Grüne Bürgerzeitung, Nummer 1, April 1989

14/89 GRÜNE BÜRGER-ZEITUNG sJ Unterhimmel: SCHMUTZIGE GESCHÄFfE Zum vernachlässigten Stiefkind unter den Steyrer Stadtteilen wird scheinbar immer mehr der Bereich Unterhimmel, und das , obwohl er in den letzten Jahren im Zusammenhang mit den Steyrer– Auen für viele Steyrerinnen und Steyrer zu einem begehrten Naherholungsge– biet avanciert ist. Radfahrer und Spaziergänger zieht es an sonnigen Tagen in diese einzigartige, romantische Landschaft die sich einer– seits durch eine faszinierende ökologi– sche Vielfalt (,,Urlandschaft" Christ– kindlleiten , Himmlitzerbach , Auland– schaft), andererseits durch ein reiches industriekulturelles Erbe (Alte Ham– merschmiede, Beginn der Eisenindust~ rie in Steyr) auszeichnet. Anrainer und vor allem Spaziergänger sind es auch , die in den letzten Jahren immer wieder auf massive Umweltschä– den in diesem Bereich aufmerksam ge– macht haben. Abgesehen von einer ge– planten Zuschüttung des Himmlitzerba– ches durch seinen rechtmäßigen Besit– zer, einem sattsam bekannten „Schot– ter- und Betonmagnaten" aus dem Steyrtal, die bis dato verhindert werden konnte, kam es immer wieder zu offen– sichtlich giftigen Einleitungen in das ge– samte Gerinne. Schaumteppiche und wiederholtes Fischsterben waren die Folge . Vorläufig letztes Kapitel einer bisher (auch für die zuständigen Behörden) nicht immer rühmlichen Geschichte: Mittwoch, 25. Jänner 89, 15.30 Uhr, Anruf von einem nicht näher genannt werden wollenden Passanten bei einem GAL-Mitarbeiter, mit dem Hinweis auf - eine markante Verschmutzung des Himmlitzerbaches. Beim darauffolgenden Lokalaugen– schein wurden im Bereich des „Alten Drahtzuges" Reste einer ursprünglich bis zu 1 m hohen ,,Schaumteppichs"' fest– gestellt (siehe Foto). Riesige Altwasser– schwaden der Steyr, an ihrer graubraunen Fär– bung erkennbar, zogen flußabwärts. Wir nahmen Wasserpro– ben, informierten gleichzeitig Gewässer– behörde und Staatsan– waltschaft. Bereits bei einer oberflächlichen Ana– lyse stellten wir massive pH-Wert-Ver– änderungen und einen relativ hohen Gehalt an hochgiftigem Nitrit fest. Die genaue Analyse durch die Gewässe– raufsicht der OÖ. Landesregierung übertraf dann jedoch unsere Befürch– tungen bei weitem: Im Kommentar zu den Analysedaten wird von einer auffälligen Belastung ge– sprochen, u. a. auch bemerkt: Die Probe weist mit einem CSB* von 428 mg/1 eine massive Belastung durch organische Inhaltsstoffe aui Markant ist auch der Gehalt an anionaktiven De– tergentien (Schaumbildner) der die be– obachtete Schaumbildung erklärt. Das Vorhandensein gelbbrauner Ausiällun– gen in dieser Probe ist zum Teil auf Ei– senverbindungen zurückzuführen. Dennoch kann für den CSB und der Summe aller Detergentien eine be– trächtliche Überschreitung der relevan– ten Ableitungsgrenzwertegemäß Richt– linien für die Begrenzung von Abwässe– remissionen bei Einleitung in ein Ge– wässer attestiert werden, womit in qua– litativer Hinsicht zweifellos die Gefahr einer über das Maß der Geringfügigkeit hinausgehenden Gewässerverunreini– gung gegeben ist. (* Chem. Sauerstoffbedarf: Maßzahl zur Erfassung organischer Schmutz– stoffe) Von den Behörden wurde imm~r wie– der beklagt, daß man zwar von bedenk– lichen Einleitungen wisse aber durch Wasseranalysen kaum Nachweise zu er- bringen sind. - , Uns ist es unerklärlich , warum behö,rd– lich gezogene Wasserproben (zuerst durch Beamte der Bundespolizei) trotz deutlich sichtbarer Verunreinigung - bisher nie „erfolgreich" waren und da- her keine entsprechenden Verfahren eingeleitet werden konnten. Auf Grund der Analysewerte der von uns vorgelegten Wasserprobe fordern wir nun: die zuständigen Stellen (Gewer– bebehörde, Staatsanwaltschaft) auf, ge– naue Untersuchungen nach dem (den) Verursacher(n) einzuleiten und ent– sprechende Strafverfahren durchzufüh– ren . Da es sich im vorliegenden Fall um of– fensichtlich ständig wiederholende, grö– ßere Einleitungen von Schadstoffen handelt, liegt der Verdacht nahe, daß es sich dabei um einen Gewerbebetrieb handelt. Die Zahl der in Frage kom– menden Betriebe in Unterhimmel ist al– lerdings sehr klein , sodaßdie Ermittlun– gen nicht so schwer sein werden. JWir wissen, daß dieser Fall nur einer von vielen Beispielen rücksichtsloser Umweltverschmutzung auch in Steyr ist, von dem allerclings die meisten unentdeck_t bzw. unbelangt bleiben . Solange die zuständigen Stellen nicht ef– fizienter kontrollieren (können oder wollen), bedarf es der verstärkten Mit– hilfe einer umweltbewußten Bevölke– rung und vor allem der GRÜNEN. Ein trauriges Wahrzeichen Dem Verfall preisgegeben ist seit Jahren der :Z. T. denkmalgeschützte „Alte Drahtzug" in Unterhimmel. 3 mysteriöse Brände sollten möglicherweise einen Ab– bruchbescheid erzwingen, für einige Ob– jekte, des industriegeschichtlich höchst wertvollen und bereits im 16. Jhdt. erst– mals erwähnten Komplexes (Rosenmau– erhäusel) kommt sowieso jecfe Hilfe zu spät. Der Alte Drahtzug, in privaten und of– fensichtlich nicht sehr sorgsamen Hän– den, steht als Beispiel für viele mißach– tete Zeugen einer Industriekultur, für die Steyr nicht nur österreichweit bekannt _und berühmt ist.

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