enthauptet und geviertheilt, dann die Köpfe der zwei ersteren durch duvch den Scharfrichter auf einem Pranger vor dem Rathhause zu Steher aufgesteckt. Da im Mai 1627 der letzte Termin zur Glaubensänderung der Protestanten ablief, so wanderten nun die vermöglicheren Bürger aus. In den Jahren 1634 und 1635 wüthete die Pest. Der Religionskrieg verheerte Deutschland noch bis 1648, und die unauf­ hörlichen Durchmärsche und Requisitionen raubsüchtiger Söldnertruppen erpreßten das letzte Mark unserer Stadt, welche endlich so. tief herabkam, daß sie eigentlich nur mehr einer großen Ruine glich; denn von 600 bürgerlichen Häusern standen nach ämtlicher Erhebung 228 öde, ohne Eigenthümer und Bewohner, ja 70 davon waren sogar bereits eingestürzt und von 191 weiteren waren die Besitzer ganz ver­ armt; weit über 100,000 fl. rückständige Steuern mußten abgeschrieben werden, und auch der Schuldenstand der Stadtcommune ging in die Hunderttausende. Dafür bekam nun die Stadt, nach der damaligen Völkerbeglückungsidee der kirchlichen Re-

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