Grüne Steyrzeitung Nr. 1, Oktober 1996

4« einen Haushalt ■ P.b.b. Herausgegeben von der Grün llternativen Liste >Die Grünen- Steyr Uerlagspostaml und Erscheinungsort 4400 Steyr rune Aus dem Inhalt: 2 • Initiativen für Steyr 4 • Grüne Budgetakzente 19146 7 ■ Jugendprobleme Resthof 8 ■ Rückkehr nach Bosnien? 10 • Grüne Erauenthemcn Steyrzeitung Nummer 1 Informationen für Bürgerinnen zu Politik & Kultur Februar 1996 Flüchtlinge in Österreich Freunde (Für Predrag, Medina und Nerino) Es ist vier Uhr in der Früh. Die Autohahn nach Wien ist Tast leer. Mein sechsjähriger Sohn schläft, und mein Mann fährt stillschweigend. Ich wette, er hat die gleichen Gedanken im Kopf wie ich. Am Flughafen in Wien werden wir unsere besten Freunde zum ersten Mal nach vier Jahren sehen. Es ist Zeit genug, ein „Hallo“ zu sagen und schon werden sie weil weg sein. Sie wandern nach Australien aus, suchen eine neue 1 leimat. Wie wir alle, fliehen sie vor der Gegenwart, vor unserer Heimat, vor dem blöden Krieg. Die zweistündige Fahrt und ihr Ziel sind eine Gelegenheit. über die Vergangenheit nachzudenken. Manchmal denke ich, das ist das Einzige, was ich tue, seit dem ich mein Bosnien verlassen habe. Es gibt keine Gegenwart, die Zukunft ist irgendwo stehengeblieben, aber die Vergangenheit ist immer da, ist mein tägliches Brot geworden. Die schönen Zeiten, als wir in der Schule waren, als wir unsere ewige Liebe entdeckten, als wir in unseren langen nächtlichen Gesprächen durch ferne Länder reisten, es ist jetzt alles wieder da. Dann kamen die Hochzeiten, die gemeinsamen Studien, die langweilige Wohnungssuche, die ersten Babies in der Clique. Und das alles haben wir nicht allein durchgemacht. Für jeden von uns war ein Freund da. Und wo sind sie jetzt alle? Sagt man nicht: Man ist zu Hause, wo man Freunde hat? Und wo sind meine? In Amerika, in ganz Europa, in Australien... Nocheine halbe Stunde und wirsind am Flughafen. Ich bin sehr aufgeregt. Glücklich und traurig gleichzeitig. Das lang erwartete Wiedersehen und gleich der Abschied! Predrag und Medina haben inzwischen einen dreijährigen Sohn Nerino. Einen kleinen Menschen, den wir zum ersten Mal sehen werden. Wem sicht er ähnlich? Sind sie gute Ellern? Wie haben sie vier Jahre des Krieges gelebt und überlebt? Viele Fragen, für die ich nur drei Stunden habe. Sie sind die Freunde, deren Traum, in einem fernen Land zu leben in Erfüllung ging. Aber wie! Weil der große Wahnsinn zu uns kam. Weil wir nicht ein Teil davon sein wollten. Und unter welchem Preis! Die TYennung von den Eltern, von den besten Freunden. Wir sind überall, nur nicht mehr zu Hause. Und wo ist jetzt die warme, sichere, freundliche Heimat? Wir hoffen alle, sie gefunden zu haben. Predrag und Medina in Australien, wir in Österreich. Oder ist das nur noch ein Traum? P.S. An Predrag und Medina! Liebe Freunde! Seil dem Treffen am Flughafen sind schon fast zwei Monate vergangen. Jetzt weiß ich: Nerino sieht Predrag ähnlich, und Ihr seil gute Ellern. Ich kann kaum erwarten, daß wir uns zusammen setzen, einen Kaffee trinken und wie damals lachen und weiter träumen, .-luslralien ist ja nicht so weit. Und wir sind dicke Freunde. Gebt dem kleinen Menschen ein Küßchen. Prijatelji (Za Pedraga, Medina i Nerina) Cetiri sata ujutro. Cesta za Bet je skorpo prazna. Moj Sestogodisnji sin spava, suprug vozi cuteci. Kladim se, kroz glavu mu prolaze iste misli kao i meni. Idemo na BeCki aerodrom da sretnemo naSe najbolje prijatelje, prvi put nakon skoro Cetiri godine. Imamo dovoljno vremena za jedno >Zdravo< i oni ce vec biti daleko od nas. Iseljavaju za Australiju, trazeci novi zaviCaj. Kao i svi mi, bjeze od sadaSnjosti, od naseg zaviCaja, od ludog rata. Dvosatna voznja i njen cilj priiika su za razmisljanje o proSlosti. Ponekad mi se Cini da je to sve Sto Cinim u ove Cetiri godine, od kako sam napustila moju Bosnu. SadaSnjost ne postoji, buduenost kao da se negdje zagubila, ali proslost je uvijek tu, postala je >kruh moj svakodnevnic. Lijepa vremena, kad smo u nasim dugim nocnim sjedeljkama putovali kroz daleke zemlje, sad je sve ponovo tu. A onda su dosle svadbe, zajednicko naporno trazenje posla, hiljadu puta zapocete i prekinute studije, dosadno trazenje stana. prve bebe u klapi. I kroz sve to nismo prolazili nikada sami. Niko od nas nije ostavljen sam. Za sve su tu bili prijatelji. A gdje su sada? Ne kaze li se: dom je tamo, gdje su prijatelji? A gdje su moji prijatelji? U Americi, cijeloj Evropi, Australiji... Jos pola sata i stizemo na aerodrom. Jako sam uzbudjena. Sretna i tuzna istovremeno. Dugo oCekivani susret i odmah rastanak. Predrag i Medina su u medjuvremenu dobili sina. Nerino sada ima tri godine. Jedan mali Covjek, kojeg cemo tek prvi put vidjeti. Na koga lici? Jesu li dobri roditelji? Kako zu zivieli u ove Cetiri godine rata i kako su ih preZivjeli? Puno pitanja, za koje imam samo tri sata. Predi i Medini se jedan san ostvario: Ide dalje u slranu 9

2 'rüne Steyrzeitung 1/96 Editorial Il ir wollen mit einem Dankeschön beginnen, An Karl Pragersdorfer als langjährigen Herausgeber und Christoph Jungwirth als Redakteur der Grünen Bürgerzeitung. Beide haben sich mit Ende letzten Jahres aus beruflichen Gründen von der Arbeit an der Zeitung zurückgezogen. Ilir haben den Neubeginn zum Anlaß genommen, Name, Formal und Inhalt zu überarbeiten und ein neues redaktionelles Konzept zu entwickeln, dessen Hauptmerkmal die Öffnung nach außen darstelll. Das Ziel ist eine politisch lebendige und inhaltlich vielfältige Zeitung. Neben einer regelmäßigen Frauen- und Kulturseile hoffen wir. auch zahlreiche Gaslbeiträge veröffentlichen zu können. Beiträge. Kritik, Ratschläge, Leserbritfe, Kleinanzeigen von Ihnen, liebe Leserinnen, sind sehr erwünscht und würden dieser Zeitung noch mehr Format geben. Dies ist unsere erste neue Ausgabe. Fiel Interesse beim Lesen wünscht das Green-Team Zitate „Unsere Milbürger fühlen sich bedrängt und es ist mehrfach vorgekommen, daß ich von Mitbürgern angesprochen wurde, ob wir hier etwas bewirken könnten. Sie fühlen sich einfach in der eigenen Heimat nicht mehr wohl. Und soweit darf es natürlich nicht kommen. Diese Position „mullikullur- eller Stammtisch“ tut mir deswegen weh, weil wir ja sehr wenige Ausländer aus Kullurslaaten haben. Wir haben wirklich das Problem, daß wir bei Fremdsprachen zwischen Kultursprache und anderen Sprachen unterscheiden”. Dr. Tillman Schwager, parteiloser Gemeinderat in der FP-Fraklion während einer