Grüne Bürgerzeitung, Nummer 4, Dezember 1990
BVRGERZEITlJNG Messererstraße geführt und kann später optimal in die künftige Nord- spange eingebunden werden ..." Nach allem bisher Gesagten wage ich die Frage, ob ein paar neue Gewerbe- betriebe in Reichraming, Großraming oder Altenmarkt nicht für die Region und für die Stadt besser wären! Peter Prack Sie erinnern sich vielleicht noch an einen Artikel in der vorletzten Grünen Bürgerzeitung (Nr.2/Juni 1990), in dem wir uns als erste in Steyr überhaupt mit der hiesigen - nicht unbedeutenden - Skin- und Neonaziszene ausführlich auseinan- dergesetzt haben. Unser Autor, ein Kenner des Milieus, behandelte nicht nur Motivation und Gedankengut dieser Jugendlichen, er fragte auch nach möglichen „Hinter- männern". Da bestimmte Aussagen und gewisse Materialien (Programme, Aufkleber) im Besitz der oben Genannten eine gewisse Beziehung zum Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) nicht gerade ausschließen, wagte er den „verhängnisvollen" Fragesatz: ,,Die FPO wird also zu klären haben, ob auch sie Kontakte zu diesen Jugendlichen unterhält oder diese möglicherweise sogar fördert!" Statt einer „Klärung" flatterte uns - allerdings zwei Monate später - eine fünfseitige Anklageschrift, inklusive einer landesgerichtlichen Ladung zur Verhandlung am 10.10.1990 in Bezug auf§ 6 bzw § 7 Mediengesetz ins Haus. Betreiber dieser Klage ist Ernst Fuchs, seines Zeichens Landes- geschäftsführer der freiheitlichen Partei OÖ., nach seinen eigenen Worten „überall als führende Persön- lichkeit in der FPÖ bekannt". Obwohl wir mit unserem Artikel keine Behauptung aufgestellt haben oder einem führenden FPÖler ein persönliches Naheverhältnis zur Steyrer Neo-Nazi-Szene unterstellt haben, fühlt sich Herr Fuchs „ge- kränkt". Diese „erlittene Kränkung" will sich der streitbare Freiheitliche von uns allerdings mit S 30.000,- A srurzrs ZWEIRADLADEN 4400 STIYI DAlßDGGASSI a TBL./PAX: 07252/27136 SICHERHEITSKIND ERR Ä DE·R FAHRRADZUBEHÖR MOUNTAIN BEREIFUNG BIKE STURZHELME entschädigen lassen. Dazu behalten sich er und die FPÖ Oberösterreich ausdrücklich rechtliche Schritte wegen Kreditschädigung vor. Nachdem eine mögliche ein- vernehmliche Lösung von vorneher- ein durch unzumutbare Forderungen des Herrn Fuchs unrealistisch erschien, sind wir dazu übergegangen, uns auf den Prozeß - in Richtung Wahrheitsbeweis - vorzubereiten. Wahrheitsbeweis im Hinblick auf Indizien, die unsere „Fragen" recht- fertigen. Dabei sind wir auf weiterge- hende Informationen gestoßen, die uns einigermaßen bestätigen. Hier nähere Details zu nennen, wäre gelinde gesagt „übermütig", denn auch die andere Seite gibt sich (wenn auch mit anderen Mitteln) kämpfer- isch: Gleich nach Erscheinen der Zeitung wurde der vermeintliche „Artikelschreiber" - ein ehemaliges Mitglied der Szene - von seinen „rechten Freunden" krankenhausreif geprügelt, seine nichtsahnende Freundin schwer bedroht. In der Vorwahlzeit wurden GAL- Plakatständer mit Neonazi-Parolen beschmiert und GAL-Mitarbeiter angepöbelt. Für uns Grund genug, einen Antrag auf Verlegung der Verhandlung in ein anderes Landes- gericht zu stellen. Nicht zuletzt auch wegen der „guten Verbindungen" der Steyrer mit der Linzer Szene, die nicht erst seit dem letzten Polizisten- mord als besonder,s gewalttätig bekannt ist. Dieser Antrag wird zur Zeit noch geprüft, die Verhandlung vom ursprünglichen Termin abgesetzt und auf unbestimmte Zeit ver- schoben. Neonazis in Steyr - ernstnehmen oder verhannlosen? Für das offizielle Steyr drängt sich die Frage auf: Wie ernst werden diese ideologisch gut ausgestatteten und immer wieder mit Gewalttaten in Erscheinung tretenden Jugendlichen eigentlich genommen? Wir erinnern uns u.a. mit Schaudern an den Vorfall beim letzten Stadtfest, wo Neonazis einen indischen Schausteller kaltblü- tig malträtierten. Die Polizei setzt offensichtlich auf Verharmlosen und Abwarten - wo- möglich bis zum nächsten Gewaltakt. Wie dem auch sei, wir sollten diese Leute, von denen sich die meisten aufgrund der Vorfälle in der letzten Zeit wieder Haare wachsen ließen und daher weniger auffallen, ernst nehmen. Ernst nehmen - gerade in einem von verschiedenen Seiten gesteuerten und gepflegten Klima der Ausländerfeindlichkeit - heißt keineswegs „kriminalisieren", ernst nehmen heißt auch, sie als Heran- wachsende mit einem großen Bedürf- nis an persönlicher Anerkennung sehen, ihnen als Menschen zu begegnen. Das hat nichts mit dem oben genannten Verharmlosen ihrer (aufgesetzten) Ideologien oder ihrer gewaltsamen Aktionen zu tun. Letztlich geht es darum, den besagten Jugendlieben einen bewußteren, gewaltfreien Umgang mit ihrer Aggressivität zu ermöglichen und den Zugang zu positiven Gefühlen zu erschließen. Als Persönlichkeit gefestigt werden sie rechte Ideologien als das erkennen, was sie immer waren und leider noch sind: gefährli- che Krücken zur Unterdrückung des Gefühls der eigenen Minderwertigkeit. Zur ansatzweisen Bewältigung dieser schwierigen Aufgabe hat die GAL Steyr wiederholt vom Magistrat (in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Organisationen) einen Streetworker (eine Street- workerin) für Randgruppen in Steyr gefordert. Es wäre an der Zeit - im Sinne einer positiven Bewältigung auf uns zukommender möglicher Entwick- lungen - dieser Forderung endlich nat:hzuk.ummt :n. Das etwas andere Einkaufen! 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