Grüne Bürgerzeitung, Nummer 5, Oktober 1987

nicht gern, wenn Bürger in problemati- schen Gewerbeangelegenheiten mitre- den wollen. Deshalb schockierte uns LETZTE MELDUNG: EIN PROBEBE- TRIEB DER HTV SOLL BALD GE- STARTET WERDEN! auch die letzte Meldung aus Magistrats- kreisen vom 9. Oktober, wonach man in Steyr tatsächlich einen Probebetrieb der Anlage so rasch als möglich durchzie- hen will! Das Kuriosum dabei ist: Für ei- nen Probebetreib braucht man weder eine wasserrechtliche noch eine gewerbe- behördliche Genehmigung, sondern nur die Zustimmung des Bürgermeisters! Jetzt wird auch langsam deutlich, warum bei der Veranstaltung am 2. Ok- tober in Münichholz von der grundsätz- lichen Ablehnung des Bürgermeisters, wie er es seinerzeit gegenüber der KRONEN-Zeitung und besorgten Bür- gern (,,So eine An lage kommt in Steyr nicht in Frage") beteuert hat, nichts mehr zu merken war. Er vertröstete le- diglich: ,,Die Betreiber werden im Ok- tober eine Informationsveranstaltung abhalten, bei der die Bevölkerung Fra- gen stellen kann." Den genauen Termin nannte er nicht, doch wir konnten ihn vom ORF(!) bzw. später aus den Tages- zeitungen erfahren: Es ist der 21. Okto- bc r 1987, Mehrzweckhalle Münichholz , 19 Uhr. Man darf aufs äußerste ge- spannt sein ... II. GRUNDSÄTZLICHES ZUR PROBLEMATIK „SONDERMÜLL" A. Die Verbrennung Laut Auskunft führender Experten, so 1.B. l lans-Wcrner MACKWITZ, An- dn:as /\1 IRENS u.v.m., gibt es derzeit noch keine umwcltvcrtriiglichc Techno- logie zur Verbrennung von Sondermüll. Mackwitz z.B. ordnet die Arten von ES GIBT KEINE UMWELTVERTRÄG- LICHE MÜLLVERBRENNUNG Emissionen in drei Hauptgruppen: l. Saure Emissionen (Salzsäure, Schwe- fe ldioxid, Fluorwasserstoff, Stick- oxide); Diese Stoffe verursachen sauren Regen, Versäuerung der Böden und enorme Schäden an den Pflanzen. 2. Teilchenförmige Emissionen (Aero- sole und daran gebundene Schwerme- talle und organische Verbindungen); diese Stoffe sind lungengängig und be- wirken die Aufnahme gelöster Schwer- metalle über die Lungen in lebenswich- tige Organe des Körpers. 3. Organisch-chemische Emissionen (diese Gruppe umfat einige hundert GRÜNE BÜRGER-ZEITUNG Einzelverbindungen); dieser Schad- stoffkomplex enthält besonders krebser- regende Substanzen undist aufgrund bis- heriger Untersuchungen als äuerst pro- blematisch einzustufen. Das neue HTV-Verfahren der VÖEST garantiert nun angeblich eine rück- standsarme und fast emissionslose Müll- verbrennung, wenn man den Betreibern Glauben schenken darf. Nehmen wir einmal an, dem wäre so, treten jedoch sofort Bedenken hinsicht- lich der Kontrolle einer solchen Anlage auf: Die Vergasungstemperatur von GRÖSSTE BEDENKEN HINSICHT- LICH KONTROLLE DER ANLAGE! 1600°C darf z.B. keinesfalls unterschrit- ten werden, d.h. der Umfang der Koks- beschickung im Verbrennungsofen muß in einem gewissen Ausmaß strengstens gewährleistet sein, was jedoch bei ei- nem privaten Betreiber, der ja Gewinn schöpfen will und zumeist nur dies im Auge hat, ziemlich problematisch er- scheint. Nach bisherigen Erfahrungen im Aus- und Inland (siehe Sondermülldeponie BACHMANNING!) ist zu befürchten, da Auflagen nicht erfüllt, Emissions- grenzwerte nicht eingehalten (bzw. ab- sichtlich falsch gemessen) oder auch Einsparungen bei der Koksbeschickung vorgenommen werden könnten. - Bei Pannen oder Störfällen käme es wahr- scheinlich zu keiner Betriebsunterbre- chung (von einer Stillegung ganz zu schweigen), denn das würde den Ge- winn des Unternehmens beachtlich sen- ken. Vor allem aber wäre im Falle eines gröeren Betriebsunfalles oder Brandes - denn menschliches Versagen ist, wie ja auch der Brand in der VOEST am 5. 10. gezeigt hat, niemals auszuschließen - eine Evakuierung der Bevölkerung wegen der hohen Besiedlungsdichte ein . Ding der Unmöglichkeit - eine Kata- strophe unvorstellbaren Ausmaßes könnte die Folge sein. Außerdem muß man zu bedenken ge- ben, da es in einer im Frühjahr 1986 vom damaligen Umweltminister KREU- ZER in Auftrag gegebenen Studie zur Waldrettung wörtlich heißt:,, Wenn der Ausstoß von Luftschadstoffen weiterhin so zaghaft verringert wird wie bisher, kann sehr bald ein Punkt ohne Umkehr überschritten werden: Der Wald könnte dann auch zusammenbrechen, wenn der Schadstoffausstoß sofort aufNull gesetzt würde. Es ist zu befürchten, daß einige Wälder Österreichs (vor allem Schutz- wälder!) diesen Punkt schon überschrit WISSENSCHAFTER WARNEN: KEINE AUCH NOCH SO KLEINE ZUSÄTZLICHE LUFTBELASTUNG MEHR! 5/871 ten haben." Und weiter: ,,Daraus folgt, daß der Gesamtausstoß aller Luftschad- stoffe so bald wie möglich (bis 1990) auf etwa ein Zehntel des derzeitigen Wertes gesenkt werden muß, um den Wald in seiner gesamten Funktionsfähigkeit zu erhalten. Eine längere Frist hätte unak- zeptable Konsequenzen zur Folge. " Daraus kann es nur eine glasklare For- derung geben: Keine zusätzlichen Emis- sionen mehr, ob in Steyr oder anderswo, und wären sie auch noch so gering!" B. Die Lagerung Der scheidende ÖGB-Präsident BENYA verkündete am 7. 10. lauthals via Radio: ,,Diese kleinen Gruppen (er meinte die Umweltschützer) sind ein- fach gegen alles, anstatt für etwas einzu- treten." Nichts fällt uns leichter, als diese dema- ANTON BENYA: UMWELTSCHÜT~ ZERTRETEN FÜR NICHTS EIN! gogische Behauptung zu widerlegen: Wir, die GAL-Steyr, treten ein für: 1. Eine sorgfältige, an wissenschaftli- chen Kriterien orientierte Mülltrennung - welche übrigens eine Vielzahl von Ar- beitsplätzen, vom Arbeiter über den Be- amten bis zum Wissenschafter - bringen würde. Hans-Georg Rauch, BRD 1983 „ Wieder normal"

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