Grüne Bürgerzeitung, Nummer 3, Oktober 1992

AufDrängen und Initiative der GAL wurden irn Stadtbudget 1992 500.000 Schillingfür die Erstellung eines Sozialplanes vorgesehen. Es scheint sinnvoll, bei diesem Sozialplan, dessen Erarbeitung von Wissenschaflerlnnen und Fachleuten erfolgen wird, zwei Anliegen besonders zu berücksichtigen: Die Frage der ausländischen Mitbürgerinnen und den Bereich Jugend und Jugendarbeit. Während in anderen brennenden sozialen Fragen, wie z.B. der mobilen Alten- und Krankenbetreuung bereits vielversprechende Ansätze bestehen, sind diese beiden Fragen in der Steyrer Sozialpolitik bisher striiflich vernachlässigt worden. Deshalb dieses Mal der Schwerpunkt „Ausländerinnen in Steyr''. Ideen, Konzepte und Vorstellungen kommen hier zur Sprache, die dringend breit diskutiert werden sollten und die aufUmsetzung warten. Heftige Reaktionen löste die Selbstdarstellung des „Personenkomiteesfür ein ausländerfreundliches Steyr" in der letzten Ausgabe dieser Zeitung aus. Von scheinbar berechtigten Sorgen bis zu k_qum faßbaren, aggressiven Stellungnahmen und irrationalen Angsten bekamen wir alles zu hören. Ein Hinweis mehr, wie wichtig die öffentliche Auseinan- dersetzung um Ausländer- politik auch in Steyr ist. Gleich vorweg, für uns Grü- ne ist ausländerfreundliche Politik keine ideologische Fra- ge, sondern ganz einfach ein Ge- bot der Menschlichkeit. Gleichzeitig glauben wir, daß die Ängste und Sorgen der Einheimischen vor den ,,Fremden" viel zuwenig ernstge- nommen werden. Ausländerlnnenpolitik heißt dem- nach auch, den Dialog mit denen zu suchen, die Angst haben. Kopf in den Sand Schon lange fordert die GAL von den Stadt-Verantwortlichen eine ak- tive und vorausschauende Auslän- derinnenpolitik. Nicht die unkon- trollierte und chaotische Zuwan- derung meinen wir. Sandern ein ge- meinsames und öffentliches Nach- denken über Möglichkeiten und Grenzen einer Integration von Aus- ländcrlnncn. Bisher war die Devise im Rathaus allerdings: wegschauen und ver- schweigen - keine Diskussion, keine sachliche Informationsarbeit, keine Analyse der Situation, keine konkre- ten Maßnahmen, keine gezielten Aktionen... Kopf in den Sand und ,,Jörgl läßt grüßen". Was tut man alles (nicht) aus lauter Angst vor dem Verlust der Wähler- stimmen. Dabei ist es genau diese Untätigkeit und Inkompetenz, die unsere traditionellen Politikerinnen zurecht so in Mißkredit brachte. Ausländerghetto Steyrdorf? In Steyr sind die Auswirkungen die- ser ,,Vogel-Strauß-Politik" in Steyrdorf und z.T. im Wehrgraben erkennbar: Eine verfehlte bzw. kaumvorhandene Wohnraumbeschaffungs- und Sanie- rungspolitik hat die wertvolle Bau- substanz zu Spekulationsobjektenver- kommen iassen. Ursprünglich vor- handene Infrastruktur ging verloren. Die heruntergekommenen Substan- dardwohnungen - denEinheimischen im Verhältnis zur Qualität viel zu teuer - können sich die weniger an- spruchsvollen Ausländerinnen nur leisten, weil auch kleine Räume von möglichst vielen Personen geteilt werden. Die logische Folge: überdurchschnitt- lich viele Ausländerinnen, Ghetto- bildung, keine vernünftige Kommu- nikation mit den Einheimischen, Rückzug, Verunsicherung (vor allem bei älteren Menschen) und Angst. Austausch und Integration Untersuchungen zeigen, daß die Vor- behalte gegen AusländerInnen dort ·am größten sind, wo direkter Kontakt und unmittelbarer Austausch zwi- schen In- und Ausländern nicht statt- findet. Direkter Kontakt hilft Vorur- teile und Ängste abbauen. Daher unsere Forderung an die Stadt, alles zu tun, was diesen direkten Aus- Seile 4 ___ . GRUNE

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