Gemeinderalsdebatte über das Integrationsprojekt „Paraplü”. Impressum: Grüne Steyrzeitung • Nr. 1/96 Medieninhaber, Herausgeber und I crieger: Die Grün-Alternative Liste Steyr, Sicrnigerstraße 17, 4400 Steyr, Redaktion: Inge Brunner, Bruno Feigl, Barbara Feigl, l rsula Kosir, Christian Rameis, Eririn I aclavik, Marco Fanek. Mitarbeit: Georg Neuhauser, Kurt Apfelthaler, Eugen Slapak, Michael Schmidlhaler, Michael Zachl, Andreas Kugler Redaktionsadresse: Sierningerslrgße !7, 4400 Steyr Fotos: Michael Schmidlhaler, Marco länck, GAL-Steyr, privat Gestaltung: bleifrei ■ Steyr • 4X686 Druck: Landesverlag Druckservice Initiativen für Steyr Rückblick auf die Arbeit der GAL-Gemeinderäte Auf eine Reihe verschiedenster Aktivitäten können die beiden Grün-Ge- meinderäle Marco Vanek und Kurt Apfelthaler zurückblicken. Neben ökologischen Themen waren die Schwerpunkte ihrer Arbeit vor allem im Sozial- und Jugendbereich. Im folgenden werden die wichtigsten Initiativen der Steyrer Grünen im 'ergangenen Jahr vorgestellt. Umwelt und Stadtökologie In Steyr gibt es zur Zeil keine größeren Umweltskandale, doch es treten immer wieder „kleinere“ bis „mittlere“ Umweltprobleme auf, deren Beseitigung viel Zeit und Engagement erfordern. Diese Arbeit erfolgt meist ohne viel öffentliches Aufsehen, bildet aber nach wie vor eine der Hauptaktivitäten der beiden Grün-Gemeinderäte. zahlreiche Baumrodungen Voriges Jahr mehrten sich vor allem zwischen Februar und März die Klagen über unnütze Baumschlägerungen im Stadtgebiet: So wurden beim Kommunalzentrum an die 20 Pappeln und beim Heizhochhaus auf der Ennsleile zahlreiche Birken gerodet oder brutal zusammengestutzt. -Ebenso schnitten Gärtner beim HTL-Internat ungefähr 10 kerngesunde Nadelbäume um. Kurt Apfeltlialer: „Als Reaktion auf die gehäuften ungerechtfertigten Rodungen haben wir Vorschläge für eine Baumschutzverordnung ausgearbeitet, die Schlägerungsaktionen größeren Stils im Stadtgebiet unterbinden sollen.“ Münichholzwald Aufgrund der Trockenheit der letzten Sommer und des massiven Borkenkäferbefalles wurde der gesamte Mü- nichholzwald in arge Mitleidenschaft gezogen. Zahlreiche Flächen mußten vorzeitig gerodet werden, wodurch sich das ursprüngliche Bild des Waldes gravierend veränderte. Der Bischofswald ist nicht mehr das, was er früher einmal war. Marco Vanek hat daher im Die G IL-Gemeinderäle I iinek (r.) und Apfelthaler im Büro der GAL in der Sierninger Straße Herbst dieses Problem im Umweltausschuß auf den Tisch gebracht. Damals wurde vereinbart, daß in Gesprächen mit Forstleuten, Biologen und dem Waldeigentümer ein Maßnahmenkatalog zur Wiederbelebung des wichtigsten Naherholungsgebietes der Münichholzer erarbeitet werden soll. Vanek: „Leider kam es anschließend zu einem Wechsel im Umwellressort. Der neue Sladlrat Bremm hat aber diesen Vorschlag bislang nicht weilerverfolgl. Ozonpaket für 1996 Die Ozonproblematik tritt in der Stadl zwar nur während der Sommermonate auf. Zunehmend häufiger wurde in dieser Zeit der Vorsorgewert überschritten. Die Grünen versuchen mit Vorschlägen die Situation für kommenden Sommer zu vermindern Die wichtigsten Forderungen sind: '•>“' u» • Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs unter anderem durch Parkgebührenerhöhung • Förderung von Alternaliv-Energien, Aktion „autofreier Tag pro Woche“ wilde Mülldeponie Mitten im zukünftigen Naturschutzgebiet in der Rosenegger Au wurde eine illigale Schultmülldeponie entdeckt Die Grünen zeigten dies bei der Bezirks- haupmannschafi Steyr Land an. weitere Initiativen • Proteste gegen zu hohe Werte von Atrazin im Trinkwasser; Erweiterung des Trinkwasserschongebieles gefordert • Protest gegen Schotlergrube in Sier- ning unterstützt • Geruchsbeläsligung durch Mc Donalds aufgezeigt Soziales und Jugend Streetworker Der Jugendgemeinderat hat im Juni, so wie die GAL es seit 1991 bereits fordert, die Einsetzung eines Streetwor- king-Teams gefordert. Daraufhin entschied der Gemeinderat in einem Grundsatzbeschluß für dieses Jahr Budgetmittel in Höhe von einer Viertel Million zur Verfügung zu stellen. Jugendkullurhaus Seit Monaten bemühen sich die Grünen um eine Lösung des seil langem schwelenden Konfliktes um die Errichtung eines Jugendkulturhauses in Steyr. Standort Reith off eru erk ? Im Gegensatz zu den anderen Fraktionen versuchten die beiden Gemeinderäte, unterstützt vom Kultursprecher der Landesgrünen Andreas Kupfer, eine Einbindung der direkt betroffenen Jugendlichen zu erreichen. Wohnungsvergabe Mit Beginn dieses Jahres traten die neuen Richtlinien für die Wohnungsvergabe in Krall. Die GAL hat in den Verhandlungen unteranderem erreicht, daß Wohnungssuchende Ausländer nicht wie von der F gefordert erst nach 10 Jahren in Steyr, sondern bereits nach 5 Jahren ein Anrecht erwerben. Konventionsflüchtlinge bzw. bosnische Flüchtlinge bleiben nach wie vor den Österreichern gleichgestellt. Solidarabgabe „Klassenkampf im Rathaus“ titelte die Steyrer Rundschau ihren Bericht über die rotgrüne Resolution des Gemeinderates an die Bundesregierung. Die GAL brachte vor einem Jahr den Resolutionsantrag nach Einführung einer Solidarabgabe für Besserverdienende in Form eines Zuschlages zur Lohn- und Einkommenssteuer von 5 Prozent ab einem Verdienst von 50.000 Schilling ein. Diese Abgabe soll zweckgebunden Belastungen für Familien und alleinerziehende Frauen ersetzen und für arbeitsplatzfordernde Maßnahmen eingesetzt werden. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen von SP und Grünen beschlossen. Steuer für leerstehende Wohnungen Vor einem Jahr wurde bekannt, daß in Steyr über 640 Wohnungen leer sie-

