Grüne Bürgerzeitung, Nummer 1, März 1994

Theaterclub AKKU ist seit w Jahre Ga- rant für junge Impulse. Auf drei Sparten spezialisierten sich die akkuten Kultur- macher: Die Theatergruppe verstärkt die Intensität der Eigenproduktionen - 1994 dürften erstmals zwei Stücke inszeniert werden. Zweitens: Heli Schönleitner holt vermehrtJazziges nach Steyr. Aber auch andere Musiksparten - etwa: So(u)ld Out - haben im AKKU Platz. Drittens: Der derzeitige Linzer Geschichtenschreiber Andreas Renoldner sorgt dafür, daß jun- ge Literatur nach Steyr kommt. Sie kommt. Öffentliche und weniger öffentliche Galerien Elfriede Pohlhammer hat sich in zwei Galerien eingerichtet. Das Zeitgenössi- sche Kulturforum ist in bisheriger Erman- gelung eigener Räumlichkeiten via dreier Kalender in den privaten Kulturraum vorgedrungen. Rockige Raumnot Rock- und andere laute Musiker haben es noch schwieriger. Man hört sie. Noch bevor sie neue Ideen vorbringen können, werden sie als Lärmbelästigung empfunden. K(r)ämpfe um ge- eignete Proberäume sind die ersten Hürden, die die meisten jungen Hupfer nehmen müs- sen. Für größere, rockig-laute Kon- zerte - von den Steyrer Rock- nächten abgesehen - ist inSteyr so gut wie kein Platz. Steyr braucht mehr Kulturraum Steyr brauchtmehrKulturraum. Es gibt genügend Idealisten, die eine gute Infrastruktur zu nut- zen wüßten. Steyr braucht aber auch kulturelle Koordination - derWunsch nach einer gesamt- steyrischen Kulturzeitschrift ist ja nicht erst einmal geäußert worden. Merke: Sobald die Stadt ihre Kultur findet, findet ausrei- chend Kultur statt. Und die Stadt kann zur Kulturstadt werden. ♦ KULTUR- POLfflKIN STEYR „Kultur" ist nicht der erste Begriff, der mit Steyr assoziiertwird. Davor kommen zum Beispiel Industrie, Lastkraftwagen, Arbei- ter, Krisenregion, Geschichte und Stadt- bild. Da letztlich nahezu jede gesellschaft- liche LebensäußrungvonMenschen auch kulturell interpretiert werden kann, seien es die ökonomischen Schwerpunktset- zungen samt Zeit und Anstrengung, die der Arbeit gewidmet werden, sei es die vorherrschende Art des familiären Zu- sammenlebens samt dem Verhalten ge- genüber diesbezüglichen Außenseitern, seien es die Mechanismen der Auswahl von Politikern und vieles andere mehr, bedarf es einer bewußten Abgrenzung des Themas. Steyrer Kulturbudget Die traditionelle Verwendung des städti- schen Kulturbudgets setzt folgende Schwerpunkte: Gastspiele des LinzerLan- destheaters, Unterstützung einer breiten Auswahl von Vereinen bis hin zu den Kleingärtnern, dieVolkshochschule (Hob- bies, Sport, Haushalt, Geburtsvorberei- tung, Sprachen). Seit etwa 198o wird die Erhaltung der historischen Fassaden der Eine Betrachtung von Reinhard Kaufmann Altstadthäuser gefördert und in letzter Zeit die Gestaltung der Strassenoberflä- chen imAltstadtbereich stilgerecht durch- geführt. An diesen Aktivitäten der Stadt wäre nichts auszusetzen, wenn es sich dabei lediglich um nicht unwichtige Ne- bengeleise der Kulturpolitik handelte. Wo blieb die sozialdemo- kratische Kulturtradition? Abgesehen vom Museum Industrielle Arbeitswelt ist die Liste aber die Aufzäh- lung des Hauptstroms des öffentlichen Steyrer Kulturbetriebes. Und auch was als Landesausstellung 1987 wirklich innova- tiv war, droht sich inzwischen als teurer Platz für gelegentliche Veranstaltungen totzulaufen. Das müßte nicht so sein, wenn die verantwortlichen Repräsentan- ten der Geldgeberin Stadt Steyr das posi- tive gesellschaftliche Ideenpotential des Teams der Museumsmitarbeiterinnen nutzen könnten statt jeder kritischen Äußerung, die sich aufnicht ausreichend lang zurückliegende Umstände und Per- sonen bezieht sondern auch heutige Pro- bleme anspricht, mit Ablehnung zu be- gegnen. Freigan ...statt lebenslang! Schuhe für Menschen, die denken. GEA G h rtSitzenL. rt e ev Iege 1 • 4400 Steyr, Haratzmüllerstraße 12, 0 72 521432 57 Steyrs historische Titulie- rung als Arbeiterstadt be- deutet nicht allein, daß hier - bedingt durch vor allem den einen großen Industriebetrieb - viele Ar- beiter (und ihre Familien) leb(t)en, sondern vor allem, daß Arbeiterorgani- sationen und -funktionäre entscheiden- den Einfluß aufdie Gemeindepolitik hat- ten/haben. Ein großerTeil derExperimen- tierfeindlichkeit und auffallenden Provin- zialität des heutigen Steyrer Umgehens mit Kultur hängt mit der Entwicklung dieser einst auch kulturell so innovativen Bewegung zusammen. Man denke nur an den Kullurkampf um Jit: Euid1Lu111s Ji::~ Krematoriums, als sich die Sozialdemo- kratie mit Bürgermeister Sichelrader im wahrsten Sinn des Wortes auch um die letzten Dinge kümmerte und außerdem noch darum, daß nicht irgendein fader Zweckbau sondern Architektur auf der Höhe der Zeit für diesen Zweck entstand. Daß Überlebensfragen und der (Wieder)- aufbau nach dem Krieg Vorrang beka- men, ist verständlich. Eine ernsthafte und komplexe Auseinandersetzung mit Kul- turfragen hat sich jedoch erst spät und abseits der politischen Parteien wieder entwickelt. Die Debatte um die Zukunft des Wehrgrabens um das Jahr 1980 wurde den Stadtvätern von einer breiten Bürger- T H 1 N K V) -~ (1) V)

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