Grüne Bürgerzeitung, Nummer 1, März 1990

BÜRGERZEITUNG Rudi Anschober: Kainpfden Brunnenvergiftern Nitrate sind in aller Munde. Die Region Steyr ist bei Nitraten, wie auch bei Schädlingsbekämpfungs- mitteln ein Hauptbelastungsgebiet in Österreich. Untragbar: Noch immer ist absolut geheim, wieviele und welche Schadstoffe sich im wichtigsten Le- bensmittel, dem Trinkwasser, ver- bergen. So sind die letzten ver- öffentlichten umfassenen Daten über die Nitratbelastung in Ober- österreichs Trinkwasser zwölf Jahre alt. Neue Daten werden unter Ver- schluß gehalten. Aber auch die Werte aus dem Jahre 1978 sind hoch genug: In den Bezirken Steyr Stadt und Steyr Land pendelten damals die Werte zwischen zehn und 82 mg Nitrat pro Liter Wasser. Zum Vergleich: Die internationalen Grenzwerte liegen zwischen 40 und 50 mg, in Österreich gilt ab 1999 ein Grenzwert von 30 mg (derzeit noch skandalöse 100 mg) und die WHO legt den Konsumenten nahe, für Säuglinge keinesfalls Trinkwasser zu benützen, das mit mehr als 20 mg Nitraten belastet ist. Stellt sich vor allem das Problem, daß die wenigsten Oberösterreicher wissen, wieviel Nitrat wirklich in ihrem Trinkwasser ist. Deshalb füh- ren die oberösterreichischen Grün- Alternativen seit Anfang März eine Nitrat-Meßkampagne durch. Unter der Telefonnummer (0732) 28 26 76 können Nitrat-Meßstäbchen samt Informationstext und Antwortkarte abgerufen werden. Diese Aktion soll bis Mai laufen und in der Erstellung eines oö. Nitratkatasters münden. i .IS .lfi Jfi Bitte mitmachen! Verursacher: Zu mehr als 50 % die Überdüngung durch die Landwirtschaft, zum geringen Teil durch undichte Kläranlagen, Senkgruben und Kanalisationen und zu einem erheblichen Teil durch Nitrateinbringung aus der Luft (rund 40 kg Nitrat regnen und fallen pro Jahr auf jeden Hektar im Großraum Steyr nieder. Dieses Nitrat bildet sich aus Stickoxiden, die aus KFZ, Industrie und Hausbrand emittiert werden). Wirk- same Maßnahmen gegen die Nitrat- belastung müssen daher vernetzte Umweltmaßnahmen sein, von einer Umstellung der Agrarförderung, über eine echte Beschränkung der Düngerausbringung, der Förderung von Alternativen im Anbau bis hin zu einer neuen Verkehrspolitik und einer drastischen Reduktion der Luftschadstoffe. Die Zeit drängt: Denn Nitrate spei- chern sich im Boden und gelangen im Schnitt erst nach rund zehn J ah- ren ins Grundwasser - die Haupt- belastung ist also erst im Weg in un- ser Trinkwasser. Nicht einmal ein sofortiger Stopp der Überdüngung würde innerhalb weniger Jahre hel- fen. Und gar nicht die Alibimaß- nahmen durch die jüngste Wasser- rechtsnovelle, die eher als Legiti- mierung der Brunnenvergiftung zu bezeichnen ist. Aber Nitrat, das sich im Körper zu Nitrit und dieses wieder zum Teil zu krebserregenden Nitrosaminen ver- wandelt, ist nur einer von vielen Schadstoffen, die aus unserem Was- serhahn tropfen. Noch viel gefährli- cher ist die breite Palette von rund 350 derzeit in Verwendung befindli- chen Herbeziden, die in Österreich derzeit ohne Begrenzung auf die Felder gesprüht werden. Darunter befinden sich auch Produkte, die längst von Brasilien bis Nigeria und von der CSSR bis Italien verboten sind, da sie teilweise als hochtoxisch, manchmal auch sogar als krebserre- gend nachgewiesen sind. Diese Lindan-Produkte, Atrazine, HCH- Mittel und quecksilberhältige Beiz- mittel müßten längst aus dem Ver- kehr gezogen werden. über ihre Konzentration im Steyrer Grund- wasser gibt es keine veröffentlichten Messungen. Uns wurde nur das Er- gebnis einer Atrazinmessung aus der Region Steyr zugespielt, die einen Wert von 0,2 mg enthielt. Zum Vergleich: der österreichische Grenzwert liegt zwar mit 2 mg bedeutend höher, der EG- Grenzwert von 0,1 mg wurde allerdings bei dieser Probe um das Doppelte überschritten. Wichtigster Druck für einen verant- wortungsbewußten Wasserschutz wäre zunächst die verpflichtende Durchführung und Veröffentlichung kontinuierlicher Wassermessungen. So wie beim Luftgütebericht könnte wöchentlich von den größeren Was- serwerken in den Medien publiziert werden, mit welchen Schadstoffen in welcher Höhe das Trinkwasser bela- stet ist. Dann könnte jedermann und jede Frau sein Verhalten nach die- sen Werten orientieren und etwa bei Babynahrung Vorsicht walten las- sen. Sehr schnell würde der öffentli- che Druck für einen Schutz des wichtigsten Lebensmittels zuneh- men. Solange der Zustand unseres Wassers allerdings geheime Kom- mandosache bleibt, wird sich am derzeitigen Wahn der Brunnenver- gifter noch lange nichts ändern. Rudi An,;chuln:r i~t Pressesprecher der Grünen Alternative Oberösterreichs und Spitzenkanditat für die kommenden Natio- nalratswahlen. Besser „radeln" Sie mit Fahrrad- ,,Der Wind kommt immer von vorne", ,,Dänemark per Rad", „Holland per Rad", R • 1 •• b „NW-FrankreichperRad", eise u rer ,,Schottland per Rad", ,,Cyklos Ungarn" Fach buch hand Iung W. Ennsthaler, 4402 Steyr 9

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