i/p6 rüne Steyrzeitung hen. Mieter von Gemeindewohnungen horten diese meist sehr billigen Unter- künlle, wohnen aberselbsl in Eigenheimen. Kurl Apfelthaler plädierte dalür, daß Wohnungshamstern eine Zusalzsteuer aufgebrummt wird. Seiner Meinung nach würde diese Abgabe ohnehin keine Armen IrelTen. Verkehr Steyrdorf Im Juni unterstützten die Grünen als einzige Gemeinderatsfraktion eine Demonstration der Steyrdoribewohner für die Aufrechterhaltung der Fußgängerzone in Steyrdorf. Damals wurde noch der Anlrag der Geschäftsleule im Verkehrsausschuß abgelehnt. Als aber im November Steyrdorfhiindler mit ihren Angestellten bei der übernächsten Ausschußsitzung aufmarschierten, wurden die Verkehrsausschußmitglieder dadurch so verunsichert, daß sie den Forderungen der Geschäftswelt schlußendlich nachgaben und die Fußgängerzone aufhoben. Wir Grüne konnten trotz heftiger Proteste diesen Beschluß nicht verhindern. Parkgeb Uh reii Auch hierhalfen die Proteste der Grünen nichts. Der Verkehrsreferent Dr. Pfeil hob im Sommer die Parkgebühren zur Mittagszeit auf und schuf auch hier wiederum eine in Österreich einzigartige Situation. Vanek: „Mir ist nicht bekannt, daß es in Österreich eine ähnlich große Stadt wie Steyr gibt, die zu Mittag ihre Parkgebühren aufhebt. Steyr gehen dadurch wiederum Einnahmen in Höhe von über einer Million Schilling verloren. Eine Million, die der öffentliche Verkehr dringend brauchen würde.“ weitere Initiativen: O Kampf gegen Zugeinstellungen von und nach Linz; Ergebnis: die stark frequentierten Eilzüge in der Früh und am Abend werden höchstwahrscheinlich nicht eingestellt werden. O I lellige Proteste gegen die teilweise Einstellung des Frachtenbahnhofes; in Steyr; dadurch würde sich der LKW-Verkehr noch weiter erhöhen. O Auf Initiative unserer Grünen Nationalrätin Theresia Haidlmayr wurde für den Haupt bahnhof Steyr eine Behinderten rampe angeschafft Grüne Akzente im Budget 1996 (red). Am 11. Jänner beschloß der Genieinderat mit den Stimmen der SPÖ und der GAL den Haushaltsvoranschlag für 1996. Im folgenden „erden die wichtigsten Projekte aufgelislel, die ohne einer grünen Zustimmung nicht berücksichtigt „orden wären. Frauenhaus Im Beamlenvoranschlag war die Subvention in Höhe von S 700.000 auf S 0,- gekürzl worden. Durch den gemeinsamen Änderungsantrag von SP und GAL wurde dieser für die Frauenpolilik äußerst wichtige Subvention wieder budgetiert. Streetworker Erst die Budgetierung von S 250.000,- garantiert, daß ab Beginn des zweiten Quartals Streetworker in Steyr ihre Arbeit aufnehmen können. Projektgruppe IGSS Seit langem fordern die Grünen die Nach der Wahl Bruno Feigl Auch in Steyr war das Ergebnis der Dezemberwahl für uns Grüne nicht erfreulich. Das Miuns von 5,lo% bedeutet, daß wir auf den Stand von 1990 zurückgefallen sind. Auch in Steyr, wo die SP in etwa gleich stark zulegen konnte, zeigte sich, daß viele im Ernstfall doch lieber die Sozialdemokraten wählen als das grüne Reforrnprojekt zu unterstützen. „Das schlechte Abschneiden hat objektive Ursachen:” Die bei der Wahl im Oktober 94 von den Medien als systemkompatibler Shootingstar gehandelte Madeleine Petrovic wurde heuer nicht hinaufgehoben sondern zerpflückt Das Beispiel Petrovic beleuchtet auch, wie entfremdend Politik wirken kann, wie sehr frau innerhalb eines Jahres an der Spitze an Ausstrahlung und Krall abbauen Einrichtung einer Projektgruppe, die sich mit der inhaltlichen und organisatorischen Koordinierung der Sozialund Gesundheitsinilialiven beschäftigt. Im Budget konnte ein Betrag in Höhe von S 100.000,- verankert werden, mit dem erste Vorarbeiten für eine stärkere Vernetzung beginnen können. Caritas K in dergarten Münichholz Die ÖVP forderte seit langem, die Grünen setzten es durch. Die Stadt gewährt dem Caritas Kindergarten einen Zuschuß in Höhe von einer Million Schilling für den notwendigen Umbau. Darüber hinaus erhöht die Stadt die jährliche Subvention von S 24.000,- auf S 100.000,-. Betreuung von Obdachlosen Die GAL unterstützt seit langem die Bestrebungen des Vereines “Wohnen” nach einer Betreuung der zahlreichen Obdachlosen im Stadtgebiet. kann, und wie wenig Fehler man in der zunehmend mediendominierten Wahlkampfzeit machen darf. Die Allmacht des Fernsehns bei der Wählwerbung zwingt zu einer unzeitgemäßen Per- sonenfixicrung. die diesmal aufgrund der schwachen Spitzenkandidatin für uns ziemlich unerfreuliche Auswirkungen hatte. Die Inhalte, Für die die Grünen stehen, sind fast nicht angenommen worden. Gerade bei dieser Entscheidungswahl wurde von vielen taktisch gewählt Die notwendige Abwehr einer MitteRechts-Regierung brachte Teile der potentiellen Grünwähler in den Schoß der alten Tante Sozialdemokratie zurück. Denn es gelang den Sozialisten glaubhaft zu übertünchen, daß sie es sind, die seit zwei Jahrzehnten für die sozialpolitischen, Finanziellen und ökonomischen Fehlentwicklungen dieses Landes Verantwortung tragen. Daß die Nenaullage der großen Koalition von Vorteil für Österreich sein wird, kann schon jetzt bezweifelt werden. Nun wurde ein Betrag in Höhe von S 200.000,- budgetiert, mit dem der Beginn einer regelmäßigen Betreuung von Wohnungslosen ermöglicht wird. Jugendkulturhaus Mit einer Million Schilling kann zwar noch kein Jugendkulturhaus vollständig adaptiert werden, doch es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Mil diesem Betrag können die ersten Umbauten begonnen werden. To u rism us verban d Auf Initiative der GAL und der SPÖ Steyr wurde die Subvention für den Tourismusverband Steyr von S 1.250.000.-auf S 1.450.000.- erhöht. Der Verband hat durch diesen erhöhten Zuschuß mehr Spielraum bei der Durchrührung der Werbungsaktionen. weitere Projekte Projekte Museum Arbeitswelt/ Industrieforum S 1.850.000,- Notarztwagen S 1.600.000,- Molekularsiebmaterial für Deponiegasreinigung S 250.000,- Einbau eines Behinderten-WC im Sportheim Münichholz S 150.000,- Leider scheinen sich jene Streber durchzusetzen, die unser Land zu einem Musterschüler unter den EG-Neulingen machen wollen. Die schwarzrote Regierung wird sich weiterhin den Wirtschafls- und KapitalmarktInteressen beugen. Das Lavieren im legislativen Bereich wird weiter fortgesetzt werden. Notwendige soziale und ökologische Alternativen werden weiter abgeblockt, ignoriert oder verwässert werden. Mit dem Sparstiftargument kann jede Forderung nach Verbesserungen und Richtungsänderungen abgeneigt werden. Dabei verschärft sich die Situation der unteren Einkommensschichten weiterhin dramatisch, von der längst Fälligen Ökologisierung von Landwirtschaft und industrieller Produktion ganz zu schweigen. Die Schwächung der Grünen durch den Wähler ist traurig und für die Bundespolitik unserer Partei sicher ein deutliches Warnsignal. Zu viele staatsstrategische und zu wenige ökologie- orientiefte Aussagen haben den Aufwind nach der Oktoberwahl 94 weltgemacht, und das sind immerhin 5.8% bei NR-Wahlen in Steyr. Geblieben sind die Stammwähler. Für uns gibt es dennoch keinen Grund, mit dem Schicksal zu hadern. Die Wahlbewegung selbst ist für die Steyrer GAL positiv zu bewerten. Die Berührungsängste uns gegenüber haben merkbar nachgelassen. Wir konnten die Zahl der Wahlzeugen verdoppeln und haben starken Zuwachs bei den Mitarbeiterinnen verzeichnen können. Und auf Gemeindeebene werden die Karten sowieso neu gemischt...

