Projektdokumentation "Nationalsozialismus" der HBLA Steyr 1992/93

Arbeit undWirtschaft im Dienste des Nationalsozialismus Arbeitsplätze für den Krieg Der drastische Rückgang der Arbeitslosigkeit in Österreich nach dem Anschluß 1938 läßt sich nicht auf öffentliche Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zurückführen. Es wurden Kasernen errichtet, Rüstungsbetriebe und die Reichsautobahn gebaut. Diese rasche Inszenierung der Arbeitsbeschaffung motivierte viele Menschen, dem Nationalsozialismus zu folgen. Die Umstellung auf die totale Kriegsproduktion erfolgte jedoch erst 1942/43, als sich militärische Mißerfolge einstellten. Es wurden die KZ-Häftlinge und Gefangene ebenso in den Rüstungsbetrieben eingesetzt wie junge Mädchen und Frauen. In einigen Aussagen kann man die Stimmung der damals betroffenen Menschen gut erkennen: „Natürlich hat man nach dem Einmarsch eine Besserung gespürt. Alle Bauern glaubten an die Versprechungen Hitlers. Auf einen Schlag waren die Schulden weg. Jeder schrie nur mehr ,Heil Hitler'." „Die Leute hatten wieder Arbeit. Die meisten jedoch mußten einrücken, doch niemand hat es wirklich etwas ausgemacht. 1938 waren eigentlich alle zufrieden, den Bauern und den Arbeitern ging es wesentlich besser." ,,Als man sah, daß man Arbeit bekam, gingen plötzlich sehr viele zu dieser Partei." „Wir waren nicht so begeistett. Wir hatten Angst, weil sie so gegen die Kirche waren. Am Land hatten wir keine Besserung gespürt." „Hitler wurde der Befreier Österreichs genannt. Aber wovon er Österreich befreit hat, das weiß ich heute noch nicht. Hinter vorgehaltener Hand sagten die Leute: ,Hitler ist der Befreier von Butter und Eier' ." Zitiert bei: Die zwei Wahrheiten. Eine Dokumentation von Projekten an Schulen zur Ze itgeschichte im Jahr 1988 . LöckerVerlag Wien /989, 180!) Nach dem Anschluß 1938 fand man für die halbe Million österreichischer Arbeitsloser Beschäftigung in der Rüstungsindustrie und in der Wehrmacht. Gleichzeitig ging der gesamte Besitz Österreichs an Deutschland über. Zahlreiche Unternehmen gingen durch politischen Druck in deutsche Hände über. Österreich wurde von den NS-Machthabern schon vor dem Anschluß als wirtschaftlicher Ergänzungsraum für das deutsche Reich in die Aufrüstungspläne einbezogen. An Österreich interessierten vor allem die Bodenschätze, der Holzreichtum, die unausgenützten Reserven der Wasserkraft, aber auch das Heer der Arbeitlosen, die brachliegenden Industriekapazitäten, die Banken und nicht zuletzt die Gold- und Devisenreserven der Österreichischen Nationalbank. Das Märchen von „Arbeit, Brot und Wohnung für alle" am Beispiel Steyr Uer Ausbau der Städte Steyr und St.Valentin stand in enger Verbindung mit der Aufrüstung des Dritten Reiches und den Vorbereitungen eines bevorstehenden Krieges. Der Nationalsozialismus stellte sich als Retter der Arbeiter und Beseitiger des Arbeiterelends dar. In Steyr arbeiteten 1938 9.390 Arbeitskräfte vorwiegend für die Rüstung. Die Zahl sollte sich bis Kriegsende verdreifachen. Ende 1941 erreichte die Stadt bereits die 50.000 Einwohner-Grenze. Um Wohnungen für die Arbeiter zu schaffen, entschlossen sich die Steyr-Werke zum Bau der Großsiedlung Münichholz, in St. Valentin zur Errichtung der Siedlungen Langenhart und Herzograd. Von allen Himmelsrichtungen des Großdeutschen Reiches strömten nun Menschen nach Steyr und fanden hier eine neue Arbeitsstätte. Die Beschaffung der Arbeitsplätze und die Errichtung 10

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