Grüne Bürgerzeitung, Nummer 2, April 1987

GRÜNE BÜRGER-ZEITUNG 2/871 Ein .Tahr nach Tschernobyl Wußten sie schon, daß ganz Österreich Anfang Mai laut geltender Strahlen- schutzverordnung zur kontaminierten Fläche hätte erklärt werden müßen? Für solche Flächen schreibt § 88,2 vor: ,, Ist eine Herabsetzung nicht möglich, so muß der kontaminierte Bereich, nöti- genfalls auch dessen Umgebung, verlas- sen werden . . . ist dafür zu sorgen, daß solche Bereiche erst nach Abklingen der Aktivität wieder betreten werden kön- nen." Kontaminiert ist eine Fläche, die größer als 100 cm 2 ist, dann, wenn ihre Aktivität höher als 1000 Nanocurie ist . Da dies etwa der mittleren Cäsium13- 7Aktivität auf Österreichs Böden ent- spricht, müßte man laut Verordnung dieses Land auch jetzt noch dekontami- nieren (entstrahlen) oder evakuieren. Wußten sie schon, daß die Region Steyr durch die starken Niederschläge An- fang Mai 1986 zu den am stärksten bela- steten Gebieten Österreichs gezählt wird? Der vorläufige Bericht über die Auswirkungen der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl auf Österreich vom ehemaligen Bundesministerium für Ge- sundheit und Umweltschutz weist Steyr bezüglich der radioaktiven Kontamina- tion von Gras mit 64 ,0 Nanocurie/kg und Cäsium137 sogar als regionales Be- lastungszentrum aus . i'm Raum Steyr er- reicht auch die Belastung der Bödeo ab- solute Spitzenwerte. Daraus ergibt sich, daß die Dosisleistung (Maß für Strah- lenbelastung) als auch die Aktivität am Boden in den am stärksten betroffenen Gebieten etwa 15mal so hoch ist, wie in den wenig belasteten Gemeinden Ost- österreichs. Wußten sie schon, daß vor allem durch die Verfütterung stark belasteter Fut- termittel (Heu, Silage) an Rinder natür- lich auch bei uns die Cäsiumwerte in der Milch, einigen Milchprodukten und Rindfleisch noch immer relativ hoch sind. Aktuelle Beispiele: Kuhmilch: Engerwitzdorf/Gallneukir- chen OÖ, am 1. März 1987 14,8 nCi/kg (=9-10 nCi/Liter!) , Grenzwert: 5,0 nCi. Kuhmilch: Ölling/Laakirchen OÖ, am 3. März 1987 5 ,2 nCi/kg. ·Besonders berücksichtigt sollte diese Tatsache bei der Ernährung von Kin- dern und vorallem von Säuglingen wer- den. Im Handel befindliche Kinder- und Säuglingsnahrung mit einem gesetzli- chen Grenzwert von 0,3 nCi Cä- sium137/kg wäre als mögliche Alterna- tive denkbar. Wußten sie schon, daß zwar sehr viel üb~r Cäsium, sehr wenig aber über Be- lastungen und Auswirkungen durch ra- dioaktives Strontium geschrieben wird. Immerhin beträgt die Belastung von Sr90 in unseren Nahrungsmitteln (vor allem in Milch und Milchprodukten) ca. 2-3 % der Cäsium-Belastung. Strontium ist aber biologisch weit wirksamer und ungleich gefährlicher durch die Einlage- rung in die Knochen - vor allem bei Kleinkindern und Säuglingen (Leukä- mie). Wußten sie schon, daß die Auswirkung von Niedrigstrahlung auf den menschli- chen Organismus noch wenig erforscht ist. Allgemein wird angenommen, daß das Gesundheitsrisiko größer ist, als im Zusammenhang mit Untersuchungen an Atombomben-Opfern angenommen wurde . Wußten sie schon, daß wir in Österreich trotz allem noch glimpflich davonge- kommen sind. Die am stärksten Betrof- fenen sind die Menschen in der Ukraine , in Weißrußland und Ostpo- len . Aber seit der Katastrophe von Tschernobyl müssen wir mit der Angst leben, daß Unfälle, die von Atomexper- ten immer für unmöglich erklärt wur- den, gerade im Hinblick auf geplante atomare Monsteranlagen wie Wackers- dorf (Bayern) oder Temelin (CSSR) wirklich passieren. Ende April , Anfang Mai jährt sich diese