Grüne Bürgerzeitung, Nummer 1, März 1990
C 0 ..... -+,.J ..... 'O ro l,-,; ~ l,-,; ;>--. Q) -+,.J C/') C ..... -+,.J ro ..c: C Q) l,-,; Q) ..... - 0 s Q) Q Wenn auch die Demolierung des Reithoffer-Werkes im vergangenen Jahr großes Aufsehen erregte, so ist der Abbruch eines bedeutenden Bauwerks in dieser Stadt kein Ein- zelfall. Demolieren hat in Steyr an- scheinend Tradition. Zu diesem Schluß muß man kommen, wenn man die Bautätigkeit samt Ab- bruchaktivität der vergangenen drei Jahrzehnte Revue passieren läßt. Der Blick zurück stimmt unsagbar traurig, denn unter den abgebro- chenen Bauwerken waren Kostbar- keiten, die unwiederbringlich ver- loren sind. Beginnen wir die Rundreise durch die jüngste Steyrer Geschichte am Steyrer Stadtplatz. Gleich links vom Rathaus steht ein Gebäude, dem äußerlich nicht anzusehen ist, daß es aus dem Jahr 1960 stammt. Das Haus Stadtplatz 25 wurde demoliert, um die Amtsräume des Rathauses erweitern zu können. Lange Zeit wurde damals mit dem Bundesdenkmalamt verhandelt, bis es dem Abbruch zustimmte. Allerdings mußte die Fassade erhalten werden. Ein Schritt in den Hausgang macht sofort ersichtlich, daß es sich um einen Neubau handelt. Das Ambiente eines Altbaues ist futsch. Zehn Jahre später erwischte es ein Haus gegenüber - ein sehr berühm- tes sogar. Das Bummerlhaus ist als eines der wenigen originalgetreuen gotischen Profanbauten über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Eine Einschränkung ist sofort fällig: Das Erdgeschoß ist nicht mehr ori- ginalgetreu. Beim Umbau des Hauses in eine Bank mußten 1969 die Gewölbe dranglauben. Stattdes- · sen setzte man bemalte Betonpfeiler in die so entstandene Halle. Das Tor bekam ein Glasportal. Kein Wun- der, daß sich das altehrwürdige Ge- bäude rächte und einzustürzen drohte. Mit schweren Stützungen und bautechnischen Kniffen wurde 6 ein Zusammenbrechen verhindert. Andere Banken verhielten sich in den nächsten zwei Jahrzehnten nicht viel besser. Auch in anderen Häu- sern wurde des Erdgeschoß brutal verstümmelt. Noch mehr Schaden wurde außer- halb der Altstadt angerichtet. Der Beginn wurde gesetzt, als 1963 die Bezirksbauernkammer gebaut wurde und vorher der alte 5chwarz- hof abgebrochen worden war. Es handelte sich um den ehemaligen Wirtschaftshof der Stadtpfarre, der über längere Zeit auch dem Pfarrer als Unterkunft diente und deshalb recht gut ausgestattet war. Manche Steyrer erinnern sich noch an den Balkon mit kunstvollen Schnitze- reien. Ein ebenfalls uraltes und erhaltens- wertes Bauwerk mußte fallen, als 1970 bis 1974 das Bundesgymnasium im Werndlpark gebaut wurde (2). Das heißt, Werndlpark ist eine übertriebene Bezeichnung, wenn man vergleicht, wie das Areal jetzt aussieht und es sich früher zeigte. Dort stand GRÜNE Heute Zerstörte inmitten von Wiesen und Bäumen die sogenannte Werndlvilla, die ei- nem nahen Verwandten von Josef Werndl gehörte. In der Villa steck- ten aber Bauteile des ehemaligen Kapuzinerklosters und schon aus diesem Grund wäre das Gebäude zu schützen gewesen. Als nächstes kam ein Gebäude dran, um das heute noch manche Politiker und umso mehr geschichts- und ar- chitekturbewußte Steyrer weinen. Der Schönauerstadel, ein Getreide- speicher aus dem beginnenden 18. Jahrhundert, der von der Innerber- ger Hauptgewerkschaft gebaut und benützt wurde, mußte der großräu- migen Kreuzung für den innerstädti- schen Verkehrsring weichen (4). Die Sprengung des mehrgeschossigen Bauwerkes wurde als besondere "Großtat" im Amtsblatt der Stadt abgebildet. Hätte man die Schönau- erbrücke nur um ·wenige Meter ge- schwenkt, hätte der Bau erhalten werden können. Viele verschiedene Verwendungsmöglichkeiten sind vorstellbar. So wurde im Getreide- speicher des Stiftes Geras in Nie- derösterreich ein Hotel unterge- bracht.
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