4 ’rüne Steyrzeitung 1/96 Budget- iflß ;:“* Verhandlungen Das diesjährige Sparbudget stellt mit seinen Eckdalen (ordentlichen Haushalt: 959.944.000 Mio., außerordentlicher Haushalt: 142.992.000 Mio.) Einsparungen von rund 58 Mio. gegenüber dem Vorjahr dar. Weiters konnten auch Kostenreduzierungen im Personalbereich mit weiteren 20 Mio. (Vorjahr 25 Mio.) festgeschrieben werden. Die Budgeteckdaten wurden auch einvernehmlich mit allen Gemeinderatsfraktionen bei den Verhandlungen im Herbst feslgelegl. „Die F glänzte durch Abwesenheit” Gänzlich unverständlich war aber dann der “Absprung” der ÖVP und F sozusagen “5 vor 12” bei der Klärung einzelner Budgetposten im ordentlichen Haushalt am letzten Verhandlungstag. Die F glänzte durch Abwesenheit von Vbm. Dr. Pleil und STR. Eichhübel. Die erklärten plötzlich im nachhinein, das Budget sei grundsätzlich falsch aufgebaut, man müsse bei einem “Nullbudget” anfangen und die ÖVP ließ durchblicken, sie hätte gern nochmals einen Monat mehr Zeit zur Budgeterstellung, weil sie zuerst in der Fraktion beraten müsse. Wahrscheinlich hatten die Stadlräte Ing. Schloßgangl und Holub zu diesem Zeitpunkt kein Verhandlungsmandat mehr von ihrer Fraktion, weil ihr neuer Parteiobmann alles besser wußte. Dr. Pfeil sprach bei seiner Budgetrede von grundlegenden Veränderungen in der Budget.- und Beamtenlandschaft, ohne wie gewohnt selbst brauchbare Vorschläge zu liefern, und die verunsicherte ÖVP-Riege mußte sich während des Budgetgemeinderates darauf beschränken, die Presseaussendung ihres Parteiobmannes herunterzubeten, in der der Bruch vertraglicher Vereinbarungen aus dem Vorjahr beklagt wurde. Tatsachen... Tatsache ist, daß die vereinbarten Verhandlungsthemen zwar fristgerecht besprochen werden konnten, aber auf Grund des sinkenden politischen Gewichtes und mangelnden Verhandlungsgeschicks von ÖVP und F kam es zu keiner politischen Einigung. Gerade im Personalbereich können grundlegende Veränderungen nur mittel.-bis längerfristig durchgesetzt werden und müssen mit der notwendigen Sensibilität bearbeitet werden, handelt es sich doch bei den Einsparungen um Menschen und nicht um “bloße Budgetposten” Viel leichter war es daher, der oft zitierten Theorie einer Verschwörung seitens der SPÖ nachzuhängen, als selber konkrete Arbeit durch plausible Argumente zu leisten. „Flucht ins out” Wenn z.B. der zuständige Stadlrat für Verkehr (Dr. Pfeil) nicht einmal selber weiß, was die Umsetzung “seines” Verkehrskonzeples kostet , oder die ÖVP- Riege bejammert, daß ihr eigener Stadtral für das Alten und Pflegeheim Tabor bei der Ausgliederung des Heimes wenig vorangetrieben hat, so sind das Zeichen dafür, daß beide Parteien keine politische Kompetenz haben, Probleme dieser Stadt zu lösen. Was bleibt, sind inhaltslose Ankündigungspolitik und die Flucht ins Out. Nur Ausdauer bei den Verhandlungen und dem Vorlegen plausibler Konzepte seitens der Grünen war es zu verdanken, daß so wichtige Projekte wie: Frauenhaus, Streetworker, Projektgruppe Integrierte Gesundheit. - und Sozialsprengel, Kindergarten Münich- holz, Jugendkulturhaus, Notarztwagen, Deponiegasreinigungssieb, Behinder- len-WC, Hilfe für Obdachlose, Subventionserhöhung für Tourismusverband, Fachhochschulausbau etc. etc. im Budget verankert werden konnten. . p Budget- Provisorium.^ oder Neuwahlen? Ob es ein Budgetprovisorium oder gar Neuwahlen geben würde, lag plötzlich in den Händen von Marco Vanek und mir. Eine Budgetablehnung hätte empfindliche Lähmungen aller wichtigen Aktivitäten und Investitionen der Stadt bedeutet. „HauruckAktionen” Wenn jetzt ÖVP und F glauben, durch “Hauruck”-Aklionen die Versäumnisse ihrer eigenen Politik wettmachen zu können, indem sie sich aus der Budgetverantwortung stehlen, sind sie wiederum am Holzweg. Denn die Bevölkerung hat ein moralisches Recht darauf, daß die Stadlregierungsmilglieder von ÖVP und F ihre Aufgaben erledigen und sich nicht vor der Verantwortung drücken. Reden über Kultur Gemeinderat Andreas Kupfer Kultur und Jugendsprecher OÖ. Ant 16. Jänner versammelte die Kulturplattform OÖ (KLIPF) - die Dachorganisation von 6> Kulturvereinen in OÖ - lertreterlnnen aller politischen Parteien und des Trägervereines für ein Jugendkulturhaus an einen Kunden Tisch im Cafe Rahofer. Thema des Abends: Paun und ico kommt das Kulturhaus .’ Eine Geschichte mit Fortsetzung. Mehr als ein Jahr nach der Demonstration am Stadtplatz scheint nun endlich wieder Bewegung in die Diskussion zu kommen. Bekanntlich stehen mehrere Objekte zur Auswahl bzw. in Diskussion. Neben dem außerhalb der Stadt gelegenen Stadtgut werden die beiden Standorte Reithofferwerke und Gaswerk favorisiert. An dem vom KUPF Obmann Thomas Stöckl geleiteten Gespräch beteiligten sich rund 50 Personen. Neben Bürgermeister Leithenmayr, Vizebürgermeisterin Mach und Kulturreferent Pfeil nahmen auch der neuer ÖVP-Ob- mann Mayrhofer und Mitglieder des Kulturausschusses teil. Von den Grünen waren GR Kurt Apfelthaler und GR Andreas Kupfer anwesend. Die Interessen der Betroffenen wurden von Mike Glück, Doris Wagner, Max Teufl, Michael Dobernig und Mitgliedern des KV Kraftwerk vertreten. Hier könnte Ihre Anzeige werbewirksam und preiswert plaziert sein. In der Grünen Steyrzeitung erreichen Sie über 20.000 Leser in Steyr und Umgebung. Clevere Unternehmen inserieren äußerst erfolgreich in der Grünen Steyrzeitung. Rufen Sie uns an, wir machen Ihnen gerne ein Angebot. Tel und Fax: 81536 Nachdem die einzelnen Fraktionen ihre Vorstellungen dargelegt hatten, skizzierten die Jugendvertreter deren Forderungen. Dabei kristallisierten sich folgende Meinungen heraus: O Kullur soll in der Stadl slattfin- den und nicht außerhalb ghettoi- siert werden. O Neben einer Veranstallungshalle (200-400 Personen) sind besonders Proberäume, Werkstätten, Galerien und Flächen für Skater, Jongleure und Sprayer notwen- <1>SO Mögliche Konflikte mit Anrainern und anderen nachbarlichen Nutzungen sollten im voraus vermieden werden. O Für 1996 sind 1 Million öS budgetiert. Diese Mittel sollten effizient genutzt werden. O Eine kurzfristige Hilfe und eine rasche Endentscheidung wurde von allen gefordert.

