Grüne Bürgerzeitung, Nummer 4, Dezember 1992

BesucherInnen; die erstmalsnachSteyr kommen und die Altstadt besichtigen, sind begeistert. ,,Ich hätte nicht ge- dacht, daß es mitten in Österreich eine solch schöne Altstadt gibt", hört man die Lobeshyrnnen. · Wir können stolz darauf sein. Auch allf die jahrelangen Bemühungen, die Altstadt wieder zu einem Schmuck- stück zu machen, wenn auch durch Aushöhlungen oder Umbauten nach wie vor Sünden geschehen. Im Überangebot der gotischen, ba- rocken oder Renaissancehäuser fällt es den Steyrerlnnen gar nicht mehr auf, daß es auch moderne Architektur gibt. Geben soll, denn in der Eisen- stadt sind nur äußerstwenigeBeispiele zu erspähen. Ein Vorzeigebau, der in Architektur- führern nicht fehlen darf, ist die Enns- leitenkirche. Einer der Architekten wurdeerst lieh dafür mit ei- nem Preis aus- gezeichnet. DasMuseumArbeitswelt fällt als zwei- tes gelungenes Bauwerk auf. Beim Kreisgericht ist es schon schwieriger, von einemgelungen Bau zu sprechen, wennauch die ansprechende Innenge- staltung für die trostlose Fassade eini- .germaßen entschädigt. Der Rest ist Schrott. Lassen wir die häßlichen Stadtverschandelungs- kästen Revue passieren: . Der Stadtsaal - ein optisch und funktionelles Unding, dieWohnanlage Bergerweg, das Forum-Kaufhaus, dicht gefolgt vom KGM und dem Tabor-Konsumtempel, die diversen städtischen Wohnbauten einschließ- lich Altersheim, die Kirchen in Münichholz und amTabor, als beson- deres Beispiel der Scheußlichkeit der Hafer-Markt am Taborknoten, Schul- bauten wie BG, HAK, und, und, und... Schlechte Architektur beleidigt nicht nur das Auge, sondern auch die Seele. Wie konnte es passieren, daß eine.sol- cheMasse ari Wegwerfarchitek-tur ent- stand? Großteils dadurch, daß nicht der/die beste Planerln gesucht wurde, · sondern durch Zeitgeist ·und/oder Freunderlwirtschaft Aufträge an Pla- nerlnnen vergeben wurden, die den Titel Architekt nicht verdienen. Denn von Baukunst kann bei diesen hin- geklotzten Fürchterlichke1ten keine Redesein. Undnun? Aus denSchand- taten könnte für die Zukunft viel ge- lernt werden. Aber es ist zu bezweifeln, daß sich etwas ändern wird. Denn der Architekten-Wettbewerb für das Park- deckund denEnnsstegwurde bekannt- lich abgesagt. Es wird wohl weiter- ge„steylt"! Seite 6 GRUNE

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