Katastrophe, die damals nicht nur ganz Europa, sondern die ganze Welt in ih- rem Atem gehalten und unser Ver- trauen in den technischen Fortschritt und den Glauben an das MACHBARE zutiefst erschüttert hat. Der Jahrestag einer Warnung, die uns nachdenklich und aktiv zugleich machen sollte. Die Steyrer Initiative gegen Atomge- fahren erinnert sich am 25. April, dem Jahrestag des SUPERGAU's, dieser Katastrophe mit folgenden Aktionen: Samstag, 25.4.87, 11.00 Uhr, Schwei- gekreis am Stadtplatz (voraussichtlich vor der Marienkirche). Symbol für Trauer, Betroffenheit, Nichtvergessen, Solidarität, Protest .. . 19 .53 Uhr: Abend im Dominikanersaal ,,Ein Jahr nach Tschernobyl - ein strah- lendes Fest", Beginn mit Zithermusik. 20.30 bis 21.00 Uhr: Vortrag Dr. Elisa- beth Luhan, Biologin, Beraterin von Biobauern:,,Unser Essen nach Tscher- nobyl - wie es war , wie es wird, was wir tun können" Nachher Jause mit Speck, Schmalz, Topfen, Brot , Most, usw., geräuchert, gewürzt, natürlich verstrahlt. Dann Musik und Tanz. Georg Neuhauser Problemmüll Vor kurzem hatte die Stadt Steyr an die Haushalte ein Blatt mit den Terminen , der nächsten Problemmüllsammlungen verschickt. Wir begrüßen diese Samm- lungen, glauben aber, daß man auf die- sem Blatt nicht nur über die Termine, sondern auch darüber informieren hätte sollen, was denn alles Problemmüll sei. Im Sinne einer konstruktiven Politik wollen wir dieses Versäumnis nachho- len. Zum Problemmüll gehören: Batterien jeglicher Art, Desinfektions- mittel, Reinigungsmittel, Lösungsmit- tel, Holzschutzmittel, Pflanzenschutz- mittel, Düngemittel , Schädlingsbekäm- pfungsmittel, Farben, Lacke, Kleber, Öle, Fette , Säuren , Laugen, Fotoche- mikalien, Entkalker , Grillreiniger, Leuchtstoffröhren, Energiesparlam- pen, Thermometer, Medikamente, alle Plastik- und Kunststoffverpackungen . Alle Stoffe sind möglichst in der Origi- nalverpackung zu bringen und nicht un- tereinander zu mischen. Wie appellieren an Sie, diese Möglich- keit zu nutzen und ihren Problemmüll zu diesen Sammlungen zu bringen. Es ist einfach unverantwortlich, hochgif- tige Stoffe auf gewöhnliche Hausmüll- deponien zu bringen! Antrag der GAL-Steyr Die GAL-Steyr stellte den Antrag, an Sonntagen und Feiertagen die VLSA in Steyr auf Blinklicht umzuschalten. Begründung: Die VLSA wurden instal- liert, damit bei stärkerem Verkehrsauf- kommen die Ein- und Abfahrten in bevor- rangten Straßen weniger verkehrsunfall- trächtiger und flüssiger ablaufen können. Das Verkehrsaufkommen an Sonn- und Feiertageh ist so gering, sollte eine exakte Studie erwünscht sein, so möge bitte eine Verkehrszählung an einem Sonntag durchgeführt werden. Das Umschalten auf Blinkzeichen würde sich positiv auf die Flüssigkeit des Verkehrs auswirken. Die Zahl der Verkehrsunfälle an nicht lichtge- regelten Kreuzungen ist bei diesem Ver- kehrsaufkommen gleichbedeutend mit anderen nicht geregelten Kreuzungen . - So würde eine Umschaltung auch bewir- ken, daß die Umweltverschmutzung durch einen verringerten Schadstoffaus- stoß, da die Fahrzeuge nicht durch Licht- zeichen gezwungen werden, an den Kreu- zungen anzuhalten, gesenkt werden. Der Stromverbrauch der VLSA würde auch reduziert. Das Umschalten könnte durch die Polizei erfolgen. Für die GAL-Steyr - GR Franz Ramoser Unser Antrag, alle VLSA in Steyr an Sonn- und Feiertagen auf Blinklicht zu schalten, wurde angenommen. Die Kreu- zung Wehrgrabengasse-Schwimmschul- straße ist bereits probeweise an den Wo- chenenden auf Blinklicht geschaltet.

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