1/96 rüne Steyrzeitung 7 Vor- und Nachteile der einzelnen Standorte: I. Reilhofferwerke Bei den Reithofferwerken werden vom Trägerverein Nutzungskonflikte be- fürchteL Neben dem 5. Stock, der für das Jugendkulturhaus vorgesehen wäre, sind an diesem Standort die Musikschule und das Induslriemuseum für die Landesausstellung 98 geplant. Einerseits würde man dadurch eine Verdichtung kultureller Aktivitäten an einem Ort erreichen, andererseits vertragen sich Musikschule und Jugendkulturhaus laut Trägerverein nicht. Generell ist das Gebiet auf Grund seiner zentralen Lage und zukünftiger städtebaulicher Entwicklungen nicht uninteressant. 2. Gaswerke Die derzeit noch genutzten Verwaltungsgebäude Gaswerke im Wehrgraben werden wegen des großen Raumangebols und der zentralen Lage von den meisten favorisiert. Von Seiten der Stadt tauchen dabei folgende Probleme auf: Die geplante Verlegung der städtischen Einrichtungen in das neue Kommunalzentrum am Tabor wäre aus finanziellen Gründen erst in 2-5 Jahren geplant. Eine sofortige Absiedelung wäre nur mit einer Darlehensaufnahme durchführbar. Durch die notwendig werdende Erweiterung der Fachhochschule (zusätzliche Lehrgänge, bis zu 1000 Studenten) sind weitere Flächen in diesem Gebiet dafür notwendig. Allgemeiner Tenor der Diskussion: Fachhochschule und Jugendkulturhaus sind weniger als Konkurenz, vielmehr als Ergänzung zu betrachten. Ergebnis: Experten der Stadl führen in den kommenden Wochen eine Bewertung der beiden Standorte durch. Diese orientiert sich nach finanziellen (Kosten-Nutzen) und räumlichen Gesichtspunkten. Die Kommunikation zwischen Politik, Verwaltung und Trägerverein schafft die KUPF. Kuciugeftitar m ^omSsuMG ja» „Bis spätestens April wird eine definitive Entscheidung getroffen”. Ein Anforderungsprofil wird in Zusammenarbeit mit der KUPF erstellt. Danach die Umsetzung gemeinsam geplant. Kurzfristig wird die Kassahalle des Museum Arbeitswelt feuerpolizeilich adaptiert und eine Subventionierung des KV Krallwerk im Kuliurausschuß beschlossen. Jugendkulturhaus ä la 1976 Bereits vor 20 Jahren gab es bereits eine Diskussion rund um ein Jugendkulturliaus in Steyr. Aktivistinnen des Vereines “Basiskultur" arbeiteten damals ein Programm aus, wie ein solches Haus ausschauen soll. Die Grüne Sleyrzcitung bringt daraus Auszüge: In Gasthäusern und Diskotheken zu sitzen befriedigt meisl nicht und kostet unheimlich viel Geld. Die bestehende Kultur behandelt den Jugendlichen als Konsument. Sie wird weder von Jugendlichen gemacht, noch hat sie ihre Probleme zum Inhalt. Bestehende Jugendorganisationen lassen sich so charakterisieren: jede von ihnen fördert nur einen begrenzten Teil von Interessenten und Aktivitäten (z. B. Alpenverein, SJ-Jugend, FlO-religiöse Ausrichtung...) Zusammenfassend kann gesagt werden: für viele Jugendliche besteh! keine Einrichtung, in der Selbstbestimmung praktiziert wird und datier erlernbar ist. Deshalb brauchen wir ein Jugendzentrum und zwar in Selbstverwaltung Damit dieses Jugendzentrum tatsächlich eine Alternative werden kann, muß es notwendigerweise von den Jugendlichen selbstverwaltet kontrolliert werden. Es ist wichtig, daß die Betroffenen nicht nur Vorschläge machen dürfen, sondern auch darüber entscheiden können und müssen. aus: Programm für ein selbstverwaltetes Jugendzentrum, Steyr 1976 Bald mehr als 5 Mio. Autos auf Österreichs Straßen ? Laut einer Studie von Dr. Christopher Prinz im Auftrag der ÖAMTC Akademie wird der Verkehr auf Österreichs Straßen bis ins Jalir 2051 um 60% zunehmen. Die Studie „Bevölkerung und Mobilität im 2[Jahrhundert“ baut insbesondere auf die demographische und gesellschaftliche Entwicklung, welche sich mit großer Sicherheit voraussagen läßl. Demnach wird die Bevölkerung kaum größer, aber älter. Nachdem zu erwarten ist. daß die Senioren der künftigen Jahrzehnte auch rüstiger sind, werden sie auch mobiler sein. Ein weiterer Punkt istdie Emanzipation. Immer mehr Frauen werden potentielle und tatsächliche Autofaherinnen. Es ist zu erwarten, daß im Jahr 2051 fast 50%der Autobenutzer weiblich sind (91 ca. 27%). Die daraus resultierende Verkehrsbelastung läßt nichts Gutes erahnen. Auf einer Fläche, auf der sich heute 12 Autos bewegen, müßten in 50 Jahren etwa 20 Autos Platz finden. Man denke an die heutige Verkehrssituation in Steyr am Ennserknoten und Blümelhuberberg, Forumkreuzung etc. Daß diese Bereiche 60% mehr Autos aufnehmen können erscheint mir eher unvorstellbar. Hilfsfonds gegründet Der Steyrer Künstler Johannes Angerbauer gründete den öffentlichen, überparteilichen Hilfsfond für Opfer der städtischen Kulturpolitik. Der Name „adHOK“ steht für eine Skulptur, deren Materialien ein BankKonto und ein Postfach sind. „adHOK“ ist kein Verein, keine Organisation oder Stiftung, sondern ein Fonds, der Künstler, die von der Stadl Steyr boykottiert, nicht beachtet und somit nicht gefordert werden, unterstützt. Ansprechpartner für „adHOK“ ist Johannes Angerbauer. Ihm zur Seile sieben 4 Berater, die die nötige Objektivität garantieren. Die offensichtliche Lösung, die Straßen zu vergrößern, wird an einigen Schwierigkeiten scheitern. Erstens mijssen die Straßen bezahlt werden, was angesichts immer'drängender wei ­ dender Budgetprobleme nicht leicht Palit, und zweitens gibt es in vielen Bereichen nicht mehr genug Fläche. Die meisten Stadt- und Ortsgebiete bestehen schon heule nur noch aus Häusern und Straßen. Und dort, wo genug Fläche vorhanden ist, stellt sich die Frage, ob sie überhaupt dem Gott „Auto“ geopfert werden soll. Die höchste Priorität sollte doch noch der Umwelt und dem Menschen zugesprochen werden. Auch ist es mit den Straßen alleine nicht getan. Parkraum wird im gleichen Maß zu wenig. Parkplatzprobleme sind heule schon hinlänglich bekannt. Oft erlebt man, daß Autofahrer Runden drehen, um irgendwo einen Parkplatz zu ergattern. Umweltprobleme durch Abgase und Altaulos etc. bleiben in der Studie unberücksichtigt. Bedrohliche Ausmaße werden sie aber dennoch erreichen, wenn wir nicht entsprechend gegensteuern. Daß das „Dreiliterauto“ die Lösung wird, wage ich zu bezweifeln. „adHOK“ hat bereits eine Aktion unterstützt. Nämlich die Performance »Saubere Kunst« für die Nichtentfernung des einzigen Zeitgenössischen Kunstwerkes im Steyrer Stadtzentrum. Den Stein von Gabriele Berger in der Pfarrgasse, den die Stadlvätersang- und klanglos verschwinden lassen wollen, weil angeblich Passanten (Ausländer?) darauf urinierten. Bei Fragen oder unterstützend an: Postfach 17, 4407 Steyr-Gleink. Kto. Nr. 00002277002 - BLZ 54560 und ob es überhaupt in absehbarer Zeit auf den Markt kommt steht in den Sternen. Abgesehen davon wird, solange wir fossile Energie (zß. Erdöl) verbrauchen. das Abgasproblem mit seinem Treibhauseffekt und sonstiger Umweltverschmutzung nicht in den Griff zu bekommen sein. Wir müssen schleunigst auf erneuerbare Energie umsteigen. „Has kann unternommen werden?“ Aus der Studie geht hervor, daß mindestens 53% der PKW-Verkehrsleistung auf öffentliche Verkehrsmittel verlagert werden müssen, um ein Ansteigen des Verkehrs in Grenzen zu halten. Ohne entsprechende Steuerungsmaßnahmen wird nämlich das Gegenteil der Fall sein, und der Anteil des öffentlichen Verkehrs am Gesamtverkehr abnehmen. Die Bevölkerung zum Zuhausesilzen zu zwingen erscheint etwas autoritär. Es ist auch nicht Ziel der Grünen, die Mobilität einzuschränken. Sie muß nur so gestaltet werden, daß sie entsprechend umweltverträglich wird. Ein An salzpunkt ist aber durchaus, die Zahl der notwendigen Wege zu reduzieren, z.B. eine weitere Zentralisierung von Betrieben zu verhindern, Förderung von Teleworking etc.. Noch wichtiger erscheint es, die öffentlichen Verkehrsmittel vermehrt zu fördern und sie entsprechend schneller und billiger (als das Auto) zu gestalten. Im Gegenzug dazu müssen die Fixkosten der PKWNutzung auf variable Kosten (kilomeierabhängige Kosten) umgelegt werden, und auch eine Kostenwahrheit gefunden werden. Das Argument, daß die Autofahrer ohnehin über Steuern die Straßen finanzieren, kann nur insofern gelten, als jeder Einkauf in it 20% Mehrwertsteuer beaufschlagt wird, und der Staat ihnen trotzdem das Kaufhaus nicht dazuschenkt (das zahlen sie über enstsprechend höhere Produktpreise). Damit der Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel etwas angenehmer wird, bedarf es noch einiger guter Ideen und Anstrengungen. Da bekanntlich nichts von selbst geschieht, werden wir Grüne weiterhin politisch Druck machen, und auch selber Ideen einbringen. Es soll versucht werden, hier in der „Grünen Steyrzeilnng“ einige dieser Ideen zu diskutieren, dadurch zu verbessern, und in weiterer Folge zu verwirklichen. Beiträge von Lesern würden uns dabei helfen. Ing. Michael Zachl

