Grüne Bürgerzeitung, Nummer 1, März 1994
00 ·i V) rf. ;:::: THERESIA HAIDLMAYR EINE STEYRERIN ROLLT -= INS PARLAMENT Theresia Haidlmayr, 38jährige Buchhal- terin und seit fast ro Jahren Mitarbeiterin der Behindertenorganisation ,,Verein Mit- einander", koordiniert nicht nur erfolg- reich den Mobilen Hilfsdienst Steyr, son- dern ist aufdem Weg in den Nationalrat. Beim letzten Bundeskongreß der GRÜ- NEN wurde die Roll stuhlfahrerin als Behindertenvertreterin ganz vorne aufder grünen Nati onalratswahlliste gereiht. Mit der engagierten Kämpferin fur Inte- gration und gegen Diskriminierung sprach die Grüne Bürgerzeitung. GRÜNE BÜRGERZEITUNG: Theresia, warum enl(rlJierst D11 Dich bei den GRÜNEN? THERESIA HAIDLMAYR: W:ihrend meiner früheren Bcruf~t,itigkcit in der Pri vatwirtschaft m,1(hte 1d1 die demütigen den Erfahrungen viele, Behinderter. St:in- dig bekommt m.m/ fr.1u vcr1111ttelt, d.rnk- bar sein zu müssen, überh,1upt Arbett zu haben. D,1s h,11 111id1 se11s1htlisiert fu, 111e111e eigene und die S1tu,1tio11 ,111dnc1 Behinderter. Als dann vor ,Kht Jahren der Grünm,111 datJr Manfred Srb als erster Rollstuhl fahrer ins Parlament einzog, beg,mn id1 gemeinsam mit ihm in der ßehinde11en und Krüppelinitiative zu arbeiten. Es war wichtig, daß bei Gesetzen nicht immer nur über uns Behinderte geredet wird, sondern daß wir als gleichwertige Part- nerinnen beteiligt sind. Wnrum willst Du DeineA nliegen im Parla- ment vertreten? Man kann zwar aufGemeinde- und Lan- desebene einiges bewirken, aber es gibt dabei ganz viele Hürden und Grenzen, die nur durch Bundesgesetze behoben werden kön- nen. Der Bund muß endlich be- hinderten- freundliche Standards in den Be rei- chen Bauen, Wohnen und Verkehr vorgeben und die Länder zwin- gen, ihre Verordnungen und Gesetze da- nach abzuändern . Zur Zeit ist es nämlich so, daß die Situa- tion Behindertervon Bundesland zu Bun- desland un terschiedlich schlecht ist und vom guten Willen der Landespolitiker abhängt. Und was willst Du in vierJahren Parlament 1'rrl'ichm? Zuerst müssen wir GRÜNE ein Anti- d1skri111i11ierungsgesetz erkämpfen. Ein sok hes Gesetz würde beispielsweise be- h111derte11genx htes, b,urierefreies Bauen fut g,111z Österreid1 vorschreiben. In den USA h.11 d,ts A11t1d1skri111111t(Tu11gsgesctz Wl 0 ltl·t1 vn:indnt, wetl Betrolfrne kl.1gen kiinm·n, wenn Sie l'tw,1 durd1 B,nrieren be, öffrntlil hcn B.1ute11 min Vl·rkehrs- mttteln dishimmicrt werden. Ich will auch die Grundlagen erreid1en, daß mehr Behinderte Arbeit finden. Be triebe ab einer gewissen Größen sollt<;n zukünftig „Strafe" in der Höhe der durch- schnittlichen Lohnkosten zahlen, wenn sie nicht eine bestimmte Anza hl Behi n- derter einstellen . Zur Zeit können sich die Unternehmen mi t einem lächerlich en Betrag von nicht einma l r.900,- von die- ser Verpflichtung freikaufen . Und dann will ich ein bedarfsgerechtes Pflegegeld erreichen. Denn zur Zeit ist es so, daß viele - vor allem Schwerstbehin- derte - mit dem derzeitigen Pflegegeld nicht auskommen und deshalb wieder in Heimen leben müssen. Was heißt behindert sein in Steyr? Keine Möglichkeit, die städtisch en Ver- kehrsmittel ohne Einstiegsstufen zu be- nutzen. Ein spontaner Kino- oder Thea- terbesuch ist in Steyr für Roll stuhl- fahre,rlnnen nicht möglich. Wenn ich in den Stadtsaal oder in das Stadtthea ter will, muß ich vorher den H ausmeister anrufen, der mich dann über den Hinter- eingang und den Lastenaufzug zur Veran- staltung bringt. Das WIFI, das Finanzamt oder die Hart- lauerpassage im alten Gerichtsgebäude: überall sind Rollstuhlfahrerinnen, Geh- behinderte und Kinderwägen ausgesperrt, weil es die Verantwortlichen nicht schaf- fen, ohne Hürden zu bauen. Selbst das sogenannte Behindertenklo unter derMa- rienkirche ist mit Rollstühlen unerreich- bar, weil die Zufahrtsrampe zu steil ist. Einzige Ausnahme ist diesbezüglich das Museum Arbeitswelt, das hier wirklich vorbildlich ist. Und auch die GWG bau- te, wegen des enormen Drucks von Be troffenen, einige Häuser barrierefrer. Im Magistrat gibt es kein Verst;indnis für Integration. Wir Behinderte haben statt der jetzigen Citybusse Niederllurbusse 1111t I lubpLittform gefordert. Abgespeist wurden wir mit einem Behinderten fohrdicnst. Z11111 Srhluß noch: W11m111 .10// 1111m(/im1 Dlli GRÜNEN wiihlm? Ic.h bi n überzeugt, daß DIE GRÜNEN die einzige Partei sind, d ie langfristig denkt. Und mitt lerweile werden wir auch schön langsam die einzige Sozialpartei. Und die einzige Umweltpartei sind wi r sowieso. Danke für das Gespräch. DQ mallIJamtitJmm ~ll/i!JJlFllJtJIIJllllf ~n Steyr 4400, 8ahnhofstaße 10 Enns 4470 Wiener5taße3 W.W Tel. 07252/ 53 38 10, 54 0 81 Fax 54 475 Tel. 072Z3/ 23 04, 23 93
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