Grüne Bürgerzeitung, Nummer 4, Juni 1991

Als vor 6 Jahren eine Handvoll enga- gierter Steyrerinnen und Steyrer eine grüneGemeinderatsliste gründeten und nach der Wahl - als drittstärkste Frak- tion - mit einem Vertreter ins Stadt- parlament einzogen, war die Überra- schung aber auch die Verunsicherung der Etablierten nicht gerade gering. Hatten sie doch in ihrem, mühsam an jeden Steyrer Haushalt durch GAL- Mitarbeiterlnnen persönlich zugestell- ten (für ein!! Postwurfsendung fehlte das Geld) Programmblatt von der Ab- sicht gesprochen: 0 ständig unangenehme Fragen stellen zu wollen, 0 die „stille" SVFPÖ-Koalition aufzu- brechen und · 0 alle bekannt werdenden Vorgänge im Gemeinderat, entgegen den bisherigen Gepflogenheiten, an die Öffentlichkeit zu tragen. Nach dieser sechsjährigen Funktions- periode ist es sicher sinnvoll, zu fragen, ob es der GAL Steyr tatsächlich gelun- gen ist, nicht nur - in Anlehnung an den GAL-Werbespruch aus dem Jahr 1985 - mehr Leben in den Gemeinde- saal, sondern auch in das politische Geschehen dieser Stadt zu bringen. Erwartungen? Übertroffen? Wir haben uns keine Illusionen ge- macht. Wir wußten, daß wir mit einem Gemeinderat, der, auf Grund eines ,,minderheitenfeindlichen" Stadtstatuts, gleichzeitig die gesamteAusschußarbeit allein abdecken muß, das politische System einer von einer 2/3-SP-Mehr- heit dominierten Stadt nicht von heute auf morgen verändern können. Trotz- dem ist uns einiges gelungen, was man von einer relativ kleinen Gruppe poli- tisch engagierter Menschen nicht er- wartet hatte. Mit vielen Initiativen, Aktionen, Kon- zepten, Vorschlägen, Anfragen und dergleichen haben wir mit viel Mühe und Kraftaufwand im besonders star- ren, verfilzten und oft auch ignoranten Polit-Getriebe dieser Stadt einiges in Bewegung gebracht. Viele Veränderungen, die andere Par- teien, allen voran die Steyrer SPÖ, heute für sich reklamieren, sind „aufunserem Mist gewachsen". Verkehrskonzept, Ansätze zur Bürgerbeteiligung, Ver- kehrsberuhigung, Mülltrennung, be- hutsamere Lösungen in Sachen Stadt- gestaltung, Fahrradwege, Citybusse ... Ohne uns Grüne wäre vieles nicht möglich gewesen. Wir waren es, die die Themen für die großen zukunfts- orientierten Auseinandersetzungen der letzten Jahre eingebracht haben. Das fängt bei Trinkwasser, Müllvermeidung, autofreier Stadtplatz oder Schutz der Rosenegger Au an und endet bei So- zial- und Behindertenpolitik, bei Pri- vilegienabbau und Budgetpolitik, beim Engagement für mehr zeitgenössische Kunst und Kultur, bei Vergangen- heitsbewältigung und Ausländerfragen. Vieles kann nicht mehr so leicht hinter verschlossenen Türen ausgehandelt werden. Die GAL Steyr hat eine neue Kultur der Bürgerinformationspolitik entwickelt: ,,Grüne Bürgerzeitung" - 24mal an jeden Steyrer Haushalt, Stadtteilgespräche, Veranstaltungen, Aktionen und eine intensive Presse- arbeit. Neben vielen indirekten Erfolgen, zeit- verzögerten Maßnahmen, die sich oft auch als Alibimaßnahmen der Stadt- verwaltung entpuppten, gab es natür- lich auch sogenannte GAL-,,High- lights": O Die Verhinderung der Hochtem- peraturvergasungsanlage in Münich- holz, 0 die Einführung eines Gestaltungsbei- rates, die Verhinderung einer sukzes- siven Zerstörung der Steyr-Auen, 0 die Aufdeckung handfester Skandale (Stadtratsprivilegien, gefährliche Alt- lasten im Bereich der Steyr-Daimler- Puch AG in Münichholz und imHaupt- werk, 0 der Plastikschwindel in SachenMüll- trennung ...), 0 die Initiative zur gemeinsamen An- tragstellung und damit die entschei- dende Verbesserung der Situation der kleinen Fraktionen im Steyrer Ge- meinderat und die Trinkwasserdiskus- sion, um nur einiges herauszugreifen. Die GAL ist mehr als die GAL Wenn wir von unseren Erfolgen reden, so sind es nicht nur die Erfolge einer grünen Partei, sondern die von vielen Einzelpersonen, die nicht nur in der Stutzi's Zweiradladen 4400 Steyr, Damberggasse 3, Telefon/Fax 27136 GAL, sondern auch in verschiedensten Gruppen, Institutionen, Arbeitskreisen und vor allem Bürgerinitiativen aktiv und initiativ sind. Zum Beispiel: O IG Stadtprojekte 0 Mauthausen-Aktiv Steyr OSteyrer Initiative gegenAtomgefahren 0 Mobiler Hilfsdienst 0 Friedenswerkstatt 0 Offene Augen im Wehrgraben O Kulturforum 0 Institut für angewandte Umwelter- ziehung OFAZAT ovcö ... Natürlich gab es in diesen sechs Jahren auch Schwierigkeiten. Die Tätigkeit im Gemeinderat entpuppte sich als full- time-job. Außer der Aufwandsent- schädigung für den Gemeinderat hatten wir keine finanziellen Mittel, keine Bü- roinfrastruktur und keine bezahlten Se- kretäre wie bei SPÖ, ÖVP, FPÖ und KPÖ. Eine Menge massiver Rundum- schläge der anderen, denen unsere Po- litik zu sehr unter die Haut gegangen war, war nicht immer leicht auszuhal- ten. Die Palette reichte von der persön- lichen Beleidigung bis zum Gerichts- verfahren (von denen wir bisher keines verloren haben). Trotzdem gab es Verschleißerschei- nungen, GAL-Gemeinderat sein war zum Teil nicht mehr in Einklang mit Beruf und Familie zu bringen. Der zweimalige Wechsel, die GAL beschäf- tigte gleich 3 Gemeinderäte (Franz Ramoser, Karl Pragerstorfer, Oskar Holub), brachte kaum Verlust an Kontinuität, wohl aber eine unerwartete Belebung unserer politischen Arbeit. Nicht verschweigen möchten wir aber auch unsere „Mißerfolge". Vieles, was wir erreichen wollten, ist uns nicht ge- lungen, meistens weil eben die alten Strukturen stärker waren, der Macht- apparat der e.~ablierlen Parlt:it:n (vur allem der SPO) zu massiv war: Der Abbruch der Reithofferwerke, der Bau des „zierlichen" Gsangsteges, die Öff- nung der Resthofstraße und überall dort, wo in den letzten Jahren rigoros Inter- essen von Menschen mißachtet wur- den. Der Anfang ist gemacht, vieles ist noch zu tun, deshalb wollen wir stärker wer- den, mehr Vertreter in den Gemeinde- rat entsenden, im Interesse der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger. Sicherheitskinderräder, Fahrradzubehör, Mountain-Bike, Bereifung, Sturzhelme Seile 'I GRUNE

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