6 'rüne Steyrzeitung 1/96 Alles klar ?? „Ab”-Wasser läßt OÖ Gesetzesmühlen zu Stillstand kommen! Kurl Ipfellhaler Zu den Zielen der Grünen in Sleyr gehört auch, Trinkwasser als Allgemeingut im Bewußtsein der Bevölkerung stärker zu verankern. Sorgsam und sparsam sollte die Devise lauten, wobei die Einzelverantwortung ganz grob im Vordergrund steht. Trinkwasser ist Mangelware in Europa. Und ein wichtiger Teil der Umwelt. Die Versorgung mit Trinkwasser unterliegt den Bestimmungen des Lebensmittelrechts und der Trinkwasserverordnung. Das Instrument für die einheitliche Bewertung von Trinkwasser ist die Untersuchung der Grenzwerte bei Nitrat und Pestiziden. Eine Nullbelastung ist leider auch in Steyr mittlerweile Illusion, da Schadstoffe in der Nahrung und so auch im Trinkwasser nur den aktuellen Zustand unserer Umwelt widerspiegeln. „Undichte Senkgruben?” Zu den Hauptverursachern von Trinkwasserbelastungen gehören neben Industrie und übermäßiger Landwirtschall die “undichten" Senkgruben. Da Senkgruben wasserrechtlich, mit Ausnahme allfälliger Bewilligungspflichten in Schutz- und Schongebieten, nicht bewilligungspflichtig sind, sind diese einer wasserbehördlichen Einflußnahme auch in Überprüfung ihres Zustandes (z. B. Dichtlieit) entzogen. Die wasserrechtliche Behördentätigkeit obliegt dabei dem BM f. Land.-und Forstwirtschaft. Zuständig für die Genehmigung von Senkgruben sind die örtlichen Baubehörden, die mit einer regelmäßigen Überprüfung der Senkgruben vollständig überfordert sind. Das Ergebnis einer ministeriellen Anfrage 1994 seilens der Grünen an die damalige Umwellministerin Dr. Maria Rauch Kallat lautet u. a.: „Die Abwässer von 551.000 OberÖsterreichern (Gesamt: ca. 1.3 Mio) werden nicht über Kanäle entsorgt.“ (II. Volkszählung 1971/1981/1991) Laut neueren Zahlen des OÖ. Umweltanwaltes Johann Wimmer sind 1995 in OÖ. 450.000 Einwohner nicht ans Kanalnetz angeschlossen. Rechnet man ca. 40 m’ Abwasser pro Einwohner und Jahr würde das eine jährliche Menge von 18 Mio. m’ Abwasser bedeuten. „Das bislang immer noch gültige Oö. Bodenschutzgesetz” Das bislang immer noch gültige Oö. Bodenschutzgesetz besagt, daß die Inhalte von Senkgruben, die bei landwirlschafUichen Betrieben oder Wohnhäusern existieren, auf landwirtschaftliche Nutzflächen ausgebrachl werden dürfen, allerdings mit der Mengenbeschränkung von 50 m3 pro Jahr und Hektar. Dies ist nicht nur rechnerisch sondern auch praktisch ein Ding der Unmöglichkeit!! Diese Mengen müßten kreuz und quer durch das ganze Land gekarrt werden und jeder Quadralzenlimeter verfügbarer Boden bis zur erlaubten Höchstmenge zugeschüttet werden. Das passiert natürlich nicht. Es würde auch einen umweltbedrohenden Abwassertourismus auslösen. Alleine im Bereich des RHV Sleyr würde eine zusätzliche Mehrkapazilät von 24 Tankfahrzeugen gebraucht. Da anzunehmen ist, daß weil aus mehr als die gesetzlichen 50 m3 Abwasser pro Jahr und Hektar ausgebrachl werden herrscht in rund der Hälfte derOö. Gemeinden ein Mißstand nach dem Bodenschutz-geselz. Die Bewältigung der Abwasserfrage drängt auch in Steyr. Ein Großteil der Senkgruben dürfte undicht sein. Laut einer Erhebung des Reinhalteverbandes Steyr, bezogen auf die neun angeschlossenen Gemeinden (7 OÖ. u. 2 NÖ. Gemeinden) müßten 2.500 Senkgruben (1995) flüssigkeils- dicht gemacht werden. Diese 2.500 Senkgruben entsorgen für ca. 7.000 Personen 280.000 m5 Abwässer. Davon werden 6.035 m’ (2.2%!!) in die zentrale Kläranlage eingeleitet. (Stand 1995). Wohin verschwinden die übrigen 97,8%'? „Abwässerentsorgen - eine Kostenfrage?” Steyr hat ca. 96% aller Haushalte an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen. Das ist österreichweit gesehen eine vorbildliche Leistung der Kommune. Trotzdem gibt es schwarze Schafe, die ihre Abwässer nicht vorschriftsmäßig entsorgen, weil die Kostenfrage eine bedeutende Rolle spielt. Belastungen bis zu öS 50.000,- jährlich treibt viele Senkgrubenbesitzer in die Illegalität. “Das müßte nicht sein ,” meint Ing. Deutschmann vom RHV Steyr.“Würden die Senkgrubenbesitzer ihre dünnflüssigen Abwässer rechtzeitig entsorgen, und nicht warten, bis nur mehr der faulige Dickschlamm übrigbleibt, so käme das unter Umständen billiger, als extra einen Kanal bauen zu lassen!” Weiters meint Ing. Deutschmann, läge noch geAmbulante Dienste in Personalnöten Die Situation der ambulanten Hilfsdienste spitzt sich in Sleyr immer mehr zu. Einerseits werden die Menschen, die diese Hilfe dringend benötigen immer mehr und andererseits weigert sich die Stadt Sleyr, die zusätzlichen Planposlen bei den ambulanten Hilfsdiensten zu finanzieren. Die grüne Nationalrätin Theresa Haidlmayr über den gegenwärtigen Mißstand: „Die Stadl Sleyr geht zur Berechnung der notwendigen Personalkosten für ambulante Hilfen nicht vom tatsächlichen Hilfe- und Pflegebedarf aus, sondern berechnet ihren Personalschlüssel an der Gesamtzahl der in Sleyr lebenden Personen. Die Verantwortlichen nehmen weder Rücksicht auf die AJlersstruktur der in Sleyr lebenden Personen, noch auf den durch die ambulanten Dienste angemeldeten Bedarf der Betroffenen. „fehlende Finanzmittel” Sowohl der Mobile Hilfsdienst (MOI II) als auch die Steyrer Heim- und Hauskrankenpflege brauchen dringend zusätzliche finanzielle Mittel, um ihr Personal aufstocken zu können. Dies lehnt Steyr seit Jahren ab, obwohl das Gemeinderal Kurt Ipfellhaler nug Einsparungspotential bei der Auslastung der gemeindeeigenen Fahrzeuge. Hier sollten die Gemeinden überlegen, ob sic nicht durch Organisationsstraffung ihre Leistungen billiger anbieten könnten. Bleibt Hoffnung offen? Es bleibt zu hoffen, daß seilens der Landespoliliker und im besonderen vom zuständige Landesrat Achatz endlich Talen gesetzt werden. Zeil halle er mittlerweile genug. Seit seinem Amtsantritt sind ca. 70 Mio. Kubikmeter Abwasser (das entspricht einem See von 5 mal 5 Km Seitenlange und 5m Tiefe) ins Erdreich verschwunden, wo sie bei übermäßiger Konzentration eine fatale Bedrohung unseres Trinkwasser darstellen. Land OÖ. bereit wäre, die Hälfte der Personalkosten milzutragen”. Diese fehlenden Finanzmittel führen dazu, daß es pflegebedürftigen MenTheresa Haidlmayr Siationalratsabgeordnete der Grünen, Sprecherin für liehinderte und Bürgerinitiativen sehen nicht mehr möglich ist, bedarfsgerechte Hilfe bzw. Pflege bei den ambulanten Dienst kaufen können, weil diese Einrichtungen durch den Personalmangel nur mehr ein Minimum an Hilfe leisten können. Der Stellenmangel hat auch zur Folge, daß die Dienste seil kurzem keine neuen pflegebedürftigen Menschen mehr annehmen.

