Aus dem bürgerlichen Leben vergangener Tage

11 Der Schulmeist er war daher angewiesen auf das Schulgeld, welches ihm die Kind er brachten, auf den Ertrag des Singens von Haus zu Haus, welches Jen Schulkindern an bestimmten Tagen gestattet war, auf das Halten von Kostknaben und auf aller lei Neben- verdienste. Daß es mit der Einrichtung der Schulräume oft kläglich bestellt war, beweist die wiederholte „ wehmütige" Bittschrift desselben Schul- meisters Scheidlperger vom Jahre 1670, der wohl weise Rat möge doch den Schulofen wiederherstellen lassen, der „schon gantz darnieder- gehaizt" sei. Unter den Nebenverdiensten der Schulmeister \Verden besonders die Verfassung von Gelegenheitsgedichten und das Aufspielen in den \Virtshäusern und auf dem Tanzboden angegeben. Deswegen gab es sogar harte Kämpfe zwischen den Schulmeistern und dem Stadt- türmer, welcher für sich allein das Recht beanspruchte, mit seinen Leuten zum Tanze aufspielen zu dürfen. Es ist begreiflich, daß man in späterer Zeit , als für die Hebung des Schulwesens viel geschah, mit den Nebenbeschäftigungen, welche das Ansehen des Lehrers schädigten, endgiltig aufräumte. Daher ver- fügt 1783 der Magistrat: ,, Die Schulmeister sollen zu ihren Pflichten angehalten und deren Nebenverdienste mit Musizieren in denen Vvirths- häusern abgestellt werden". Nach der Durchführung der Gegenreformation findet das katho- lische Religionswesen eine lebhafte Betonung und eifrige Übung. Die Fronleichnamsprozession, welche in Steyrs protestantischen Zeiten ganz abgekommen war, l) entfaltete nunmehr wieder ihren Glanz und Prunk. 1662 nahmen „ 100 bürgerliche Mußquetierer und Hellepartierer, letztere zur Begleittung des Himmels 2 ) und des Venerabile", daran teil und wurden darnach „die einen beym Herrn St-adtrichter Georg Galnperger, die andern bei denen P. P. Capucini.s feyerlich tractieret". 1739 zählt das Ratsprotokoll von der bewaffneten Bürgerschaft als Teilnehmer an der Fronleichnamsprozession t\ ilgende auf: ,,13 Cor- porallen, 6 Hoboisten, 2 Feldscheerer, G Fourirschützen, a) 9 Tambour, 2 Pfeiffer, 20 Piquenierer, beyläuffig 170 Gerneine, .12 Gefreyte, ü Kunst- Stäbler, 4 ) 5 Fliegenschützen, 5 ) 8 Stuckh-Knecht" . 6 ) 1 ) Sieh Preuenhuber, Annales Styrcnses S. 272. 2 ) Tragbald achin. 3) Soldaten, welche dem Quartiermachenden zugeteilt' wurden. 4) Konstabler sind Büchsenmeister, denen die Instandhaltung der Geschütze an- vertraut war. Dolleczck, Geschichte der österreichischen Artillerie, S. 50 f., S. '.208, 209. 5) Wahrscheinlich Scharfschützen. Fliege ist der vordere Teil der Zielvorrichtung an den l'v!usketen. 6 ) Bedienungsmannschaft der Geschütze.

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