Aus dem bürgerlichen Leben vergangener Tage

5 Ich habe es nicht über mich bringen können, die Sprache der lfatsprotokolle in unser Neuhochdeutsch zu übertragen. Ich finde nämlich , daß der altertümliche weitschweifige Stil · mit seinen un - beholfenen Satzfügungen und dem gelegentlichen dialektischen Ein- schlage einen ganz eigentümli chen Reiz besitzt, den auch unsere heimische Schriftstellerin Enrica v. Handel-Mazzetti in „Jesse und l\1aria" und in der „Armen Margaret" mit so viel Geschick und so großem Erfolge zu verwerten wußte. Mögen auch manche der von mir ausgewählten kulturgeschicht- li chen Bilder aus dem alten Steyr für den ersten Blick unbedeutend erscheinen, so gewinnen sie doch an Wert durch den Vergleich mit der Gegenwart. Ganz unbedeutend ist nichts aus dem Leben unserer Altvorderen, denn mit unsichtbaren Fäden ist unser \Mesen mit dem ihrigen verknüpft. Die große Vielseitigkeit des in diesem Aufsatz bearbeiteten Stoffes nötigte mich, manche Erkundigung einzuziehen. Es sei mir daher gestattet, der k. und k. Direktion des Kriegsarchivs in Wien, ferner Herrn Hofrat Dr. Arnold Lu s chi n v. Eben g reut h in Graz, Herrn Dr. Ferdinand Kr a c k o w i z er, Landesarchivar d. R. in Linz und Herrn Kollegen Dr. Adalbert Ho r c i c k a für so manche liebens- würdige Aufklärung und Anregung meinen aufrichtigsten Dank aus- zusprechen. *· * * Das Leben als vollberechtigter Bürger begann mit der Erlangung des ßürg·errechtes. Hiezu verlangte der Magistrat den Nachweis der ehelichen Geburt mittels des sogenannten Geburtsbriefes, den Nach- weis des Hausbesitzes, 1 ) die Erlegung des Bürgergeldes, 2 ) ferner die Ablegung des Bürgergelübdes, die Einverleibung ·in die bewaffnete Bürgerschaft, nicht selten auch die Anschaffung vo n Löschgeräten . In einer Bürgerrechtsverleihung vorn Jahre 1681 beißt es: ,,Dem Franz Vischer Klampferer 3 ) wird das erbetten Bürgerrecht gegen Erlag von 4 Reichstaller 4 ) Bürgergeld hiemit erteilt. Er soli sich bey nächster Session zur Ablegung des Bürger Glib (sie) mit aigentümblicher 5 ) Ober- und Unterwöhr 6 ) und ainem aus dem Steuerarnbt erhebten 1 ) Di e Gewerbegerechtigkeiten waren zumeist radiziert, d. h. an ein bestimmtes Haus von altersher gebunden. Doch kamen auch „ Transferierungen der Gerechtigkeiten" vor. 2 ) Diese Taxe war nicht immer gleich hoch. B) Klempner, Spengler. 4 ) Der Reichstaler galt damals 1 n 36 kr; durch das kaiserliche Patent vom 28. September 1692 wurde er auf den Wert von 2 fl gesetzt. Vgl. Ernst, Geschichte des östen-. Münzwesens im Österr. Staatswörterbuch S. 258 f. 5 ) d. h. ihm selbst gehörigen. 6 ) Oberwehr ist die Muskete, Unterwehr der Säbel.

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