1/96 rüne Steyrzeitung 7 Jugendproblem Resthof? Die Grüne Sleyrzeitiing sprach mit den beiden Sozialivlssenschaflern Dr. Dietmar Nemeth und Mag. Helmut Dormayr über Jugendprobleme in Neubaugebieten icie am Resihof und über die Errichtung eines Jugendkulturhauses in Steyr. Das Interview führte Maren Vanek Grüne Sleyrzciliiiig: Der Resihof ist ein relativ neues Stadtgebiet. I on vielen Steyrern wird der Eindruck geteilt, daß in diesem Siedlungsgebiet Probleme mit Jugendlichen häufiger auftreten als in anderen Stadtteilen. Slimml dieser Eindruck? Nemelli: In jeder größeren Stadt, wo es monostrukturierte Siedlungsgebiete gibt, entstehen die selben Probleme. In unseDr. Dietmar Nemeth rer Studie sind wir auf folgendes Phänomen gestoßen: Weil gerade in diesen Siedlungen eine so hohe Anzahl an Kindern und Jugendlichen wohnen, fokussieren sich die Probleme auf diese Stadtteile. Es entsteht im Denken der Leute der Eindruck: “Aha, die sind da draußen”. Niemand bedenkt, daß dort im Vergleich zu anderen Stadtteilen viel mehr Jugendliche wohnen. Es läßt sich aber' seh,' schwach nachweisen, daß die Jugendlichen aus solchen Gebieten tatsächlich mehr Probleme machen. Doriiniayr: Etwas ist uns bei den Präsentationen unserer Studie immer wieder aufgefallen. Sehr oll gab es Erstaunen über unsere Aussagen, wie “normal” eigentlich die jungen Leute in diesen Stadtrand- gebielen sind. Es fallen der Öffentlichkeit immer wieder einige “verhallensauffällige” Jugendliche auf. Es liegt eben in der Natur der Sache, daß nur auffällige Jugendliche auirallen. Aber die überwiegende Anzahl der jungen Menschen fällt weder positiv noch negativ auf. Nur jeder zehnte Jugendliche kann der Kategorie “verhaltensauffällig” zugeordnel werden. Grüne Sleyrzeitiing: llelche Dörmen der Jugendarbeit gibt es, um die verhallensauffälligen Jugendlichen zu beireuen? Nemeth: Meines Erachtens soll man nicht sofort nach der Jugendarbeit fragen, weil das schon wieder Stigmatisierung beinhaltet. Für mich gibt es drei Bereiche, die zuerst behandelt werden müssen. Erstens ist es die Frage, wie ich überhaupt den Stadtteil plane, die zweite an wen werden die neugeschaffenen Wohnungen vergeben und drittens welche Infrastrukturen werden benötigt. Das heißt: Wenn auf engstem Raum ein Wohnblock nach dein anderen gebaut wird, braucht man sich im nachhinein nicht wundern, wenn Probleme auflreten. Weiteres ist die Altersstruktur der dortigen Bewohner wichtig. Nicht nur Junglämilicn mit Kindern sollen dort wohnen, sondern z. B. auch ältere Menschen. Grüne Sleyrzeitiing: Has sind die Grundanforderungen an die Infrastruktur für die Jugendlichen eines solchen Sladteiles. Dorninayr: Es ist schwierig, institutionalisierte Mindestanforderungen zu deFtnieren. Es ist genau das, was die Jugendlichen eigentlich nicht wollen. Die offizielle Seite sollte nicht fix und fertige Einrichtungen anbieten, sondern nur Enl- wicklungsmöglichkeiten fördern und günstige Rahmenbedingungen schaffen.. Darunter fallen auch Ansprech- parlner, mit denen man Dinge in Gang setzen kann, um etwas zu bewegen. Nemeth: Es ist auch zuwenig, im nachhinein sozialtechnische Folgenabschätzung zu betreiben. Also: wenn in einem neuen Stadtteil mit zum Beispiel 5000 ein Jugendzentrum. drei Hektar Freifläche, ein Kirche und eine Schule usw. hingebaut werden, garantiert dies noch lange keine lokale Identität. Diese entsteht nicht von selbst, sondern die Leute, die dort leben müssen sie selbst entwickeln. Die kulturellen und räumlichen Bedingungen dafür sollten gegeben sein. Dornmayr: So sehr auch die Jugendzentren für einen Teil der Jugendlichen wuchtig sind, so sehr muß man aber sagen, daß der Großteil dort eigentlich gar nicht hingehl. Auch die verhaltensaußälligen Jugendlichen bewegen sich in erster Linie auf der Straße. Grüne Sley rzeitiing: Il ie erreicht man diese Jugendlichen? Die klassische Form sind Streetworker. Diese Sozialarbeiter sind auf der Staße, gehen in die Lokale. Sie lial- ten sich in jenen öffentlichen Räumen auf, wo sieh die Jugendlichen bewegen. Es ist nicht eine Jugendarbeit, die passiv darauf wartet, bis wer kommt. Eine andere Methode ist die stärkere Vernetzung von Sehlde und Jugendarbeit. Dies sollte vor allem am Nachmitlag passieren. Die Betreuung darf nicht um 15 Uhr aulhören und erst wieder am Abend ab 17 oder 18 I hr fortgesetzt werden, dann wenn die Jugendzentren aufsperren. Gerade am Nachmittag haben viele Eltern keine Zeil. Zu diesem Zeiten sollten institutionelle Angebote geschaffen werden. Grüne Sleyrzeitiing: In Steyr wird zur Zeil über die Einrichtung eines Jugendkulturhauses diskutiert. Il ie sollte ein solches Haus ausschauen und wo sollte es stehen? Dorninayr: Dieses Haus sollte so weit wie möglich zentral gelegen sein. Entscheidend in diesem Bereich ist aber die Multi- funktionalitäl. Es können dort auch durchaus Sportllächen vorhanden sein, aber nicht nur Flächen zum Fußballspielen, sondern auch für Volleyball, Basketball, Skalen und andere Sportar- len. Die Einrichtung muß auf jeden Fall umwandelbar sein. Man soll zum Beispiel die Räumlichkeiten am Nachmittag für Sportakliviläten verwenden können, und am Abend für Konzerte. Es sollte nur eine möglichst llexible Infrastruktur zum Beispiel bewegbare Zwischenwände und der Organisationsrahmen vorgegeben werden, aber alles andere muß möglichst vielfältig um- staltbar sein. Nemeth: Die Jugendzentren werden in Zu- kunll eine immer kleinere Rolle spielen. Ich möchte damit nicht sagen, daß sie unwichtig werden, aber insgesamt gesehen, müssen auch andere Konzepte weiterverfolgl werden. Im Bezug auf die Jugendkullur müssen die Jugendlichen dort angesprochen werden, wo sic sind. Die Stadt darf auf jeden Fall nicht einfach ein Haus hinstellen und sich danach wundern, wenn niemand hingeht oder es eine Art Ghetto für eine spezielle Gruppe wird. Sondern sie muß den Jugendlichen etwas bieten, was sie auch interessiert. Wenn es Rock ist. denn Hag. Helmut Dornmayr eben ein Rockhaus. Es kann aber auch ganz anders heißen wie Rave, Hip oder Hype-House. Da muß man die Jugendlichen fragen. Grüne Steyrzeitung: Il ie soll die Terwallung eines Jugendkulturhauses organisiert sein? Dorninayr: Die Jugendlichen müssen in ihren Einrichtungen selbst die Verantwortung übernehmen. Sie sollen die Räume selber gestalten können und Regelungen vereinbaren, wer, wann und wo etwas macht. Die Betreuung sollte aber durch Sozialarbeiter erfolgen. Sie sollten die Jugendlichen dabei betreuen, diese organisatorischen Dinge zu regeln und untereinander faire Vereinbarungen zu treffen. Ansonsten sollte die Stadl nur dafür sorgen, daß das Gebäude geputzt und erhalten wird. Danke für das Interview! Mag. Helmut Dorninayr und Dr. Dietmar Nemeth sind als So- zialwissenschafler am Institut für Kerufs- und Erwachscncnbil- dungsforschung an der l nirersiläl Linz (IRE) tätig. Eine ihrer jüngsten irbeiten zum Thema Jugend be- schäfHgte sich mH der Situation der “Jugend am (Stadt) Hand - l.ebens- u elt Linz-Süd” Sie arbeiten zurZeit u. a. an der Öberösterreichischen Jugendstudie 1996. Ilaratzmüllerstraße 14 Telefon/Fax (17252/48701

