Aus dem bürgerlichen Leben vergangener Tage
12 Nicht selten wurden bei allgemeinen Anliegen Bittandachten abgehalten, an denen sich zuweilen die ganze städtische Bevölkerung beteiligte. So vvurde 1716 ein siebenstündiges Gebet „zur g lüc klichen Erlangung eines Thronerben" in der Stadtpfarrkirche angeordnet. Es hatten an der Andacht teilzunehmen: ,,von 8 bis 10 Uhr der löb li che Magistrat und die gesambte Bürgerschafft, von 10 bis 11 Uhr die teutschen Schuelkinder, 1 ) von 11 bis 12 die Spitall er und die armen Leuth, von 12 bis 1 die Dienstbotten, von 1 bis 2 die lateinische Con- gregation, von 2 bis 3 wiederumb Magistrat und gesambte Bürger- schafft. Der Magistrat wünscht besonderen Euffer zu mehrerer Sicherheit und beständiger Beruhigung dero gesambten Königreichen und Ländern." Als im Sommer 1751 anhaltendes Regenwetter die Feldfrüchte gefährdete, verordnete der Magistrat „ein dreytägiges Gebett mit regelmäßiger Lesung von vier hayl. Mess en. Herr Pfarrer soll Vor- und Nachmittag alle Glocken läuten lassen zur Zerteilung des Gewölks, 2 ) überdieß sollen die Herren Capuciner ersucht werden, daß sie ihre P. P . Novitios eine Stund lang in der Stadtpfarrkirchen andächtig betten zu lassen belieben möchten". Ebenso beschließt in dem reg- nerischen Sommer des Jahres 1770 der Magistrat, daß „zur Auffheiterung des Luffts die Glocken geläutet und die Studenten unter der Leitung des P . Rectoris der Jesuiten Betstunden abhalten sollen". Siege der kaiserlichen 'vVaffen wurden durch Dankprozession und Dankgottesdienst gefeiert; daran schloß sich gewöhnlich eine ,,feyerliche Mahlzeit". Der große Sieg des Prinzen Eugen über die Türken bei Zenta am 12. September 1697 gab den Anlaß zu einer großen Dankprozession; auf diese folgte die Bewirtung und Beteilung der Armen, die an der Prozession teilgenommen hatten. Der Magistrat ordnet an: ,, Für die armen Leuth aus denen Armenhäusern, die mitziehen, die Verab- reichung von ein Sti·ckhl prätl und ½ 'vVein, für die andere arme Leuth, die mitziehen 1 Kreuzer; denen Schuelkhindern nihil !" Am 21. Dezember 1704 wurde die Eroberung der Festung Landau durch ein festliches Tedeum gefeiert. ,, Um 8 Uhr vormittags soll die gesambte Bürgerschafft sich in der Stadtpfarrkirche versamblen, der Herr Stadthauptmann soll mit der Mannschaft allermassen, wie am Fronleichnamstag gewöhnlich, außer die Pecken, 3 ) am Platz erscheine n, der Herr Zeugsleutnant aber veranstalten, daß 60 Stuck 4 ) und Doppel- 1) Die teutschen Schulen sind in gewissem Sinne die Vorläuferinnen unserer Volksschule, die lateinischen Schulen die unseres Gymnasiums. 2 ) Es bestand wirklich der Glaube, daf3 durch das Schwingen der Glocken das Gewölk vertrieben werde(l könne. Daher auch das so gefährliche Wetterläuten . 3) Die Bäcker, welche um diese Zeit nicht von ihrer Arb eit abkommen konnten. 4 ) Geschütze, Kanonen.
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