8 'rüne Steyrzeiturig 1/96 Ein Leben zwischen den Stühlen Adem Uzeiragic* komm) aus einer oslbosnischeii Kleinstadt und lebt seit mehr als 5 Jahren mit seiner Frau und seinen 2 Töchtern (eine acht die andere vier Jahre all) in Steyr. Seit dem Friedensvertrag in Dayton und dem “offiziellen” Ende der Kämpfe in seiner Heimat, muß sich auch er mit dem Thema Rückkehr auseinandersetzen. Wie es ihm dabei gehl, versuchte die Grüne Steyrzeitung im nachfolgenden Gespräch zu erkunden: Grüne Steyrzeitung: Mem, wie geht es dir und deiner Familie hier in Steyr? idem: Ja. mir geht es eh gut Natürlich gings mir früher besser, aber was soll es, das ist der Krieg. Ich halt vor dem Krieg eine kleine Firma gehabt, meine Frau auch. Wir haben gut gelebt, halten zwei Häuser. Jetzt ist alles kaputt, verbrannt. Wir müssen wieder von Null anfangen. Grüne Steyrzeitung: Harum bist du weg? Ilas waren die unmittelbaren Umstände deiner Flucht? idem: Meine kleine Tochter war damals zwei Monate alt und meine Frau wollte unbedingt weg mit den Kindern. Die Serben sind plötzlich mit Artillerie auf den Bergen rundherum aufgefahren. Die Spannung in unserer Stadt war ziemlich unerträglich. Die Kinder haben viel geweint, meine Frau und meine Mutier, die inzwischen durch Granaten getötet wurde, haben mich gedrängt, wegzugehen, ich wollte eigentlich bleiben und mit meinen Brüdern kämpfen. Hinzu kam, daß meine Frau keinen Führerschein hatte und mit unserem Baby nicht allein weg wollte. Sie sagte damals zu mir: “Komm jetzt mit und geh meinetwegen nachher wieder zurück”. Fürs Zurückgehen war es dann aber zu spät. Grüne Steyrzeitung: Abgesehen von dieser allgemeinen Bedrohung, gab es für dich einen speziellen bzw. persönlichen Grund zu flüchten? Idem: Die zunehmende Unübersichtlichkeit durch die Bedrohungssituation in unserer Stadt hat mich in den letzten Monaten dazu bewogen, mein Geschäft zuzusperren und zur Polizei zu gehen. Aus Serbien wurden viele Wallen in die Stadt geschmuggelt und die Polizei war der einzige Schutz für die moslemische Bevölkerung, die übrigens 75 % der Gesamteinwohnerzahl ausmachte. Wegen meiner Polizeiangehörigkeit zählte ich zu den besonders gefährdeten Personen. Ich wußte genau, daß ich auf einer Liste stand. Es war sicher kein Zufall, daß mein Haus eines der ersten war. das durch Panzergranaten zerstört wurde,... die wollten mich töten. Grüne Steyrzeitung: Ihr wart zu Hause eine bekannte, geachtete, wohlhabende Familie, Du hast durch diesen Krieg alles verloren bzw. zurücklassen müssen. Ihr seid vor} Jahren mit leeren Händen nach Steyr gekommen. H ie und wovon habt ihr in den letzten Jahren gelebt? idem: Wir haben von Anfang an pro Person 1.500 Schilling im Monat von der Caritas (Unterstützung des Landes OÖ, Anm. d. Red.) bekommen, wir leben also zu viert von 6000 Schilling im Monat. Davon muß ich 2.500 Schilling für die (Substandard) Wohnungzahlen und zusätzlich noch durchschnittlich 1500 Schilling für Betriebskosten, vor allem für die teure Elektroheizung. Grüne Steyrzeitung: Da bleiben 2000 Schilling im Monat, wie kann man mit zwei Kindern mit so wenig Geld in Steyr leben? idem: Schwer, sehr schwer. Besonders der Anfang war sehr schwer. Ich habe kein Wort Deutsch gesprochen, in der Schule habe ich Französisch gelernt. Ich konnte mich kaum verständigen. Es war die schwerste Zeit in meinem ganzen Leben. Ich war sehr viel krank, halte Probleme mit den Nieren. Es war wirklich unheimlich schwer. Grüne Steyrzeitung: H ie ist dieses Gefühl, alles verloren zu haben, arm zu sein,, für einen Menschen, der das alles bisher nicht kannte? Idem: Wie soll ich das sagen. Es ist sehr schwer für mich darüber zu sprechen, es kommt soviel hoch dabei... Es verfolgt mich in der Nacht, in meinen Träumen, es ist wie ein Horror. Am Anfang nur zwei oder drei Stunden Schlaf in der Nacht... es geht nicht, aufwachen,... Zigaretten rauchen... meine Kinder liegen am Boden, meine Frau... kommt, meiner Bruder ist toL.. dann der Schwiegervater... Ich war nervlich am Ende, habe 12 Kilo in sechs Monaten abgenommen. Wir haben in dieser Zeit zuwenig zu essen gehabt, wir lebten nur von Milch und Brot. Kleider hatten wir genug von der Caritas bekommen, Schuhe und warme Socken für die Kinder kauften wir am Floh- markl. Ich hatte kein Geld für einen Rasierapparat.. Ich hab mich geschämt, mein ganzes Selbstwertgefühl war verloren. Dann versuchte ich eine Arbeit zu bekommen, bin zum Arbeitsamt gegangen. Dort sagte man mir: “Nein, jetzt ist es schwierig, kommen sie in zwei Monaten wieder”. Immer wieder die selbe Antwort: warten. warten, warten. Das tue ich bis heute. Grüne Steyrzeitung: Wie geht es dir und deinem Selbstwertgefühl jetzt, bist du trotz dieser Enttäuschungen sicherer geworden? idem: Ja schon, sicherer und stolzer. Stolz vor allem auf meine Familie, meine Heimat, mein Volk. Das ist das einzige, was uns geblieben ist Grüne Steyrzeitung: Gibt es etwas, was dir in dieser Zeit geholfen hat über die Kunden zu kommen? .Idem: ■ Es waren vor allem die Leute vom Inlegrationsprojekt und von der Caritas sowie Kontakte zu anderen Österreichern, die mir in dieser Zeitsehr geholfen haben. Ich habe einen Deutschkurs bei der Volkshilfe gemacht und so relativ schnell die Sprache gelernt. Das war die einzige Möglichkeit weiterzukommen. Grüne Steyrzeitung: Hast du negative Erfahrungen mit Österreichern gemacht? Idem: Kaum, alle Leute, die ich kennenlernte, haben mir geholfen, vor allem mit Möbeln, mit Kleidern... Grüne Steyrzeitung: Wenn du zurückdenkst, worin bestand die wichtigste Hilfe, die du von österreichischer Seite bekommen hast? Idem: Natürlich, jeder braucht zuerst materielle Hilfe, das wichtigste aber kommt von der Seele. Grüne Steyrzeitung: Was meinst du damit? idem: Freundschaft, als Mensch ernst genommen zu werden. Die Leute sollen mich als Menschen und nicht als armen Flüchtling verstehen. Auf gleicher Ebene ernst genommen zu werden, das ist das wichtigste. So möchte ich zum Beispiel trotz der kleinen Wohnung, trotz dem wenigen Geld usw. auch meine österreichischen Freunde einladen, möchte auch elwas geben. Grüne Steyrzeitung: Am 10. Juni läuft deine Aufenthalts- bewilligungaus, offiziell ist der Krieg zu Ende, wiestehst du dazu, wenn du dann zurückgehen mußt. idem: Prinzipiell möchte ich zurück, aber nicht jetzt. Es ist zu früh. Meine Brüder, meine Familie in Bosnien brauchen meine Unterstützung. Trotz des wenigen Geldes, das wir haben, haben wir immer Pakete geschickt. Du mußt dir vorstellen, unten ist alles kaputt, unten gibt es nichts. Mein Bruder, mit dem ich Funkkontakt hatte - in meiner Stadt gibt es seil 5 Jahren kein Telefon, keinen Strom und kein Wasser - hat gesagt, bleibe solange du kannst, so kannst du uns am besten helfen. Meine Geschwister brauchen mich hier im Ausland, ich bin der einzige, der hier ist. Außerdem gibt es keine Arbeit, meine Wohnung ist total kaputt und ich habe auch kein Geld, sie zu reparieren. Zudem leben in meiner Stadl neben den 50.000 regulären Einwohnern ungefähr noch 50.000 Flüchtlinge. Wenn ich sofort zurückkehre, bin ich eine zusätzliche Belastung für meine Familie und für meine Stadl. Grüne Steyrzeitung: Gibt es nicht auch jetzt von Leuten, die geblieben sind, die dort gekämpft haben, die dieses Grauen unmittelbar erlebt haben, Forbehalte gegen Flüchtlinge? idem: Ja, das ist auch ein Problem. Ich bin zwar kein Deserteur, aber wenn ich zurückkomme, wird jeder sagen: Wo warst du die ganze Zeil? Was hast du im Ausland gemacht? Wenn ich sage: “Nichts”, dann werden sie mich fragen: “Wieso bist du jetzt zurückgekommen”. Grüne Steyrzeitung: Das heißt, man erwartet von dir, daß du zumindest Geld mitbringst? Idem: Genau, das ist wichtig. Wenn ich zurückkomme in meinen Staal, muß ich

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